Pippi Langstrumpf

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Datei:Pippi Langstrumpf Pippi Longstocking.jpg
100 + 50 Pf-Sondermarke, Deutschland (2001) mit Inger Nilsson als Pippi Langstrumpf
Pippi Langstrumpf als Stoffpuppe

Pippi Langstrumpf (voller Name Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf,[1] schwedischer Originalname: Pippilotta Viktualia Rullgardina Krusmynta Efraimsdotter Långstrump[2] ) ist die zentrale Figur einer dreibändigen schwedischen Kinderbuch-Reihe von Astrid Lindgren und verschiedener darauf basierender Bearbeitungen.

Pippi ist ein freches neunjähriges Mädchen mit Sommersprossen, dessen rote Haare zu zwei abstehenden Zöpfen geflochten sind. Sie vereinigt in sich viele Sehnsüchte und Eigenschaften, die sich Kinder wünschen. So hat sie ein eigenes Pferd, lebt allein in einem eigenen Haus, der Villa Kunterbunt, und ist sehr mutig. Auch ist Pippi das stärkste Mädchen auf der Welt. So bestreitet sie mit ihrem Vater, wenn beide sich treffen, diverse Kraftproben und stemmt zum Beispiel auf einer Feier ihr Pferd, auf dem ihre Freunde Tommy und Annika sitzen. Ein anderes Mal besiegt sie einen Ringer auf dem Jahrmarkt. Da Pippi allein ohne Eltern wohnt, kann sie alles tun und lassen, was sie möchte.[3]

Das Buch war Lindgrens Debütwerk. Die Romane wurden in mehr als 50 Sprachen übersetzt.[4] Besonders erfolgreich sind die Verfilmungen mit Inger Nilsson, die ebenfalls in mehreren Sprachen synchronisiert wurden.

Entstehungsgeschichte

Astrid Lindgren erfand die Figur Pippi ursprünglich im Winter 1941 für ihre kranke siebenjährige Tochter Karin, die mit einer Lungenentzündung im Bett lag und sich eine Geschichte von Pippi Langstrumpf wünschte.[5]

Astrid Lindgren hatte ursprünglich nicht vor, Schriftstellerin zu werden.[6] Aus diesem Grund schrieb Lindgren die Erzählung erst im März 1944 nieder, als sie infolge eines verstauchten Fußes im Bett bleiben musste. Zum zehnten Geburtstag von Karin am 21. Mai 1944 schenkte sie der Tochter das Manuskript.[7]

Sie sandte den Durchschlag des Manuskripts an den schwedischen Verlag Bonnier, der den Druck jedoch ablehnte. Nachdem sie 1944 mit ihrem Buch Britt-Mari erleichtert ihr Herz (Britt-Mari lättar sitt hjärta) bei einem Wettbewerb des Verlages Rabén & Sjögren den zweiten Preis gewonnen hatte, überarbeitete sie den Text und gewann damit 1945 einen weiteren Wettbewerb desselben Verlages.[8] Dieser nahm das Buch am 13. September 1945 zur Veröffentlichung an[9] , die am 26. November erfolgte, und publizierte später viele weitere Werke Lindgrens. Es entstand auch die erste Pippi-Zeichnung, angefertigt von der Autorin persönlich. Die erste deutsche Pippi Langstrumpf wurde später von Walter Scharnweber illustriert.

Das Manuskript des ursprünglichen Textes erschien 2007 anlässlich des hundertsten Geburtstages der Autorin unter dem Titel Ur-Pippi:

Romane

Pippi Langstrumpf

Die Villa Kunterbunt aus Olle Hellboms Filmen im Freizeitpark Kneippbyn auf Gotland
57° 36′ 36′′ N, 18° 14′ 38′′ O 57.60991218.243913

Pippi Langstrumpf lebt zusammen mit ihrer Meerkatze [10] (im Film: Totenkopfäffchen) Herr Nilsson und ihrem Apfelschimmel, im Film heißt das Pferd „kleiner Onkel" (schwedischer Kosename: „lilla gubben", was soviel heißt wie „kleiner Kerl") in der Villa Kunterbunt (schwedisch: Villa Villekulla) am Rande einer kleinen, namenlosen Stadt. Nach ihrer Darstellung ist ihre Mutter tot und ihr Vater König auf einer Südseeinsel. In ihrer Nachbarschaft wohnen die beiden Kinder Thomas[11] (im Original und neueren Übersetzungen Tommy[12] ) und Annika Settergren, die Pippi bei ihren Abenteuern begleiten.

