„Kündigungsschutz" – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Versionsgeschichte interaktiv durchsuchen
[ungesichtete Version] [ungesichtete Version]
← Zum vorherigen Versionsunterschied Zum nächsten Versionsunterschied →
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Zeile 82: Zeile 82:
Die Diskriminierungsverbote des europäischen Rechts, insbesondere das Verbot der Altersdiskriminierung treten heute neben die hergebrachten Grundsätze der krankheitsbedingten Kündigung und der Sozialauswahl bei betriebsbedingter Kündigung. Welchen Einfluss diese Diskriminierungsverbote genau haben werden, ist noch nicht absehbar und sorgt zurzeit für eine nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit. Erste Gedanken dazu finden sich jedoch in der juristischen Literatur, so insbesondere bei:
Die Diskriminierungsverbote des europäischen Rechts, insbesondere das Verbot der Altersdiskriminierung treten heute neben die hergebrachten Grundsätze der krankheitsbedingten Kündigung und der Sozialauswahl bei betriebsbedingter Kündigung. Welchen Einfluss diese Diskriminierungsverbote genau haben werden, ist noch nicht absehbar und sorgt zurzeit für eine nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit. Erste Gedanken dazu finden sich jedoch in der juristischen Literatur, so insbesondere bei:
* Sprenger, Markus: ''Das arbeitsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung nach der Richtlinie 2000/78/EG'' (Konstanzer Schriften zur Rechtswissenschaft, Bd. 229), Hartung-Gorre Verlag, Konstanz 2006, ISBN 3-86628-103-X mit ausführlichem Literatur- und Rechtsprechungsverzeichnis.
* Sprenger, Markus: ''Das arbeitsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung nach der Richtlinie 2000/78/EG'' (Konstanzer Schriften zur Rechtswissenschaft, Bd. 229), Hartung-Gorre Verlag, Konstanz 2006, ISBN 3-86628-103-X mit ausführlichem Literatur- und Rechtsprechungsverzeichnis.

== Vor- und Nachteile eines arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzes ==

=== Vorteile ===

*''Soziale Stellung'': Ein Kündigungsschutz soll die schwächere [[Vertragspartei]] schützen sowie eine soziale Sicherheit für eine geregelte Arbeitsstelle garantieren.
* Es entstehen für beide Seiten ([[Arbeitgeber]] wie [[Arbeitnehmer]]) eine längerfristige Planbarkeit und größere soziale Stabilität.
* Eine Lockerung oder Abschaffung des Kündigungsschutzes könnte zu mehr Verunsicherung bei den Arbeitnehmern führen. Aus Angst um ihre finanzielle Zukunft könnte die Binnennachfrage stark geschwächt werden.
* Bei stabilen Vertragsverhältnissen haben die Arbeitgeber ein größeres Interesse daran, in berufliche [[Fortbildung]]en der Mitarbeiter zu investieren. Insgesamt ergibt sich hieraus ein größeres Angebot an qualifizierten Arbeitskräften.
* arbeitsrechtliche Kündigungen, die personen-, verhaltens- oder betriebsbedingt begründet sind, lässt das deutsche [[Kündigungsschutzgesetz]] zu. Dieses Gesetz verhindert also keine begründete Kündigung, sondern schützt lediglich die Arbeitnehmer/innen vor ''Willkür'' seitens des Arbeitgebers. Beispiel: Sekretärin erhält die Kündigung nachdem sie sexuelle Avancen ihres Chefs zurückweist; das Kündigungsschutzgesetz macht derartige Kündigungen unwirksam, um [[Nötigung]] und [[Erpressung]] zu verhindern.
* Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen: Durch die Einschränkung des Lohnwettbewerbs verschieben sich die Handlungsoptionen zugunsten von Prozess- und Produktverbesserungen der Unternehmen.
* Die durchschnittliche Dauer des Arbeitsverhältnisses steigt, es verringert sich die Häufigkeit der Betriebswechsel. Damit fallen weniger Kosten für die Personalbeschaffung und -qualifizierung an. Ebenso verringert sich der Aufwand für die Arbeitsvermittlung.

