„Chromatographie" – Versionsunterschied
Version vom 24. Mai 2005, 13:23 Uhr
Chromatographie bzw. Chromatografie (griechisch, deutsch Farbenschreiben) wird in der Chemie ein Verfahren genannt, das die Auftrennung eines Stoffgemisches durch unterschiedliche Verteilung seiner Einzelbestandteile zwischen einer stationären und einer mobilen Phase erlaubt. Dieses Prinzip wurde erstmals 1903 von dem russischen Botaniker Michail S. Tswett angewendet und dargelegt. Er untersuchte einfarbige Pflanzenfarbstoffe und konnte diese durch Chromatographie in verschiedene Farbstoffe zerlegen. Praktische Anwendung findet diese Methode zum einen in der Produktion zur Isolierung bzw. Reinigung von Substanzen (= präparative Chromatographie), zum anderen in der chemischen Analytik, um Stoffgemische in möglichst einheitliche Inhaltstoffe zwecks Identifizierung oder mengenmäßiger Bestimmung aufzutrennen. Die Chromatographie ist aus der organischen Chemie, der Biochemie, der Mikrobiologie, der Lebensmittelchemie, der Umweltchemie und auch der anorganischen Chemie nicht mehr wegzudenken.
Beschreibung des Chromatographieprozesses
Die Chromatographie lässt sich bildhaft folgendermaßen erklären: Eine Gruppe von Booten bricht gleichzeitig auf, um eine Flussfahrt zu unternehmen. Am Flussrand befinden sich in unterschiedlichen Abständen Gasthäuser. Je nach dem, welche Leute in den Booten sitzen, legen die Boote verschieden oft am Flussufer an um in ein Gasthaus einzukehren. Dadurch benötigen die Boote verschieden lange für die Strecke und kommen somit zu verschiedenen Zeiten am Ende des Flusses an.
In der Chromatographie werden Substanzgemische (= Boote) in der sog. Mobilen Phase (= Fluss) an einer Stationären Phase (= Flussrand mit Gasthäusern) vorbeibewegt. Auf Grund von Wechselwirkungen (siehe die Einteilung unter Trennprinzipien) zwischen Substanzen und stationärer Phase halten sich die Substanzen verschieden lange an der stationären Phase auf (= werden retentiert, d.h. verzögert) und können somit nicht von der mobilen Phase weitertransportiert werden. Dadurch erreichen sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten das Ende der Trennstrecke.
Prozess
Für die Chromatographie ist die Herstellung des Flusses der Mobilen Phase, die Injektion der zu trennenden Probe die eigentliche Trennung und die Detektion nötig. Das Fließen der Mobilen Phase wird entweder mittels einer hydraulischen Pumpe, der Kapillarkraft oder durch Anlegen einer elektrischen Spannung erreicht. Die Injektion (= Einbringen des Substanzgemisches in das chromatographische System) erfolgt entweder bevor der Fluss der Mobilen Phase hergestellt wird (z. B. Dünnschichtchromatographie) oder während die Mobile Phase bereits fließt. Bei einer großen Anzahl von Proben werden bei automatisierbaren Chromatographiearten sogenannte Autosampler (zusammen mit eigenen Datenerfassungssystemen) eingesetzt die vollautomatisch die Proben injizieren. Anschließend erfolgt die eigentliche Auftrennung des Substanzgemisches auf der Trennstrecke. Ohne Detektion (= Sichtbar machen wann eine Substanz einen bestimmten Teil des Chromatographiesystems basiert oder wo eine Substanz nach dem Beenden des Prozesses zum Liegen kommt) ist eine Chromatographie nicht denkbar. Für jede Chromatographieart werden verschiedene Detektionsystem eingesetzt indem entweder physikalische Eigenschaften (Absorption von Licht, Fluoreszenz, Lichtstreuung, Wärmeleitfähigkeit ..) der Substanzen ausgenutzt werden oder durch chemische Reaktionen ein Signal erhalten wird. Mittels chemischen Reaktionen wird z.B. eine Färbung bei der planaren Chromatographie erreicht (z.B. Aminosäuren mittels Ninhydrin) oder Reaktionen vor dem Auftrennen (Vorsäulendervatisierung) oder nach dem Auftrennen (Nachsäulenderivatisierung) bei der Säulenchromatographie durchgeführt. Bei der präparativen Chromatographie wird anschließend noch ein Fraktionensammler zum Auffangen der aufgetrennten Substanzen nachgeschaltet.