Das Buch ist in elf Kapitel gegliedert, die jeweils ein oder zwei eigenständige Abenteuer erzählen. Die Ereignisse sind aus der Lebenswelt von Kindern entnommen, jedoch enden diese wegen Pippis unkonventioneller Art und ihrer enormen Kräfte ungewöhnlich.

Pippi Langstrumpf geht an Bord

Wie im ersten Buch sind die neun Kapitel sehr eigenständig und hängen nur lose zusammen. Die Welt wird durch den Besuch des Vaters exotischer, denn dieser ist wirklich König auf einer Südseeinsel geworden.

Nachdem Pippi ihren Vater wiedergefunden hat, möchte sie mit ihm auf große Fahrt gehen. Doch dazu müsste sie Tommy und Annika verlassen. Ihre besten Freunde sind nun über die bevorstehende Trennung tieftraurig. Also beschließt Pippi, doch bei ihnen zu bleiben, und geht wieder von Bord. Durch diesen Entschluss können die drei Kinder wieder neue Abenteuer erleben.

Pippi in Taka-Tuka-Land

In den ersten vier der elf Kapitel des Buches macht Pippi weiter die Welt der Erwachsenen in ihrer Stadt unsicher, bis sie einen Brief ihres Vaters erhält. Dieser fordert sie auf, zu ihm auf die Insel Taka-Tuka-Land (schwedisch: Kurrekurreduttö) zu kommen. Dort hat sie zusammen mit Tommy, Annika und den dortigen Kindern viel Spaß. Ärger machen nur ein Hai und zwei Piraten. Im letzten Kapitel ist sie wieder zurück in der Villa Kunterbunt und erfüllt sich, Tommy und Annika den Traum aller Kinder: Die Zauberpille Krummelus (schwedisch: Krumelur) gegen das Erwachsenwerden.

Bearbeitungen

Abgesehen von den drei ursprünglichen Büchern hat Lindgren noch viele Bilderbücher über Pippi geschrieben. Diese wurden ebenfalls von Ingrid Vang Nyman illustriert und sind ebenso erfolgreich. Die schwedische Hörbuchfassung wurde von Lindgren selbst gesprochen.

Die Verfilmung durch Olle Hellbom, mit der Schauspielerin Inger Nilsson in der Hauptrolle, setzt den Roman konsequent um. Diese Filme haben das Bild von Pippi so nachhaltig geprägt, dass einige Änderungen fälschlicherweise der Vorlage zugeschrieben wurden. Besonders der Name des Pferdes (Kleiner Onkel) und die Gattung von Herrn Nilsson (Totenkopfaffe ) fallen hier auf. Zudem trägt Pippi dort den Vornamen Schokominza statt Pfefferminz.

Die Verfilmung Pippi in Taka-Tuka-Land löst sich fast vollständig von der Literaturvorlage und erzählt eine eigenständige Geschichte. Es wird hier die Reise in die Südsee und die Konfrontation mit den Piraten betont, wogegen das Buch wie die ersten beiden Bände mehrere Episoden aneinander reiht.

Es existieren weitere Bearbeitungen der Vorlage, jedoch konnte keine an den Erfolg dieser Verfilmungen anschließen. Astrid Lindgren stimmte in den 1990er Jahren der Herstellung einer Zeichentrickserie zu.

Film

Filme mit Inger Nilsson
Inger Nilsson als Pippi Langstrumpf 1972

Regie: Olle Hellbom

Sonstige Filme

„Pippi" in West- und Ostdeutschland

Im Jahr 1949 reiste Friedrich Oetinger mit Sondererlaubnis der britischen Militärregierung nach Stockholm, um mit Lindgren über die Rechte am Kinderbuch Pippi Langstrumpf zu sprechen. Er gab danach das Buch in West-Deutschland heraus, obwohl es zu diesem Zeitpunkt sogar in Schweden noch ziemlich umstritten war und zuvor von fünf anderen deutschen Verlagen abgelehnt worden war. Da alle weiteren Lindgren-Bücher auch Oetinger verlegte, wurde der Verlag zum Wegbereiter skandinavischer Kinderliteratur in der Bundesrepublik Deutschland.

Silke Weitendorf, Tochter von Oetinger, führt aus: Als Pippi Langstrumpf dann auf den deutschen Markt gebracht wurde, gab es Lob, aber auch Kritik. Es wurden von Rezensenten Bedenken geäußert, bis hin Pippi sei nicht „normal". Hauptargument der Kritiker war, dass diese Neunjährige mit der Stärke einer Riesin, die allein in der Villa Kunterbunt wohnt und tun darf, was sie will, ein schlechtes Vorbild für Kinder sei.