=== Nachteile ===
*Unternehmen warten länger mit Einstellungen bis diese unvermeidbar sind bzw. bis ein vorteilhafteres Chancen-Risiko-Verhältnis gegeben ist (Risiken hier z. B. Weiterbeschäftigungspflicht trotz verschlechterter Auftragslage; andererseits Risiko des Nichtausschöpfens des Marktpotentials bei zu wenig (oder überlasteten) Mitarbeitern). Dies führt zu höherer Arbeitslosigkeit.
* Hohe Arbeitsgerichtskosten: Je rigider der Kündigungsschutz, desto wahrscheinlicher ein Arbeitsgerichtsverfahren im Falle einer Kündigung. Damit erhöhen sich die impliziten Kosten eines jeden Arbeitnehmers. Daher schlagen Befürworter eines liberaleren Kündigungsschutzrechts vor, Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu ermöglichen, beim Abschluss eines Arbeitsvertrages im Rahmen der [[Vertragsfreiheit]] auf ein Arbeitsgerichtsverfahren zu verzichten und stattdessen Abfindungszahlungen zu vereinbaren.
* ''Kündigungsschutz als [[Standortfaktor]]'': Multinationale Unternehmen könnten möglicherweise eher in Staaten mit geringem Kündigungsschutz Stellen schaffen als in Staaten mit hohem Kündigungsschutz.
* (nur DE) Kündigungsschutz führt zur Weigerung der Unternehmen ältere Arbeitnehmer einzustellen, da aufgrund der [[Sozialauswahl]] ältere Arbeitnehmer nur sehr schwer wieder entlassen werden können. Ähnliches gilt bei der Einstellung von Frauen in gebärfähigem Alter.
*Die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit für den Einzelnen steigt, während in Ländern ohne Kündigungsschutz nach einer Entlassung auch relativ schnell wieder eine Einstellung erfolgt. Die Belastung der Arbeitslosigkeit für den Einzelnen ist also höher.
*Strukturkonservativ: Eine Erneuerung der Wirtschaftsstruktur (z. B. eine Verschiebung vom 1. zum 3. Sektor) wird ausgebremst.
*Die Wirtschaftlichkeit der Unternehmen wird geschwächt, da weniger Lohnwettbewerb stattfindet.
*Insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit wird verstärkt, da eine Einstellung von jüngeren Arbeitnehmern ein zu großes Risiko birgt, lange auf einem unproduktiven Arbeitnehmer zu „sitzen" (Empirisch findet das z. B. in [[Frankreich]], [[Südkorea]] und Deutschland statt)
*Nach einer Studie des [[Ifo]]-Instituts steigt bei starrem Kündigungsschutz (wie in Deutschland) die [[Beschäftigungsschwelle]]
*Die Bewerbung aus ungekündigter Stelle mit längerer Kündigungszeit wird erschwert, da neue Arbeitgeber häufig nicht lange auf einen neuen Mitarbeiter warten wollen.


==Siehe auch==
==Siehe auch==

Version vom 17. Januar 2008, 16:24 Uhr

Unter Kündigungsschutz versteht man gesetzlich festgelegte Regelungen, die die Kündigung eines Vertrags verhindern oder erschweren.

Kündigungsschutz findet vor allem im Miet-, Versicherungsvertrags- und Arbeitsrecht Anwendung. Des Weiteren kann das Familienrecht (Eherecht) als „Kündigungsschutz" angesehen werden, da auch hier persönliche, verhaltensbedingte und faktische Gründe (Trennung über ein Jahr bzw. über 5 Jahre) die Voraussetzung zur „Kündigung" darstellen.

Kündigungsschutz im deutschen Mietrecht

  • Auch hier müssen persönliche (Bruch des Vertrauensverhältnisses – hier schon durch Bildung eines Mieterrates), verhaltensbedingte Gründe zur außerordentlichen Kündigung und Bedarfsgründe (Eigenbedarf, Verwertung) zur ordentlichen Kündigung vorliegen.
  • Weiterhin kann der Mieter sich auf die Sozialklausel berufen, wenn gesundheitliche Gefährdung oder Obdachlosigkeit durch die Kündigung droht, oder durch eine Behinderung geeigneter barrierefreier Ersatzwohnraum nicht beschaffbar ist. Hierbei hat das Vermieterinteresse Vorrang, da das Grundgesetz zwar ein Recht auf Eigentum, nicht aber ein Recht auf Obdach gewährt. Andersartige denkbare Gesetzesänderungen wären somit nicht verfassungskonform und würden vom Bundesverfassungsgericht kassiert.
  • Bei Wohnungsknappheit oder Schwierigkeit bei der Ersatzwohnungsbeschaffung kann jeder Mieter – auch nicht sozial schwache – eine Räumungsfrist gemäß § 721 ZPO beantragen. In der Regel werden 3–7 Monate zuzüglich zur Kündigungsfrist nach BGB gewährt. Dies liegt allerdings im freien Ermessen des Richters. Ein Rechtsanspruch auf eine relevante Räumungsfrist besteht nicht.

