NeuroCure
Exzellenzcluster NeuroCure | |
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Gründung | November 2007 |
Ort | Berlin |
Homepage | www.neurocure.de |
Sprecher | Christian Rosenmund |
Fachgebiet | Neurowissenschaften |
Beteiligte Institutionen | Charité – Universitätsmedizin Berlin Humboldt-Universität zu Berlin Freie Universität Berlin Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie Deutsches Rheumaforschungszentrum |
NeuroCure - Neue Perspektiven in der Therapie neurologischer Erkrankungen - ist ein seit Oktober 2007 im Rahmen der Exzellenzinitiative [1] von Bund und Ländern gefördertes neurowissenschaftliches Exzellenzcluster an der Charité - Universitätsmedizin Berlin. Mit einem Fördervolumen von insgesamt über 80 Mio. Euro bis zum Jahr 2017 steht die Erforschung von neurologischen sowie psychiatrischen Krankheitsmechanismen und die Übertragung grundlagenwissenschaftlicher Erkenntnisse in klinisches Handeln Translation im Fokus des interdisziplinären und international sichtbaren Konsortiums.== Ziele ==
Mit der Zielsetzung, Erkenntnisse aus der neurowissenschaftlichen Grundlagenforschung noch stärker als bisher in klinische Studien zu überführen und neue therapeutische sowie diagnostische Ansätze zu entwickeln, ist NeuroCure vor allem auf den Gebieten der zerebrovaskulären Erkrankungen, Neuroinflammation, Neurodegeneration sowie Störung funktioneller Netzwerkstrukturen mit den Krankheiten wie z.B. dem Schlaganfall, der Multiplen Sklerose, der Alzheimer-Demenz, der Epilepsie und Entwicklungsstörungen aktiv. Dabei stehen nicht nur die den einzelnen Erkrankungen gemeinsam zugrunde liegenden Krankheitsmechanismen im Fokus sondern im Besonderen der übergeordnete Forschungsansatz und das Forschungskonzept. Diese werden in sieben thematischen Forschungsbereichen von NeuroCure bearbeitet. Darüber hinaus baut das Exzellenzcluster verschiedene klinische und technologische Infrastrukturen auf, die zentrales Know-how vorhalten und von allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gemeinsam genutzt werden können.
Mit zurzeit fast 50 Mitgliedern setzt NeuroCure seine wissenschaftliche Zielsetzung auf höchstem Niveau um. Ein attraktives Forschungsumfeld mit internationaler Sichtbarkeit und schnelle und hochrangige Berufungsverfahren bauen die Leistungsfähigkeiten und interdisziplinären Kompetenzen des Exzellenzclusters weiter aus. NeuroCure leistet somit einen entscheidenden Beitrag zum besseren Verständnis und zur Therapie von neurologischen und psychischen Krankheiten sowie zur Stärkung des neurowissenschaftlichen Standorts Berlin.
Maßnahmen
Ausbau des neurowissenschaftlichen Standorts Berlin
Mit den Partnerorganisationen Humboldt-Universität zu Berlin und Freie Universität Berlin sowie den außeruniversitären Forschungseinrichtungen Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC), Leibniz Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP) und Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin (DRFZ) wird der gut etablierte neurowissenschaftliche Standort Berlin sowohl durch stärkere Vernetzung der laufenden Forschungsaktivitäten als auch durch die Etablierung über 20 neuer Professuren und Nachwuchsgruppen weiter ausgebaut.
Ausbau der Forschungsinfrastruktur
Durch den gezielten Ausbau der Forschungsinfrastruktur wurde ein attraktives Umfeld für Spitzenforschung geschaffen. Mit der Etablierung einer tierexperimentellen Einrichtung zur Langzeitbeobachtung und Verhaltensanalyse erweitert NeuroCure die in experimentellen und präklinischen Studien gewonnenen Ergebnisse in einer Animal Outcome Unit. Die klassischen Forschungsprozesse werden so in einer zentral vorgehaltenen Einheit durch Verhaltensbeobachtungen an Tieren in ihrem natürlichen Umfeld ergänzt. Mit der Einrichtung des Berlin Center for Advanced Neuroimaging (BCAN) errichtet NeuroCure gemeinsam mit weiteren Partnern der Charité und der Humboldt-Universität eine klinisch orientierte Bildgebungseinrichtung für die Erforschung molekularer, zellulärer, struktureller und funktioneller Hirnpathologie. An verschiedenen 3T-MRT-Geräten werden neue MRT-Sequenzen und -Verfahren zum besseren Verständnis von Hirnfunktionen entwickelt und getestet, weiterhin können die MRT-Techniken zum Therapie-Monitoring genutzt werden.
