„Kuhlenbau" – Versionsunterschied
Version vom 27. Februar 2025, 18:34 Uhr
Der Kuhlenbau ist ein Abbauverfahren, das eine Art des Tagebaus darstellt.[1] Das Verfahren wurde bereits in der Steinzeit beim Feuersteinbergbau angewendet.[2] Später wurde der Kuhlenbau in der vorindustriellen Phase des Braunkohlebergbaus im Rheinland,[3] in der Ville bei Brühl-Unkel,[4] eingesetzt.[3] Aber auch zum Abbau von Ton wurde das Verfahren verwendet.[5] Dennoch hatte dieses Abbauverfahren ebenso wie der Tummelbau nur lokale Bedeutung.[6] Das Verfahren ist ein regelloser Tagebau, der oftmals von Eigenlöhnern durchgeführt wurde.[4] Es war praktisch der Übergang vom Tagebau zum Untertagebau, deshalb wird es auch „unechter Tagebau" genannt.[3] Das Verfahren ist geeignet für Lagerstätten mit geringmächtigem Hangenden und wenig bis gut haltbarem Liegenden.[7] Es wurde noch bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts im Braunkohlenbergbau angewendet.[4] Allerdings wurde der Kuhlenbau zum Abbau von Braunkohle seltener angewendet als der Tummelbau.[8]
Das Verfahren
Bei diesem Abbauverfahren teuft man zunächst einen viereckigen[9] oder runden Schacht [2] mit einer Fläche von bis zu 16 Quadratfuß.[9] Die Schächte werden durch das Deckgebirge bis auf die Lagerstätte geteuft.[2] Eine Schachtzimmerung wird nur selten benötigt, da die Schächte nur eine kurze Zeit erhalten bleiben.[10] Es muss jedoch stets darauf geachtet werden, dass die Stöße des Schachtes fest stehen bleiben.[5] Falls jedoch eine Zimmerung erforderlich ist, dann besteht diese nur aus Spreizen.[10] Die Stöße werden in der Regel seiger erstellt. Bei Deckschichten mit geringerer Standfestigkeit können diese gegrabenen Schächte auch trichterförmig erstellt werden.[2] Das Verfahren mit geböschten Stößen hat sich besser bewährt und wurde auch bergrechtlich vorgeschrieben. Die Böschungen werden mit einer Neigung von 45° erstellt.[9] Durch diese Bauweise haben diese Löcher an der Tagesoberfläche einen Durchmesser, der etwa viermal so groß ist wie an der Sohle.[2]
Der nun entstandene, bis zum natürlichen Wasserstand reichende, Hohlraum wird Kuhle genannt.[11] Der Ansatzpunkt für die erste Kuhle wird idealerweise an einem Abhang gewählt, damit der Abraum für die erste Kuhle nicht abtransportiert werden muss.[10] Das Mineral (z. B. Braunkohle) wird mittels einfachem Gezähe wie Keilhaue und Spaten hereingewonnen.[12] Anschließend wird das Mineral mit einem Haspel hochgefördert.[11] Zwischen den einzelnen Kuhlen bleibt jeweils ein Sicherheitspfeiler stehen, dieser Pfeiler wird Kuhlenwand genannt.[13] Die Kuhlenwände haben je nach Flözmächtigkeit und Druckverhalten des Deckgebirges eine Stärke von 0,95 Meter bis 1,9 Meter. Auf diese Art und Weise hat jede Kuhle in der Regel zwei Stützen gegen das feste Feld.[10] Wenn der nutzbare Rohstoff aus der Kuhle abgebaut ist, wird der Abraum der nächsten Kuhle in die vorher abgebaute Kuhle gestürzt.[14] Durch diese Vorgehensweise muss der Abraum nicht abgefördert und deponiert werden.[15] Außerdem ist das Verfahren auch auf kleineren Grundstücken geeignet.[11]
Nachteile des Verfahrens
Die Abbauverluste betragen bei diesem Verfahren bis zu 54 Prozent.[16] Ist es nicht möglich, die Kuhlen bis auf den natürlichen Grundwasserspiegel zu erstellen, können die Abbauverluste noch höher liegen.[15] Um diese Abbauverluste zu minimieren, werden die Sicherheitspfeiler teilweise geraubt, indem man seitliche Nischen in den Pfeiler treibt.[17] Damit das Deckgebirge nicht während des Grabens in die Kuhle stürzt, kann jeweils nur eine kleine Nische gegraben werden.[9] Anschließend wird der unterhöhlte Abraum in die Kuhle gestürzt und der restliche Pfeiler abgebaut.[10] Dieses Verfahren eignet sich jedoch nur bei Braunkohlen, die stabil und haltbar sind.[18] Damit der Abbau über mehrere Jahre erfolgen kann, ist ein entsprechend großes Grubenfeld erforderlich.