Definition einiger Begriffe
Stationäre Phase
Phase, die mit den einzelnen Substanzen des Substanzgemisches Wechselwirkungen eingeht und sich nicht bewegt.
Mobile Phase
Phase, in der das Substanzgemisch zu Beginn gelöst ist und die sich dann bewegt.(Phase an einem festen oder Flüssigen Stoff)
Retention
Verzögerung von einzelnen Substanzen des Substanzgemisches durch Wechselwirkung mit der stationären Phase.
Retentionszeit
Zeit, die eine Substanz benötigt, um die gesamte Trennstrecke zu passieren.
Elution
Transport einer Substanz durch eine chromatographische Säule durch kontinuierliche Zugabe von mobiler Phase. Eine besondere Bedeutung hat dieser Prozess in der Festphasenextraktion.
Eluat
Mobile Phase, die die Trennstrecke passiert hat.
Eluotrope Reihe
Anordnung der als mobile Phase üblichen Lösungsmittel nach ihrer Eluatuionskraft bei einer Referenzsubstanz (i.d.R. Kieselgel oder Aluminoiumoxid). Die Anordnung kann aufsteigend oder absteigend gewählt werden.
Säule
In der Chromatographie versteht man unter einer Säule eine hohle Röhre von einem Durchmesser von wenigen Mikrometern bis zu mehreren Zentimetern. Diese Röhre ist entweder mit der stationären Phase gefüllt oder innen beschichtet.
Die chromatographischen Trennmethoden lassen sich nach verschiedenen Gesichtspunkten einteilen:
Einteilung nach dem Trennprinzip
Das grundlegende Prinzip aller chromatographischen Verfahren ist die oft wiederholte Einstellung eines Gleichgewichtes zwischen einer ruhenden Phase und einer bewegten Phase. Das Gleichgewicht kann sich auf Grund verschiedener physikalisch-chemischer Effekten ausbilden.
- Adsorptions-Chromatographie - Hier kommt es zu einer Trennung der verschiedenen Komponenten auf Grund der unterschiedlich starken adsorptiven Bindungen zur ruhenden Phase. Die bewegte Phase kann ein mehr oder weniger polares Lösungsmittel oder bei gasförmigen Stoffen ein Trägergas sein.
- Verteilungs-Chromatographie - Ähnlich dem Extraktionsverfahren wird hier die unterschiedliche Löslichkeit der zu trennenden Komponenten ausgenutzt. Bei der Chromatographie bleibt aber das Lösungsmittel als ruhende Phase auf einem Trägermaterial haften. Die bewegte Phase kann wieder eine Lösung oder ein Trägergas sein.
- Ionenaustauschchromatografie (siehe auch Anionenaustauschchromatografie) - Die bewegte Phase ist hier meist eine Lösung der zu trennenden Ionen. Die ruhende Phase ist ein fester Ionenaustauscher. Ionenaustauscher bilden zwischen den verschiedenen Ionen der bewegten Phase unterschiedlich stabile Bindungen aus.
- Siebwirkung - Bei der ruhenden Phase benutzt man Stoffe, die die Komponenten an Hand ihrer Größe trennen. Im Wesentlichen unterscheidet man hier zwischen drei Verfahren.
- Molekularsieb-Chromatographie
- Gel-Permeations-Chromatographie (Gelfiltration)
- Ausschluss-Chromatographie
- Affinitätschromatographie - Als stationäre Phase wird eine für jeden Analyten spezifische chemische Verbindung eingesetzt die auf Grund nichtkovalenter Kräfte eine Trennung bewirkt. Es handelt sich hierbei um eine hochselektive Methode.
- IMAC (Immobilized Metal Ion Affinity Chromatography) wird speziell für Proteine eingesetzt.
- Chirale Chromatographie - Zur Trennung von chiralen Molekülen. Die stationäre Phase enthält ein Enantiomer, das mit den beiden Enantiomeren des Racemats eine unterschiedlich starke diastereomere Wechselwirkung eingeht. Die beiden Enantiomere werden unterschiedlich stark retardiert.