Weitere Core Facilities sind das Small Animal Imaging Center (SAIC), die 7 Tesla experimentelle MRT Facility, das NeuroCure Clinical Research Center, die Virale Core Facility und die Mikroskopie Core Facility.
Nachwuchsförderung
Ein besonderes Augenmerk des Exzellenzclusters liegt auf der Unterstützung des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie auf Maßnahmen der Gleichstellung. Mit speziellen Fördermaßnahmen bereits im frühen Karrierestadium setzt sich NeuroCure dafür ein, den Anteil von Neurowissenschaftlerinnen auch in höheren akademischen Positionen nachhaltig zu erhöhen. NeuroCure unterstützt die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gezielt bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Darüber hinaus ist NeuroCure an verschiedenen strukturierten Doktorandenausbildungsprogrammen der Berliner Universitäten sowohl inhaltlich als auch durch die Finanzierung von PhD- und Master-Stipendien im Studiengang Medical Neurosciences beteiligt.
Gleichstellung
NeuroCure fördert die berufliche Gleichstellung von Frauen und Männern und beteiligt sich an den von der Charité eingerichteten Möglichkeiten der verbesserten Familienbetreuung. Bei der Auswahl des wissenschaftlichen Nachwuchses, bei Stellenbesetzungen, Betreuung und Lehre werden die Prinzipien der Chancengleichheit berücksichtigt. NeuroCure ermöglicht im Rahmen der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit gesonderten finanziellen Mitteln. Bei der Besetzung der Professuren wurde besonderer Wert auf ein ausgewogenes Verhältnis von Frauen und Männern gelegt. Weiterhin wurden Habilitationsstipendien für Nachwuchswissenschaftlerinnen sowie Plätze am Mentoringprogramm der Charité vergeben, welche mit zusätzlichen Mitteln zur Kinderbetreuung ausgestattet sind. Unter den NeuroCure Mitgliedern (Prinicipal Investigators) liegt der Frauenanteil bei 26 %.
Innovationsförderung
Durch die Anschubfinanzierung hochinnovativer Projekte, klinischer Studien und Tandemprojekte zwischen experimentellen und klinischen Forschern ist es NeuroCure möglich, flexibel und schnell auf neue Trends der Neurowissenschaften zu reagieren. Die Mittelvergabe erfolgt effizient und transparent auf Grundlage interner Vergabeverfahren, welche nach hohen Qualitätsstandards ausgearbeitet wurden.
Forschung
Das Exzellenzcluster NeuroCure verbindet Grundlagenforschung mit klinischer Praxis. Schwerpunkte der Organisationsstruktur sind jedoch nicht die einzelnen Erkrankungen sondern die oft gemeinsam zugrunde liegenden Krankheitsmechanismen. Im Vordergrund stehen daher der Forschungsansatz und das Forschungskonzept. Thematisch teilt sich die Forschung in sieben Forschungsgebiete auf, bei denen immer ein Grundlagenwissenschaftler gemeinsam mit einem Kliniker die Forschungsziele von NeuroCure federführend umsetzt.
Der interdisziplinäre Ansatz wird durch sieben Forschungsschwerpunkte repräsentiert:[2]
Schadensmechanismen Hirnzellen vor dem zu schützen ist eine der wesentlichen Herausforderungen bei akuten und chronischen neurodegenerativen Erkrankungen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von NeuroCure haben bereits eine Reihe von Zelltodmechanismen bei neuronalen, glialen und vaskulären Zellen erstmals beschrieben und charakterisiert und dabei neue therapeutische Prinzipien entdeckt, von denen einige derzeit in klinischen Studien geprüft werden. Basierend auf diesen Vorbefunden werden die Forschungsgruppen gemeinsam nach weiteren Schadensmechanismen und damit neuen therapeutischen Ansätzen suchen. Im Fokus sind hierbei zunächst u. a. aberrante Zellzyklusaktivität, epigenetische Mechanismen, das Ubiquitin-Proteosom System und Proteinfehlfaltung, Protein-Proteininteraktionsnetzwerke, aber auch klinische Phase II-Studien bei der Subarachnoidalblutung.