Kündigungsschutz im deutschen Versicherungsrecht

Hier sind ausschließlich außerordentliche Gründe zur wirksamen Kündigung seitens des Versicherers zugelassen, wie Zahlungsrückstand und versuchter Versicherungsbetrug. Somit ist für den Versicherer in der Regel eine Kündigung des Vertrages nicht möglich, d. h. es liegt hier ein vollständiger Kündigungsschutz vor.

Der vollständige Kündigungsschutz liegt auch bei den Versicherten vor, die sich von der Versicherungspflicht befreien ließen und auf ein günstigeres Angebot auf dem freien Versicherungsmarkt eingegangen sind.

Kündigungsschutz im schweizerischen Arbeitsrecht

Die Kündigung von Arbeitsverträgen ist im Schweizerischen Obligationenrecht (OR) geregelt.

Kündigung bei befristetem Arbeitsverhältnis

Das Arbeitsverhältnis endet ohne Kündigung durch Zeitablauf (OR 334 Abs. 1).

Kündigung bei unbefristetem Arbeitsverhältnis

  • während der Probezeit (die Probezeit kann bis zu 6 Monate dauern) beträgt die Kündigungsfrist 7 Tage (OR Art. 335b)
  • im ersten Dienstjahr beträgt die Kündigungsfrist einen Monat
  • im zweiten bis neunten Dienstjahr beträgt die Kündigungsfrist zwei Monate
  • nachher beträgt die Kündigungsfrist drei Monate (OR 335c Abs. 1)

Grundsätzlich kann schriftlich vereinbart werden, dass die Kündigungsfrist abgeändert wird. Sie muss aber, außer bei Gesamtarbeitsverträgen und im ersten Dienstjahr, mindestens einen Monat betragen (OR 335c Abs. 2). Unterschiedlich lange Kündigungsfristen für den Arbeitgeber oder Arbeitnehmer sind in der Regel nicht zulässig (OR 335a).

Die Kündigung ist an keine spezielle Form gebunden; Schriftform wird jedoch empfohlen. Auf Verlangen ist dem Gekündigten eine schriftliche Begründung der Kündigung auszuhändigen (OR 335 Abs. 2) dazu BGE 116 II 145

Missbräuchliche Kündigung (OR 336)

Eine Kündigung von Arbeitgeber- wie von Arbeitnehmerseite ist missbräuchlich, wenn sie aus folgenden Gründen ausgesprochen wird:

  • wegen einer persönlichen Eigenschaft, welche keinen Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis hat (z. B. Hautfarbe)
  • wenn die Kündigung nur ausgesprochen wurde, um die Entstehung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis zu vereiteln
  • wenn eine Partei nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend macht

Folgen einer missbräuchlichen Kündigung

Pflicht zur Zahlung eines Schadenersatzes, welcher maximal sechs Monatslöhne beträgt. Die Höhe wird durch das Gericht festgelegt. Für den Arbeitnehmer ist das arbeitsgerichtliche Verfahren kostenlos.

Kündigungsschutz (OR 336c)

Dem Arbeitnehmer darf nicht gekündigt werden

  • bei Militärdienst oder Zivildienst sowie vier Wochen vorher und nachher
  • während (unverschuldeter) Krankheit oder bei Unfall im ersten Dienstjahr während 30 Tagen, im zweiten bis fünften Dienstjahr während 90 Tagen und ab dem sechsten Dienstjahr während 180 Tagen. Anschließend ist eine Kündigung ohne weiteres möglich.
  • während der Schwangerschaft sowie 16 Wochen nach der Geburt
  • während der Arbeitnehmer an einer Hilfsleistung im Ausland teilnimmt, sofern diese Hilfsleistung durch eine Bundesbehörde angeordnet wurde und der Arbeitgeber zugestimmt hat.

Eine Kündigung zu diesen Zeiten ist nichtig. Erfolgte die Kündigung vorher, so wird die Kündigungsfrist unterbrochen.