Einteilung nach den verwendeten Phase
Auf Grund der mobilen Phasen kann man die Chromatographie in drei Gebiete unterteilen, welche sich nach den Trägern der stationären Phasen oder dem Aggregatzustand der stationären Phasen wieder in unterschiedlich viele Gruppen unterteilen lassen.
- Flüssigchromatographie (engl. liquid Chromatography, LC)
- Planare Chromatographie
- Papierchromatographie - Als feste Phase wird Papier verwendet, das entwender liegt oder (meist) senkrecht in einem Glasbehälter steht. Wie auch bei der Dünnschichtchromatographie wird die Mobile Phase auf Grund der Kapillarkräfte bewegt.
- Dünnschichtchromatographie - Als feste Phase wird entweder auf einer Glas- oder Kunststoffplatte z.B. Silikapartikel aufgetragen.
- Säulenchromatographie
- Niederdruckchromatographie - Die hier verwendeten Säulen weisen Durchmesser von einem bis vielen Zentimetern auf. Diese Form der Flüssigchromatographie wird vor allem für präparative Trennungen eingesetzt.
- Hochleistungschromatographie (früher Hochdruckchromatographie; engl. HPLC High Performance Liquid Chromatography) -Stellt die heute am weitesten verbreitetste in der Analytik eingesetzte Trennmethode dar. Die mobile Phase wird mit Drücken bis zu 400 bar und Flussraten bis zu 5 ml/min bewegt.
- Elektrochromatographie - In diesem Fall wird die Mobile Phase durch Anlegen einer Spannung bewegt. Diese Methode befindet sich noch im Entwicklungsstadium und wird im Routinebetrieb nicht angewendet. Nicht zu verwechseln mit Elektrophorese.
- Membranchromatographie
- Hierbeit wird statt einer mit chromatografischer Matrix gefüllten Säule eine ein- oder mehrlagige Membran als feste Phase in einem eintsprechenden Gehäuse eingesetzt. Die mobile Phase wird bei niedrigen Drücken bis zu 6 bar und bei etwa 20-fach höheren Flußraten als in der Säulenchromatographie üblich durch die Membran gepumpt.
- Planare Chromatographie
- Gaschromatographie
- Gepackte Säulen - Das innere einer Säule (lange Röhre) ist mit einem feinkörnigem Material gefüllt.
- Kapillarsäulen - Nur die Säulenwand ist mit einer dünnen Schicht aus Stationärer Phase bedeckt.
- Flüssige stationäre Phase
- Feste stationäre Phase
- Überkritische Fluidchromatographie (engl. SFC supercritical fluid chromatography) - Als mobile Phase wird eine Substanz in ihrer überkritischen Phase (Zustand zwischen Gas und Flüssigkeit eingesetzt). Hierbei handelt es sich meist um Kohlendioxid. Bei dieser Methode werden nur Säulen als Träger von stationären Phasen eingesetzt.
Kenngrößen der Chromatographie
Der Trennfaktor α gibt die Güte der Trennung zweier Substanzen an. Er beruht auf der Retentionszeiten {\displaystyle t_{R}} der Komponenten in der Säule. Die Retentions- oder Durchlaufzeit ist die Zeit, die die betrachtete Komponente zum Durchqueren der Säule braucht:
{\displaystyle \alpha ={\frac {k_{2}}{k_{1}}}}
mit dem Retentionsfaktor {\displaystyle k} definiert durch:
{\displaystyle k={\frac {t_{R}-t_{0}}{t_{0}}}}
{\displaystyle t_{0}} nennt man die Totzeit der Säule. Die Totzeit ist die Zeit, die das Lösungsmittel zum Durchqueren der Säule braucht.
Trennstufenhöhe
Die Trennstufenhöhe einer chromatografischen Säule ist ein Maß für die Trennleistung der Säule. Als Trennstufe kann man sich den gedachten Abschnitt der Trennsäule, auf dem sich das chromatographische Gleichgewicht einmal einstellt, vorstellen. Je mehr solche Gleichgewichtseinstellungen "auf der Säule Platz haben" umso geringer ist die Trennstufenhöhe und umso höher ist die Trennleistung der Säule. Zur Erlangung einer niedrigen Trennstufenhöhe sind folgende Voraussetzungen nötig:
- Es wird eine rasche Gleichgewichtseinstellung der Absorption oder Verteilung erwartet. Daher sollte der Teilchendurchmesser d so klein wie möglich sein.