Bis heute erscheinen die deutschen Ausgaben ihrer Werke im Friedrich Oetinger Verlag.

Der politischen Führung in Ostdeutschland waren Lindgrens Charaktere suspekt, nur vier ihrer Werke wurden in der DDR verlegt. Alle im Kinderbuchverlag Berlin: 1960 Mio, mein Mio , 1971 Lillebror und Karlsson vom Dach , 1975 Pippi Langstrumpf und 1988 Ronja Räubertochter . In der Ausstattung waren diese Druckerzeugnisse sehr einfach, teilweise nur broschiert und immer mit eigener Illustration. Es gab – soweit bekannt – jeweils nur eine erste Auflage. „Pippi" war zu politisch. Die Bücher wurden dort quasi nur unter dem Ladentisch verkauft. Nach 1989 gab es die Pippi-Bücher – sowie die anderen Titel von Lindgren – auch im Osten zu kaufen, was anfangs mit einer großen Nachfrage beantwortet wurde.[16]

Rezeption

Rosensorte ‘Pippi Långstrump’, Poulsen, 1989

Pippi Langstrumpf gilt als literarisches Vorbild für die Frauenbewegung und den Feminismus, zeigt es doch entgegen tradierter Rollenbilder ein Mädchen, das mit ihrer gesellschaftlich vorgegebenen Geschlechterrolle bricht und „stark, verwegen, ungehemmt, lustig, rebellisch und unbeeindruckt von Autoritäten" ist. So habe das Buch „Generationen von Mädchen ermuntert, Spaß zu haben und an die eigenen Fähigkeiten zu glauben."[17]

Aufgrund des rebellischen und nonkonformistischen Verhaltens von Pippi und ihres Umgangs mit Autoritäten werden ihr gelegentlich auch anarchistische Züge zugeschrieben, dementsprechend ist sie auch Bezugspunkt für anarchistische Strömungen. „Eine Rotzgöre im Lumpenlook mit ritzeroten Zöpfen, die in einer maroden Villa haust und sämtliche Autoritäten ignoriert! Pippi ist eine Autonome und Anarchistin, lange bevor die Jahreszahl 1968 eine Bedeutung bekam; auch als Erfinderin des Punk – 40 Jahre vor den Sex Pistols – wird sie gerne bezeichnet."[18]

Seit den 1970er Jahren gab es Rassismus-Vorwürfe wegen der Darstellung von Schwarzen in Kinderbüchern, so auch gegenüber Pippi Langstrumpf.[19] Dass sich schwarze Kinder Pippi bei einem Besuch in Afrika vor die Füße werfen, wurde als koloniale Manier gedeutet. Anstoß nahmen Kritiker auch an der Behauptung Pippis, „dass es im Kongo keinen einzigen Menschen gibt, der die Wahrheit sagt. Sie lügen den ganzen Tag."[20] 2009 wurde der Text der deutschen Ausgabe überarbeitet und die Bezeichnungen Neger und Zigeuner entfernt. Pippis Vater wurde vom Negerkönig der Originalausgabe von 1945 in Südseekönig umbenannt. In der DDR war der Begriff bereits durch König der Takatukaner ersetzt worden.[21] Astrid Lindgren hatte zu Lebzeiten eine solche Bearbeitung untersagt.[22]

Nachdem Pippi Langstrumpf schon auf vielen Briefmarken als Motiv gedient hat, wird sie ab Oktober 2015 neben Astrid Lindgren auf der schwedischen 20-Kronen-Banknote abgebildet sein.[23] [24]

Nach Pippi Langstrumpf wurde 1989 eine Rosensorte benannt.