Fristlose Auflösung des Arbeitsverhältnisses

Ein Arbeitsverhältnis kann durch Vereinbarung, d. h. wenn sich beide Parteien einig sind, jederzeit aufgelöst werden (analog OR 115). Im Weiteren wird das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers beendet. In diesem Fall muss der Arbeitgeber den Hinterbliebenen noch einen Monatslohn, nach fünf Dienstjahren zwei Monatslöhne auszahlen (OR 338). Bei einer (sofortigen) Freistellung wird der Arbeitnehmer von sämtlicher Arbeitspflicht entbunden, erhält aber bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist den vereinbarten Lohn weiterhin ausbezahlt.

Eine fristlose Kündigung ist zulässig bei einem wichtigen Grund, wobei ein wichtiger Grund dann gegeben ist, wenn nach Treu und Glauben das Weiterführen des Arbeitsverhältnis nicht mehr zugemutet werden kann. (OR 337) Die Gerichtspraxis hat folgende Sachverhalte als wichtige Gründe eingestuft: Begehung eines Verbrechens, Illoyalität (z. B. Konkurrenzierung des Arbeitgebers), falschen Angaben bei der Stellenbewerbung, Unkorrektheiten (z. B. wiederholte Unpünktlichkeit trotz Abmahnung), Drohung (z. B. ein Firmengeheimnis zu verraten).

Kommentar

Gewerkschaften können mit den Arbeitgebern Gesamtarbeitsverträge aushandeln, welche den Arbeitnehmern bessere Konditionen einräumen als die gesetzlichen Regelungen. Besondere Bedingungen bestehen auch für Angestellte der Bundesverwaltung (Bundespersonalgesetz). Obwohl bzw. gerade weil der Arbeitnehmerschutz im Vergleich zu umliegenden Staaten eher schwach ausgebildet ist, beträgt die Arbeitslosigkeit im Durchschnitt nur etwa 2–3 %. Ebenfalls sind Streiks und Arbeitskämpfe eher selten. Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die so genannten Sozialpartner, sind in den meisten Fällen bemüht, Arbeitskonflikte durch Verhandlungen gütlich beizulegen. Diese Sozialpartnerschaft hat Tradition; sie wurde in den 1930er Jahren als Reaktion auf den bevorstehenden 2. Weltkrieg geschaffen und hat sich bis heute bewährt. Allerdings hat die Gewerkschaft UNIA 2005 und 2006 öfters die Sozialpartnerschaft gebrochen und nach Meinung von Kritikern unnötig Arbeitsplätze und Unternehmen gefährdet. Eine weitere Besonderheit des schweizerischen Arbeitsrechtes ist es, dass bei Massenentlassungen kein gesetzlicher Anspruch auf einen Sozialplan besteht. Wenn ein solcher trotzdem angeboten wird, so geschieht das auf freiwilliger Basis oder (bei solventen Arbeitgebern) auf mehr oder weniger sanften Druck der Gewerkschaften bzw. der öffentlichen Meinung.

Kündigungsschutz im deutschen Arbeitsrecht (Gesetzliche Regelungen)

Gesetzliche Regelungen

Der gesetzliche Kündigungsschutz ist vor allem im Kündigungsschutzgesetz (KSchG) geregelt und wird durch zahlreiche tarifvertragliche Regelungen und gegebenenfalls auch einzelvertragliche Bestimmungen ergänzt. Der Kündigungsschutz umfasst Regelungen, die

  • für den Ausspruch einer Kündigung bestimmte Formen (Schriftform gem. § 623 BGB) oder Fristen (zwei Wochen nach Kenntnis des Vertragsverstoßes für die fristlose Kündigung gem. § 626 Abs. 2 BGB) verlangen;
  • vom Ausspruch der Kündigung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Einhaltung von Mindestfristen vorsehen (vgl. Kündigungsfristen im Arbeitsrecht);
  • die grundsätzlich freie Kündigungsmöglichkeit für den Arbeitgeber dadurch einschränken, dass nur bestimmte Gründe eine Kündigung rechtfertigen können (hier vor allem durch die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes);
  • in Betrieben mit Betriebsrat (im öffentlichen Dienst: Personalrat, im kirchlichen Bereich: Mitarbeitervertretung) die Kündigung von einer ordnungsgemäßen Beteiligung des Betriebsrats vor Ausspruch einer Kündigung abhängig machen (v. a. § 102 BetrVG [2]);
  • eine Kündigung bestimmter Personen oder Arbeitnehmer mit bestimmten Funktionen generell verbieten oder von der Genehmigung einer staatlichen Behörde oder der Zustimmung des Betriebsrats abhängig machen (sogenannter Sonderkündigungsschutz );
  • eine Kündigung aus bestimmtem Anlass verbieten (z. B. Kündigung wegen Betriebsübergang, vgl. § 613a BGB) oder wegen eines bestimmten Motivs (z. B. Maßregelungsverbot gemäß § 612a BGB).
  • die Auswahl der zu kündigenden Mitarbeiter bei betrieblichen Kündigungen vorschreiben. (die sogenannte Sozialauswahl)