- Konstante Temperatur in der gesamten Säule. Dazu kann ein Säulenthermostat benutzt werden.
- Konstante Fließgeschwindigkeit: Hierfür wird eine Kolbenpumpe mit bis zu 400 bar verwendet.
- Linearer Absorptionsbereich: Die stationäre Phase sollte im Verlauf der Chromatographie nicht überladen werden.
- Vernachlässigbare Diffusion wäre wünschenswert, ist experimentell aber leider nicht erreichbar. Es werden daher möglichst regelmäßige Packungen mit Teilchen von besonders kleinem Durchmesser verwendet.
Zur Ermittlung der Trennstufenhöhe in Abhängigkeit von der Fließgeschwindigkeit des Eluenten kann die sog. Van-Deemter-Gleichung für die HPLC herangezogen werden:
{\displaystyle H=A+{B \over u_{x}}+C\cdot u_{x}}
wobei:
- {\displaystyle H} die Trennstufenhöhe,
- {\displaystyle u_{x}} die lineare Fließgeschwindigkeit ist.
- {\displaystyle A}-Term berücksichtigt die Eddy-Diffusion die durch unterschiedliche Fließstrecken durch die Packung entsteht. Es gilt: {\displaystyle A=2\cdot p\cdot d} wobei
- {\displaystyle p} den Packungsfaktor,
- {\displaystyle d} den Teilchendurchmesser bezeichnet.
- Der {\displaystyle B}-Term berücksichtigt die longitunale Diffusion. Die longitunale Diffusion ist die Diffusion der Analytenmoleküle in beide Richtungen der Trennstufe. Es gilt: {\displaystyle B=2\cdot D\cdot L} wobei:
- {\displaystyle D} die Diffusionskonstante in der mobilen Phase und
- {\displaystyle L} der Labyrinthfaktor ist. Der Labyrinthfaktor berücksichtigt die Porenstruktur der stationären Phase.
- der {\displaystyle C}-Term berücksichtigt die Peakverbreiterung durch die langsame Gleichgewichtseinstellung zwischen der mobilen und der stationären Phase. Hierbei ist noch die Diffusionskonstante {\displaystyle D_{s}} entlang der Poren der stationären Phase zu beachten. Es gilt damit:
{\displaystyle C={{t_{s} \over t_{m}} \over (1+{t_{s} \over t_{m}})^{2}}\cdot {d^{2} \over D_{s}}}
Praktisches Experiment
Chromatographie kann man mit handelsüblichen Mitteln zu Hause durchführen. Man benötigt:
- 1 Kaffeefilter, möglichst weiß,
- einige Buntstifte
Auf den unteren Rand des Kaffeefilters malt man einen oder mehrere bunte Punkte, stellt das Papier in eine Schale mit Wasser, so dass sich das Papier mit Wasser vollsaugt.
Da die Farbe der Buntstifte wasserlöslich ist, transportiert das Wasser nun die Farbe nach oben.
Unser, sagen wir mal, roter Bunstift ist nun aber eigentlich nicht rot. In Wirklichkeit besteht er aus einem Gemisch unterschiedlicher Farben, die zusammen rot aussehen. In unserem Experiment gehen die unterschiedlichen Farbenpigmente nun mit dem Papier eine unterschiedlich starke Wechselwirkung ein und werden dadurch vom Wasser mehr oder weniger schnell transportiert.
Daher können wir bald mehrere, verschiedenfarbige Flecken erkennen.
Wir haben soeben die Buntstiftfarben chromatographisch getrennt.
Siehe auch
Weblinks
- http://vs-c.de/beispiele/Chemie/Analytische_00032Chemie/Chromatographie/
- http://www.uni-saarland.de/fak8/iaua/chrom/CHROBEGR97.pdf
- http://dfa.leb.chemie.tu-muenchen.de/~wolfy/Seminar/Chromatographie/
- http://www.rpi.edu/dept/chem-eng/Biotech-Environ/CHROMO/chromintro.html
- http://ull.chemistry.uakron.edu/analytical/Chromatography/
- http://www.ntk-landau.de/chromatographie/Sitemap.htm
- http://www.bio-faqs.de/ts_downl/CH-AB-Trennen-hom3.pdf /Arbeitsblatt für SI