Stille elektrische Entladung

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Die stille elektrische Entladung (auch dielektrische Barriereentladung, englisch Dielectric Barrier Discharge, DBD) oder Plasmaentladung ist eine Wechselspannungs-Gasentladung, bei der mindestens eine der Elektroden vom Gasraum durch galvanische Trennung mittels eines Dielektrikums elektrisch isoliert ist.

Erklärung und Charakteristika

Ein gas- oder luftgefüllter Raum zwischen isolierend umhüllten Elektroden kann ionisiert werden beziehungsweise gelangt in einen Plasmazustand (Niedertemperaturplasma ähnlich einer Glimmentladung), wenn eine Wechselspannung an den Elektroden im Gasraum ausreichende Feldstärken erzeugt. Durch Verschiebungsströme wird die Entladung auch durch die Isolation hindurch aufrechterhalten und es kann kontinuierlich elektrische Leistung in das Plasma übertragen werden. Man kann sich entsprechende Anordnungen als Kondensator mit inhomogenem Dielektrikum vorstellen, weshalb man auch von kapazitiver Anregung oder (etwas unzutreffend) elektrodenloser Anregung spricht. Die Feldstärke ist umgekehrt proportional zu den Dielektrizitätskonstanten und daher im Gas stets höher als im Dielektrikum. Dennoch wird die Oberfläche des Dielektrikums durch Ionenbombardement und Ultraviolettstrahlung belastet, was je nach Anwendung entweder ausgenutzt oder vermieden werden muss.

DBE haben folgende Eigenschaften:

  • Die Entladung kann entweder in Form vieler Filamente (Mikroentladungen) oder als homogene Entladung auftreten. Im Fall einer homogenen Entladung beobachtet man eine Art Dunstschleier, der sich über das gesamte Entladungsvolumen erstreckt.
  • Es werden näherungsweise nur Elektronen beschleunigt, da die Entladungsdauer so gering ist, dass die schweren Ionen, bedingt durch ihre Massenträgheit, nur wenig Impuls erfahren.
  • Die Entladung erlischt, sobald das angelegte elektrische Feld von der vor dem Dielektrikum angesammelten elektrische Ladung kompensiert wird.
  • Die Zeitdauer einer Entladung liegt im Bereich von einigen Nanosekunden; der Transport von Ionen ist weitgehend unterdrückt.
  • Es kann kaltes Plasma hergestellt werden, zumal die Gastemperatur maßgeblich durch die Ionentemperatur bestimmt wird.

Zur Erzeugung einer homogenen Entladung ist eine gepulste Anregung vorteilhaft. Die DBE wird dabei mit uni- oder bipolaren Pulsen mit Pulsdauern von wenigen Mikrosekunden bis hinunter zu einigen zehn Nanosekunden und Amplituden im einstelligen Kilovoltbereich beaufschlagt. Das Puls-Pausenverhältnis ist in der Regel sehr klein und liegt unterhalb von zehn Prozent.

Die hohe elektrische Wechselspannung (einige Kilovolt) hoher Frequenz (etwa 10 bis 1000 kHz) oder die Hochfrequenzpulse können mit hoher Effizienz mit Resonanzwandlern erzeugt werden.

Vorteile je nach Anwendung:

  • keine metallischen Elektroden im Entladungsraum, somit keine metallischen Verunreinigungen oder Elektrodenverschleiß
  • hohe Effizienz, da an den Elektroden keine Ladungsträger aus- oder eintreten müssen (Wegfall des Kathodenfalls, keine Glühemission nötig)
  • dielektrische Oberflächen können bei niedrigen Temperaturen modifiziert und chemisch aktiviert werden

Ein Vorteil ist auch das Arbeiten an normaler Luftatmosphäre.

Der Frequenzbereich ist zwar nach oben nicht begrenzt, effektive elektrische Anregungsschaltungen arbeiten mit Halbleitern bis zu wenigen 100 kHz und bei Generatoren mit Elektronenröhren bei 10...100 MHz. Ähnlich arbeiten jedoch auch Verfahren mit Magnetrons im ISM-Band 2,4...2,5 GHz. Es ist jedoch zu beachten, dass das bei DBE mögliche Nichtgleichgewichtsplasma vornehmlich nur durch Pulsanregung [1] erreicht wird. Im Gegensatz zu kontinuierlicher Anregung, beispielsweise mit einem Sinus- oder Rechtecksignal, weist der Pulsbetrieb ein kleines Puls-zu-Pause Verhältnis (duty cycle) auf. Nach erfolgter Anregung und Herbeiführung des Plasmazustandes können die im Gas gebildeten Ladungsträger während der Pause wieder abgebaut werden und ein wirkungsgrad-schädigendes thermalisieren des Plasmas wird verhindert.

Die Elektrodenkonfigurationen einer stillen Entladung können je nach Anwendung stark variieren:

Anwendungen

Umwelttechnik

  • Trink-/Abwasseraufbereitung mit Ozon
  • Papierbleichung mit Ozon sowie funktionalen Oberflächen
  • Behandlung von Abgasen (zum Beispiel Plasmafackel)

Messtechnik

Einsatz in der Gaschromatographie als Barrier Ionisation Discharge Detektor (BID) mit kalter Plasmaentladung. Dieser Detektor nutzt die energiereichen Photonen des Heliumplasmas zur Ionisierung der Probemoleküle. Da praktisch alle Substanzen (außer Neon und Helium selbst) ein geringeres Ionisierungspotential haben, ist dieser Detektor als universell zu bezeichnen. Die japanische Firma Shimadzu hat das Prinzip der Barrier Ionisations Plasmaentladung weiterentwickelt und sich diese Technik seit 2013 durch zahlreiche Patente exklusiv gesichert.

Material und Oberflächen

  • Reinigen, Oxidieren, Ätzen, Beschichten von Oberflächen

Medizin

  • Zahnbehandlung mit Plasmafackel
  • Behandlung offener Beine bei Diabetes
  • Händedesinfektion in Krankenhäusern
  • Oberflächendesinfektion der Haut, ist Jod und Alkohol überlegen.

Licht- und Strahlungstechnik

Erzeugung von Licht und ultravioletter optischer Strahlung:

  • Lampen mit Fluoreszenz-Leuchtstoffen
  • Plasmabildschirme (Anregung farbiger Leuchstoffe mit ultraviolettem Licht)
  • Erzeugung von Vakuum-ultravioletter (VUV)optischer Strahlung mit Excimer-Lampen

Anregung von Gaslasern.

Literatur

Einzelnachweise

  1. http://iopscience.iop.org/0022-3727/34/11/312
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