Magerluft

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Magerluft ist Luft mit einem Sauerstoff-Anteil, welcher niedriger ist als der Sauerstoff-Anteil der normalen Atemluft. Der Oberbegriff dafür ist Synthetische Luft und kann Gasgemische mit niedrigerem, aber auch höherem Sauerstoffanteil bezeichnen. Synthetische Luft wird z. B. bei der Gasanalyse als Null- oder Betriebsgas[1] [2] zum Nachweis von Stickoxiden eingesetzt[3] . In chemischen Prozessen wird das Gemisch in deutlich größeren Mengen eingesetzt und hat dort Einfluss auf die Produktqualität. Die Forderungen nach Menge, Qualität, Sicherheit und Verfügbarkeit sind individuell abgestuft und entsprechen unternehmensspezifischen Notwendigkeiten.

Begriffsdefinition

Magerluft ist künstlich hergestellte „Luft" mit geringerem Sauerstoffanteil. Der Sauerstoffanteil von 20,95 Vol.-% in Luft soll also auf einen geringeren Anteil (z. B. 4–10 Vol.-% Sauerstoff im Gasgemisch) reduziert (abgemagert) werden. Dazu werden Gase gemischt: entweder Technische Luft (Druckluft) oder Sauerstoff (O2) mit Stickstoff (N2), so dass Magerluft mit einer gewünschten Sauerstoffkonzentration erzeugt wird.

Magerluft kann abgefüllt in Gasflaschen oder Gasflaschen-Bündeln bei Herstellern technischer Gase beschafft werden.[4] [5] Bei höherem Mengenbedarf betreiben Unternehmen üblicherweise eigene Anlagen zur Magerluft-Erzeugung.[6] Anlagen zur Erzeugung solcher Gasgemische, werden Gasmischer, spezifischer Magerluftanlagen oder Luftkonditionierungsanlagen genannt.[7]

Verwendung

Magerluft wird häufig bei Prozessen zur Versorgung von Lösemittelkesseln und Reaktoren benötigt, z. B. bei der Herstellung von Kunstharzen (auch Resins genannt).[8] [9] Bei diesen Prozessen wird das Produkt während der Herstellung meist mit reinem Stickstoff überdeckt. Produktanteile benötigen allerdings zur Reaktion Sauerstoff. Daher muss der Sauerstoffanteil in der Magerluft sicher unter einer definierten Grenzkonzentration bleiben, damit die Untere Explosionsgrenze nicht überschritten wird.

Durch die regelmäßige Anwendung in explosionsgefährdeten Bereichen ist die Einhaltung des vorgegebenen Sauerstoffanteils sowohl für die Qualität des Produktionsprozesses als auch für sicherheitstechnische Belange essenziell. Wird die maximal erlaubte Sauerstoffkonzentration überschritten, kann dies zu Verpuffungen und in deren Folge zu schweren Unfällen führen.

Anforderungen an die Magerlufterzeugung

Aus der beschriebenen Verwendung ergibt sich, dass für den Prozessanlagenbetreiber die Einflüsse Qualität, Sicherheit und Verfügbarkeit wichtig sind.[10] In Bezug auf Magerluftanlagen bedeutet dies:

  1. Genaue Einhaltung der definierten Sauerstoffkonzentration im Magerluft-Gasgemisch zur Produktion einer gleichbleibenden Produktqualität (Qualität)
  2. Sichere Abschaltung, falls eine festgelegte Sauerstoffkonzentration überschritten wird, damit keine Explosionsgefahr entsteht (Sicherheit)
  3. Durch Backup-Lösungen oder einen Bypass mit reinem Stickstoff Sicherstellung der Verfügbarkeit der Produktionsanlage (Verfügbarkeit)

Die Wahl der Anlagentechnik selbst hat einen Einfluss auf die Gasgemischqualität und damit auf die Produktqualität.

