Ortsneckname

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An den aus dem Kriegsjahr 1917 stammenden Necknamen Moosrebber der Oberfeller erinnert ein Denkmal in dem Moselort

Ortsneckname (auch Ortsneckerei, Uzname oder niederdeutsch Terneidsname) ist die scherzhafte Bezeichnung der Ortseinwohner durch die Bevölkerung benachbarter Orte. In der Regel erzählt man sich eine schwankhafte Geschichte (nicht selten aber auch mehrere, voneinander abweichende), die den Ortsnecknamen erklärt (vergleichbar einer ätiologischen Erzählung ). Häufig ist der Ursprung des Necknamens aber nicht mehr bekannt.

In der Ethnologie werden solche (oft gegenseitige) spöttische Beziehungen von Volksgruppen joking relationships genannt.

Beispiele

  • Bremen: Die Bewohner Buntentors werden Geelbeen (niederdeutsch für Gelbbein) genannt, da in der schweren Versorgungslage nach dem Zweiten Weltkrieg ein lebhafter Schmuggel aus dem Bremer Hafen- und Freihafen-Bereich entstand, unter anderem auch von Tabak, der unter der Kleidung versteckt war und die Haut gelb färbte.
  • Darmstadt: Heiner; daher auch die Bezeichnung Heinerfest für das darmstädter Stadtfest.
  • Eschwege: Die Einwohner der Stadt werden Dietemänner genannt.
  • Koblenz: Schängel – In französischer Besatzungszeit (1794-1814) entstandener Begriff vom französischen Namen Jean (in Koblenzer Mundart damals Schang ausgesprochen) abgeleitet. Gemeint waren damit ursprünglich die von den Franzosen abstammenden Kinder deutscher Mütter. Über die Zeit entwickelte sich hieraus schließlich Schängel.

Umwertung

Denkmal für die Thürer Somporsch

Ursprünglich meist höchst abfällig gemeint, wurden die Ortsnecknamen im 20. Jahrhundert häufig von den so Verspotteten selbst aufgegriffen und mit Stolz als Teil ihrer Identität betrachtet.

Als Beispiel für das Wechselspiel von positivem Selbstbild und Negativ-Stereotyp nennen sich die „eingefleischten" Fellbacher stolz Moiekäfer (Maikäfer), während sie Neubürger abfällig als Engerlinge bezeichnen.

Gelegentlich sind den Ortsnecknamen moderne Denkmal-Skulpturen gewidmet.

Forschungsgeschichte

Die maßgebliche volkskundliche Monographie hat Hugo Moser vorgelegt. In den letzten Jahren erscheinen vor allem in Süddeutschland populär ausgerichtete Bücher mit Necknamen-Sammlungen (z. B. David Depenau 2001–2004).

Siehe auch

Literatur

  • Hugo Moser: Schwäbischer Volkshumor. Die Necknamen der Städte und Dörfer in Württemberg und Hohenzollern, im bayrischen Schwaben und in Teilen Badens sowie bei Schwaben in der Fremde mit einer Auswahl von Ortsneckreimen. Auf Grund der Sammlung von Michael Greiner u.a. Kohlhammer, Stuttgart 1950.
  • Ortsneckerei. In: Enzyklopädie des Märchens. Band 10, Berlin 2002, ISBN 3-11-016841-3, S. 376–382.
  • Von Dohlenatze und Schwarzbückel. Verlag David Depenau, 2001, ISBN 3-8311-0721-1.
  • Von Dohlenaze, Holzlumpe und Milchsäule. Die Ortsnecknamen in Stadt- und Landkreis Karlsruhe. verlag regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2001, ISBN 3-89735-176-5.
  • Von Bloomäuler, Lellebollem und Neckarschleimer. Die Ortsnecknamen in Heidelberg, Mannheim und dem Rhein-Neckarkreis. verlag regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2002, ISBN 3-89735-205-2.
  • Die Ortsnecknamen im Landkreis Calw. In: Jahrbuch des Landkreis Calw. 2003, ISBN 3-937267-01-8.
  • Die Ortsnecknamen in Stadt und Landkreis Rastatt und dem Stadtkreis Baden-Baden. Von Gälfießler, Käschdeigel un Schdaffelschnatzer. verlag regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2003, ISBN 3-89735-247-8.
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