Endogene ZNS-Protektion Hirneigene Schutzmechanismen zu verstehen und die zugrundeliegenden Signalkaskaden therapeutisch zu nutzen ist das gemeinsame Ziel der Forscherinnen und Forscher von NeuroCure, um innovative Behandlungsformen für Schlaganfall, Multiple Sklerose und Epilepsie zu entwickeln. Die Strategien richten sich unter anderem auf die protektiven Effekte von HIF-1 und Erythropoietin, der Präkonditionierung mittels der Hochregulation von endothelialer Stickstoffmonoxid Synthase, der schützenden Effekte von Multi–Drug-Transportern bei Störungen der Blut-Hirn-Schrankenfunktion sowie epigenetischer Modulation. Diese innovativen therapeutischen Ansätze zur Nutzung endogener Reparaturmechanismen können in naher Zukunft auch von klinischem Nutzen für Schlaganfallpatienten sowie Patienten mit anderen Hirnerkrankungen sein.
Regeneration Das zentrale Nervensystem (ZNS) vermag sich nach einer Schädigung kaum zu regenerieren. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von NeuroCure haben sich deshalb zum langfristigen Ziel gesetzt, neurologische Funktionen durch eine strukturelle Rekonstitution des Gehirns nach Schädigung oder Erkrankung wiederherzustellen. Funktionsuntüchtige oder verlorene Nervenzellen und Myelinscheiden sollen hierfür ersetzt, Nervenfaserregeneration stimuliert und Plastizität gefördert werden. Zu diesem Zweck nutzen die Forschungsgruppen das therapeutische Potential adulter Stammzellen des Knochenmarks und ZNS sowie Stammzellbasierte Methoden der Gentherapie. Darüber hinaus arbeiten sie an der Stimulierung des Auswachsens von Axonen und der Ausbildung neuer synaptischer Kontakte nicht degenerierter Fasern nach einem Schaden. Die Hoffnung ist, die Heilung des Gehirns durch ein besseres Verständnis und Ausnutzung der komplexen Interaktionen zwischen Nervensystem, Immunsystem und hämangiopoetischem System nach Schädigung oder Erkrankung besser fördern zu können.
Interaktionen zwischen Nerven- und Immunsystem Neuere Erkenntnisse belegen, dass immunologische Prozesse nicht nur in klassisch entzündlichen Erkrankungen des ZNS wie der Multiplen Sklerose eine wesentliche Rolle spielen, sondern auch in primär nicht entzündlichen Pathologien wie dem Schlaganfall und der Epilepsie. In allen diesen Erkrankungen interagieren Immunzellen mit Zellen des ZNS. Obwohl sich die auslösenden Prozesse wesentlich unterscheiden, kann von gemeinsamen zugrunde liegenden Mechanismen ausgegangen werden. Diese Prozesse sollen mittels molekular- und zellbiologischer Methoden in Kombination mit moderner Hirnbildgebung untersucht werden. Zur Anwendung kommen in-vitro und in-vivo Ansätze in Verbindung mit verschiedenen Tiermodellen für akute und chronische Erkrankungen des ZNS. Das Ziel der Forschungsgruppen ist es, den Einfluss von entzündlichen und regulatorischen Immunzellen auf Zellen des ZNS sowohl unter Berücksichtigung direkter Zell-Zell-Wechselwirkungen als auch löslicher Faktoren zu analysieren. Zudem soll aufgeklärt werden, welche Fähigkeiten das ZNS unter pathologischen Bedingungen besitzt, eine Immunantwort vor Ort zu modulieren. Im Fokus der Forscher steht die Entwicklung neuer, innovativer Therapieansätze, die durch Beeinflussung des Immunsystems zur Bekämpfung von ZNS-Erkrankungen beitragen.