Die Diskriminierungsverbote des europäischen Rechts, insbesondere das Verbot der Altersdiskriminierung treten heute neben die hergebrachten Grundsätze der krankheitsbedingten Kündigung und der Sozialauswahl bei betriebsbedingter Kündigung. Welchen Einfluss diese Diskriminierungsverbote genau haben werden, ist noch nicht absehbar und sorgt zurzeit für eine nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit. Erste Gedanken dazu finden sich jedoch in der juristischen Literatur, so insbesondere bei:

  • Sprenger, Markus: Das arbeitsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung nach der Richtlinie 2000/78/EG (Konstanzer Schriften zur Rechtswissenschaft, Bd. 229), Hartung-Gorre Verlag, Konstanz 2006, ISBN 3-86628-103-X mit ausführlichem Literatur- und Rechtsprechungsverzeichnis.

Vor- und Nachteile eines arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzes

Vorteile

  • Soziale Stellung: Ein Kündigungsschutz soll die schwächere Vertragspartei schützen sowie eine soziale Sicherheit für eine geregelte Arbeitsstelle garantieren.
  • Es entstehen für beide Seiten (Arbeitgeber wie Arbeitnehmer) eine längerfristige Planbarkeit und größere soziale Stabilität.
  • Eine Lockerung oder Abschaffung des Kündigungsschutzes könnte zu mehr Verunsicherung bei den Arbeitnehmern führen. Aus Angst um ihre finanzielle Zukunft könnte die Binnennachfrage stark geschwächt werden.
  • Bei stabilen Vertragsverhältnissen haben die Arbeitgeber ein größeres Interesse daran, in berufliche Fortbildungen der Mitarbeiter zu investieren. Insgesamt ergibt sich hieraus ein größeres Angebot an qualifizierten Arbeitskräften.
  • arbeitsrechtliche Kündigungen, die personen-, verhaltens- oder betriebsbedingt begründet sind, lässt das deutsche Kündigungsschutzgesetz zu. Dieses Gesetz verhindert also keine begründete Kündigung, sondern schützt lediglich die Arbeitnehmer/innen vor Willkür seitens des Arbeitgebers. Beispiel: Sekretärin erhält die Kündigung nachdem sie sexuelle Avancen ihres Chefs zurückweist; das Kündigungsschutzgesetz macht derartige Kündigungen unwirksam, um Nötigung und Erpressung zu verhindern.
  • Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen: Durch die Einschränkung des Lohnwettbewerbs verschieben sich die Handlungsoptionen zugunsten von Prozess- und Produktverbesserungen der Unternehmen.
  • Die durchschnittliche Dauer des Arbeitsverhältnisses steigt, es verringert sich die Häufigkeit der Betriebswechsel. Damit fallen weniger Kosten für die Personalbeschaffung und -qualifizierung an. Ebenso verringert sich der Aufwand für die Arbeitsvermittlung.