Ausgaben

Sekundärliteratur

  • Astrid Lindgren: Das entschwundene Land. Hamburg 1977, ISBN 3-7891-1940-7. 
  • Ulla Lundqvist: Ur-Pippi: Pippi Långstrumps väg från första manuskriptet ut till kritik och publik. Avdelningen för Litteratursociologi vid Litteraturvetenskapliga Institutionen, Uppsala 1974.  (Litteratur och samhälle 10, 5)
  • Joakim Langer, Helena Regius, Nike K. Müller: Pippi und der König. Auf den Spuren von Efraim Langstrumpf. List, Berlin 2005, ISBN 3-548-60563-X.  (Auf den Spuren des historischen Vorbildes für Efraim Langstrumpf)
  • Inge Wild (2012): Das ganz andere Mädchen. Überlegungen zu Astrid Lindgrens Kinderbuchklassiker Pippi Langstrumpf. In: rebellisch – verzweifelt – infam. Das böse Mädchen als ästhetische Figur, herausgegeben von Renate Möhrmann, Aisthesis Verlag, Bielefeld 2012, ISBN 978-3-89528-875-3, S. 23–44.
Commons: Pippi Longstocking  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Zitiert Jubiläumsausgabe 2007, ISBN 978-3-7891-4098-3.
  2. Astrid Lindgren: Pippi Långstrump. Stockholm, Rabén & Sjögren 2004; Kapitel Pippi börjar skolan, Seite 43.
  3. Pippi Långstrump. Kapitel Pippi Långstrump flyttar in i Villa Villekullar, Seite 5 ff.
  4. Pippi im Ausland; Pippi i utlandet
  5. Astrid Lindgren: Das entschwundene Land. Hamburg, 1977; Seite 74: Vorlage:"-de
  6. Das entschwundene Land; Seite 74: Vorlage:"-de
  7. Das entschwundene Land, Seite 74: Vorlage:"-de
  8. Astrid Lindgren: Astrid Lindgren über Astrid Lindgren, Aus: Oetinger Almanach „Gebt uns Bücher, gebt uns Flügel" Nr. 15 (1977). Zitiert nach www.astrid-lindgren.de.
  9. Lena Schilder: Das Pippi-Prinzip. Pippi Langstrumpf wird 65. In: Süddeutsche Online. 13. September 2010, abgerufen am 13. September 2010. 
  10. Pippi Långstrump. Kapitel Pippi flyttar in i Villa Villekulla, Seite 10: Vorlage:"-sv (Das war eine kleine Meerkatze, die mit einer blauen Hose, einer gelben Jacke und einem weißen Strohhut bekleidet war.)
  11. Astrid Lindgren: Pippi Langstrumpf. Verlag Friedrich Oettinger, Hamburg 1987, ISBN 3-7891-2944-5, S. 11 ff. (schwedisch: Pippi Långstrump. Übersetzt von Cäcilie Heinig). 
  12. Astrid Lindgren: Ur-Pippi. Verlag Friedrich Oettinger, Hamburg 2007, ISBN 978-3-7891-4159-1, S. 14 ff. (schwedisch: Ur-Pippi. Übersetzt von Cäcilie Heinig und Angelika Kutsch). 
  13. Pippi Longstocking. Internet Movie Database, abgerufen am 8. Juni 2015 (englisch). 
  14. Shirley Temple's Storybook. Internet Movie Database, abgerufen am 8. Juni 2015 (englisch). 
  15. Shirley Temple. Internet Movie Database, abgerufen am 8. Juni 2015 (englisch). 
  16. Berliner Morgenpost, „Astrid Lindgrens Bücher wurden unterm Ladentisch verkauft" 26. September 2009; http://www.morgenpost.de/familie/article1178933/Astrid-Lindgrens-Buecher-wurden-unterm-Ladentisch-verkauft.html
  17. Tiina Meri: Pippi Langstrumpf: Schwedische Rebellin und Vorbild der Frauenbewegung. In: sweden.se. 12. April 2005, abgerufen am 22. Juli 2010. 
  18. Anarchie unterm Limonadenbaum. In: Kölnische Rundschau. 24. September 2009, abgerufen am 22. Juli 2010. 
  19. Heidi Rösch: Jim Knopf ist (nicht) schwarz. Schneider Verlag, Hohengehren 2000, ISBN 3-89676-239-7. 
  20. Marlene Halser: Rassismus in Kinderbüchern. Igel bratende Zigeuner. taz.de, 24. Februar 2011, abgerufen am 11. Februar 2012. 
  21. Ist „Pippi Langstrumpf" rassistisch?: „Negerkönig" sorgt für Ärger. n-tv.de, 24. Februar 2011, abgerufen am 18. Mai 2015. 
  22. Kein „Negerkönig" mehr bei Pippi Langstrumpf. In: DiePresse.com. 6. Juli 2010, abgerufen am 22. Juli 2010. 
  23. Schweden können bald mit Pippi Langstrumpf zahlen Die Welt, 14. September 2013, abgerufen 25. September 2013.
  24. Snart kommer de nya sedlarna , Sydsvenskan, 18. Januar 2015
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