Qualität

Als zusätzliche Maßnahme zur Überwachung der richtigen Gasgemischqualität kann ein Gasanalysator vorgesehen werden, der die Sauerstoffkonzentration kontinuierlich überwacht. Der gemessene O2-Wert kann angezeigt und über eine Online-Kopplung zu einem übergeordneten Leitsystem übertragen werden. Bei Grenzwertüberschreitung kann eine Veränderung der Gemischqualtität (bei automatischen, dynamischen Magerluftanlagen) eingeleitet oder eine Abschaltung initiiert werden.

Sicherheit

Die sichere Einhaltung einer definierten Sauerstoffkonzentration beeinflusst die Sicherheit der nachgeschalteten Prozess-Anlage. Diese zusätzliche funktionale Sicherheit kann über eine Safety-Integrety-Level-Betrachtung nochmals erhöht werden.

Als SIL oder Sicherheitsstufe wird eine Sicherheitsanforderungsstufe gemäß der Normung EC 61508/IEC61511 bezeichnet. Das Überwachungssystem Gasanalysator, Ausgangsabschaltung, Ausblaseleitung-Magnetventil wird dann gemeinsam hinsichtlich seiner Zuverlässigkeit beurteilt, damit das Risiko einer Fehlfunktion noch weiter reduziert werden kann.

Verfügbarkeit

Zur Sicherstellung der Verfügbarkeit einer Magerluftanlage sind zumindest folgende Maßnahmen üblich:[11]

  • eingangsseitige Gasfilterung zur Vermeidung der Beeinträchtigung der Funktionsweise der Armaturen durch Partikel.
  • Druckregelung von Druckluft und Stickstoff auf den gleichen Mischdruck, damit das Avogadrosche Gesetz idealen Gases gilt, also die Dichte der Gase bei gleichem Druck und gleicher Temperatur zur molaren Masse proportional ist.
  • Verschaltung der Gleichdruckregler in den Eingangssträngen, damit die unzulässige Anreicherung an Zumischgas jederzeit ausgeschlossen wird. Zusätzliche Verriegelung über die Gasanalyse, damit eine redundante Sicherheitsverriegelung entsteht.
  • Messung des Volumenstroms (Temperatur- und Druck kompensiert).
  • Einsatz von Gasrücktrittssicherungen in jedem Einzelgasstrang, um ein Umfüllen zu verhindern.
  • Ermöglichung kontinuierlicher oder diskontinuierlicher Gasgemisch-Abnahme durch konstruktive Maßnahmen.
  • Sicherstellung des autarken Anlagenbetriebs, auch bei Störung eines übergeordneten Prozess-Leitsystems.
  1. basi Gas GmbH: basi Synthetische Luft, KW-frei - Produktdatenblatt. basi Gas GmbH, abgerufen am 17. Februar 2020. 
  2. Nullgase. Abgerufen am 13. Februar 2020. 
  3. Chemilumineszenz. Abgerufen am 13. Februar 2020. 
  4. Linde Gas AG: Linde eröffnete das europaweit erste vollautomatisierte Gasefüllwerk im Industriepark Marl. In: https://www.linde-gas.de. Abgerufen am 13. Februar 2020 (deutsch). 
  5. Syntetic Air. (PDF) Messr Group GmbH, abgerufen am 17. Februar 2020 (englisch). 
  6. LT Gasetechnik. Abgerufen am 17. Februar 2020. 
  7. Gasgemisch. Abgerufen am 17. Februar 2020. 
  8. Synthopol Chemie Deutschland setzt auf Expansion. 16. Mai 2014, abgerufen am 17. Februar 2020. 
  9. Patent. Abgerufen am 17. Februar 2020 (englisch). 
  10. Alexander C. Hanf: Sauerstoffanteil in der Magerluft muss sicher unter einer definierten Grenzkonzentration bleiben. In: https://www.chemanager-online.com. ChemManager Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, 7. August 2018, abgerufen am 13. Februar 2020. 
  11. Alexander C. Hanf: Magerluftanlagen. 15. Januar 2017, abgerufen am 13. Februar 2020. 
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