Entwicklungsstörungen im Nervensystem In den letzten beiden Jahrzehnten hat sich ein neues Verständnis der Prozesse ergeben, welche die Entwicklung des Nervensystems kontrollieren. Insbesondere sind Gene, genetische Codes und molekulare Mechanismen beschrieben worden, die für die Musterbildung, die Differenzierung und Ausreifung des Nervensystems von Bedeutung sind. Die rasanten Fortschritte bei der Entdeckung dieser Mechanismen durch die molekulare und zelluläre Neurobiologie eröffnen nunmehr die Möglichkeit, dieses Wissen in den klinischen Kontext der Neonatologie, pädiatrischen Neurologie und Neuroendokrinologie zu stellen. Hierdurch gelingt es, einerseits präzise diagnostische Strategien einzusetzen sowie eine spezifische genetische Beratung durchzuführen, andererseits aber auch neue therapeutische Perspektiven zu entwickeln.
Molekulare Neuropathologie der Ionenkanäle und -transporter Ionenkanäle und Ionentransporter befinden sich auf jeder Zelle des Nervensystems. Zahlreiche Krankheiten beruhen auf einem erblichen Defekt dieser Kanäle. Solche Defekte behindern den normalen Arbeitsablauf der Proteine und stören sowohl zelluläre Prozesse, als auch die schnelle Signalübertragung zwischen den Nervenzellen. NeuroCure Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler setzen neueste Technologien der Genetik, Zytochemie, Biophysik und Bildgebung ein, um die Rolle dieser Ionenkanäle und Transporter im gesunden und kranken Gehirn zu untersuchen. Die besondere Stärke von NeuroCure liegt dabei auf der Analyse von Ionenkanälen und deren Funktionsweise im Gesamtorganismus. Diese in vivo Studien werden ergänzt durch die Erforschung biophysikalischer und biochemischer Mechanismen der Kanalrezeptor-Komplexe und ihrer Zusammensetzung. Hochdurchsatz-Screening-Methoden, die dem Cluster zur Verfügung stehen, werden genutzt, um neue pharmakologische Substanzen zu finden, die auf Ionenkanäle wirken. Schließlich ermöglichen umfangreiche Patientenstudien sowohl den Zugang zu Patienten mit Ionenkanalerkrankungen als auch Synergien zwischen molekularer und zellulärer Biologie sowie der Neuropathologie. Diese ermöglichen grundlegende Einblicke in die Pathophysiologie und die Entwicklung neuer Behandlungskonzepte.
Plastizität Synapsen erleben sowohl vorübergehende als auch dauerhafte Änderungen in ihrer Übertragungsstärke. Diese Plastizität trägt maßgeblich zur Bildung gut funktionierender neuronaler Schaltungen bei und ist für das Lernen und die Gedächtnisbildung unerlässlich. Synaptische Plastizität verändert die Eigenschaften neuronaler Netzwerke durch das Modifizieren der Input-Output-Funktionen sowie der internen Informationsverarbeitung. Auch spielt Plastizität vielfach eine wichtige Rolle bei Erkrankungen des Nervensystems. Schadensereignisse bzw. genetische Mutationen können oft das Gleichgewicht zwischen Erregung und Inhibition stören, was zu schweren Symptomen wie Epilepsie, neuropsychiatrischen Störungen und geistiger Behinderung führt. Die Analyse synaptischer Plastizität sowie der Funktion bzw. Funktionsstörungen bei synaptischen Verschaltungen gehört zu den Kernkompetenzen von NeuroCure.
Klinik
Um Patienten einen möglichst schnellen Zugang zu neuen Therapien und Diagnostikoptionen zu ermöglichen, wurde das NeuroCure Clinical Research Center (NCRC) gegründet. Das Zentrum unterstützt Forscher bei der Durchführung von klinischen Studien zu neurologischen und neuropsychiatrischen Erkrankungen. Von den klinischen Erkenntnissen gehen wiederum neue Impulse für die Grundlagenforschung aus. Der Fokus liegt insbesondere auf den Indikationen Schlaganfall, Alzheimer Demenz, Multiple Sklerose und Epilepsie. Aber auch seltenere Erkrankungen wie Myasthenia gravis, Chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIPD) und Muskeldystrophie Duchenne werden am NeuroCure Clinical Research Center erforscht.
Weblinks
Charité - Universitätsmedizin Berlin
Humboldt-Universität zu Berlin
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC)
Leibniz Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP)
Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin
- International Graduate Program Medical Neurosciences
Fußnoten
- ↑ http://www.dfg.de/foerderung/programme/listen/projektdetails/index.jsp?id=39052203
- ↑ http://www.neurocure.de/forschung/forschungsfelder.html
- ↑ NeuroCure Forschungsschwerpunkte