Nachteile

  • Unternehmen warten länger mit Einstellungen bis diese unvermeidbar sind bzw. bis ein vorteilhafteres Chancen-Risiko-Verhältnis gegeben ist (Risiken hier z. B. Weiterbeschäftigungspflicht trotz verschlechterter Auftragslage; andererseits Risiko des Nichtausschöpfens des Marktpotentials bei zu wenig (oder überlasteten) Mitarbeitern). Dies führt zu höherer Arbeitslosigkeit.
  • Hohe Arbeitsgerichtskosten: Je rigider der Kündigungsschutz, desto wahrscheinlicher ein Arbeitsgerichtsverfahren im Falle einer Kündigung. Damit erhöhen sich die impliziten Kosten eines jeden Arbeitnehmers. Daher schlagen Befürworter eines liberaleren Kündigungsschutzrechts vor, Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu ermöglichen, beim Abschluss eines Arbeitsvertrages im Rahmen der Vertragsfreiheit auf ein Arbeitsgerichtsverfahren zu verzichten und stattdessen Abfindungszahlungen zu vereinbaren.
  • Kündigungsschutz als Standortfaktor : Multinationale Unternehmen könnten möglicherweise eher in Staaten mit geringem Kündigungsschutz Stellen schaffen als in Staaten mit hohem Kündigungsschutz.
  • (nur DE) Kündigungsschutz führt zur Weigerung der Unternehmen ältere Arbeitnehmer einzustellen, da aufgrund der Sozialauswahl ältere Arbeitnehmer nur sehr schwer wieder entlassen werden können. Ähnliches gilt bei der Einstellung von Frauen in gebärfähigem Alter.
  • Die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit für den Einzelnen steigt, während in Ländern ohne Kündigungsschutz nach einer Entlassung auch relativ schnell wieder eine Einstellung erfolgt. Die Belastung der Arbeitslosigkeit für den Einzelnen ist also höher.
  • Strukturkonservativ: Eine Erneuerung der Wirtschaftsstruktur (z. B. eine Verschiebung vom 1. zum 3. Sektor) wird ausgebremst.
  • Die Wirtschaftlichkeit der Unternehmen wird geschwächt, da weniger Lohnwettbewerb stattfindet.
  • Insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit wird verstärkt, da eine Einstellung von jüngeren Arbeitnehmern ein zu großes Risiko birgt, lange auf einem unproduktiven Arbeitnehmer zu „sitzen" (Empirisch findet das z. B. in Frankreich, Südkorea und Deutschland statt)
  • Nach einer Studie des Ifo-Instituts steigt bei starrem Kündigungsschutz (wie in Deutschland) die Beschäftigungsschwelle
  • Die Bewerbung aus ungekündigter Stelle mit längerer Kündigungszeit wird erschwert, da neue Arbeitgeber häufig nicht lange auf einen neuen Mitarbeiter warten wollen.

Siehe auch

Gesetzestexte

Wissenschaftliche Informationsplattform

PRO Kündigungsschutz im Arbeitsrecht


KONTRA Kündigungsschutz im Arbeitsrecht

Literatur

Allgemein

  • Addison, John T.; Teixeira, Paulino (2001): The economics of employment protection. Bonn. IZA discussion paper Nr. 381. Link
  • Bassanini, Andrea; Duval, Romain (2006): Employment patterns in OECD countries. Reassessing the role of policies and institutions. Paris. OECD social, employment and migration working papers Nr. 35. Link
  • Bonin, Holger (2004): Lockerung des Kündigungsschutzes: ein Weg zu mehr Beschäftigung?. Bonn. IZA discussion paper Nr. 1106. Link
  • Dolado, Juan Jose; Jansen, Marcel; Jimeno, Juan F. (2007): A positive analysis of targeted employment protection legislation. Bonn. IZA discussion paper Nr. 2679. Link
  • Flaig, Gebhard; Rottmann, Horst (2005): Labour market institutions and employment thresholds an international comparison. München. Ifo working paper Nr. 15. Link
  • Flaig, Gebhard; Rottmann, Horst; (2004): Erhöht der Kündigungsschutz die Beschäftigungsschwelle?. In: Ifo-Schnelldienst. Wochenberichte, Jg. 57, Nr. 17. S. 13–17; Link
  • Organisation for Economic Co-operation and Development (Hrsg.) (2004): Employment protection the costs and benefits of greater job security. In: OECD Policy Brief, No. September. S. 1–8. Link

zur Lage in Deutschland

  • Düwell, Franz Josef (Hrsg.); Schultheiß, Michael (Hrsg.); Weyand, Joachim (Hrsg.); (2006): Mehr Arbeit durch weniger Arbeitsrecht? Arbeitsmarkt und Kündigungsschutz in den neuen Bundesländern. Dokumentation einer Tagung des Erfurter Forum für Arbeits- und Sozialrecht am 8. Dezember 2005. Erfurt; Link
  • Jahn, Elke J. (2004): Der Kündigungsschutz auf dem Prüfstand. Sankt Augustin: Konrad-Adenauer-Stiftung. Arbeitspapier Nr. 138. Link
  • Janßen, Peter (2004): Arbeitsrecht und unternehmerische Einstellungsbereitschaft. In: IW-Trends, Jg. 31, H. 2. S. 16–25; Link
  • * Bauer, Thomas K.; Bender, Stefan; Bonin, Holger (2004): Arbeitsmarkt-Reformen: Betriebe reagieren kaum auf Änderungen beim Kündigungsschutz. Nürnberg: 4 S.; IAB-Kurzbericht Nr. 15/2004. Link

Fußnoten


Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten!
Abgerufen von „https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Kündigungsschutz&oldid=41303631"