Problematisch ist der Abbau im Winter, da die Kohlen dann nicht trocknen. Auch die Größe der Kuhlen ist nicht ohne Probleme zu verändern. Bei zu großen Kuhlen würde der Abbau zu lange dauern und durch Witterungseinflüsse würden die Sicherheitspfeiler geschwächt werden, sodass sie dem seitlichen Druck nicht mehr standhalten könnten und einbrechen würden.[8] Bei stark eisenkieshaltiger Braunkohle kann es zur Selbstentzündung der Sicherheitspfeiler kommen.[19] Gefährlich ist das Aufstellen des Haspels auf dem lockeren Deckgebirge, insbesondere dann, wenn die Kuhlenstöße seiger geteuft werden. Hier kann es leicht passieren, dass die Seitenstöße einbrechen und die lockeren Gebirgsmassen in die Kuhle stürzen.[11] Durch den Abbau mittels Kuhlenbau wurde die Oberfläche des Geländes häufig großflächig gestört.[20] Hinzu kommt, dass das Abbauverfahren sehr unwirtschaftlich war.[21] Aufgrund der vielen Nachteile wurde dieses wenig rationelle Verfahren durch den regelmäßigen Tagebau verdrängt.[15]
Literatur
- Heinrich von Dechen: Beschreibung des Kuhlen- und Tummel-Baus in dem Brühler Braunkohlen-Reviere. In: C. J. B. Carsten (Hrsg.): Archiv für Mineralogie, Geognosie, Bergbau und Hüttenkunde. Band 3. Verlag G. Reimer, 1831, ISSN 0931-850X , S. 413–536 (Volltext in der Google-Buchsuche).
Weblinks
- Geschichte des Tagebau (abgerufen am 26. August 2013)
Einzelnachweise
- ↑ William Funk: Die Rohstoffe der Feinkeramik ihre Aufbereitung und Verarbeitung zu Massen und Glasuren. Mit 69 Textabbildungen. Verlag von Julius Springer, Berlin 1933, S. 26, 27.
- ↑ a b c d e Emil Hoffmann: Lexikon der Steinzeit. Neue erweiterte Auflage, Verlag BoD / Books on Demand, 2012, ISBN 978-3-8448-8898-0.
- ↑ a b c Heinrich Veith: Deutsches Bergwörterbuch mit Belegen. Verlag von Wilhelm Gottlieb Korn. Breslau 1871.
- ↑ a b c Otto Hue: Die Bergarbeiter. Historische Darstellung der Bergarbeiter-Verhältnisse von der ältesten bis in die neueste Zeit. Erster Band, Verlag von I. H. W. Dietz Nachf., Stuttgart 1910, S. 368, 369.
- ↑ a b Carl Bischof: Die Feuerfesten Tone, deren Vorkommen, Zusammensetzung, Untersuchung, Behandlung und Anwendung. Mit Berücksichtigung der feuerfesten Materialien überhaupt. Dritte neubearbeitete Auflage, mit 90 in den Text gedruckten Figuren, Verlagsbuchhandlung von Quadt & Händel, Leipzig 1904, S. 31.
- ↑ Adolf Gurlt: Die Bergbau- und Hüttenkunde. Eine gedrängte Darstellung der geschichtlichen und kunstmäßigen Entwicklung des Bergbaues und Hüttenwesens. Mit 109 in den Text eingedruckten Holzschnitten, Druck und Verlag von G. D. Bädeker, Essen 1877, S. 59.
- ↑ Hans Höfer (Hrsg.): Taschenbuch für Bergmänner. Unter Mitwirkung mehrerer Fachgenossen. Zweite verbesserte und vermehrte Auflage, mit 317 Abbildungen. K. K. Bergakademische Buchhandlung Ludwig Nüssler, Leoben 1904, S. 219–221.
- ↑ a b Otto Voigt: Kuhlenbau im Brühler Reviere des rheinischen Ober-Berg-Amts-Distriktes. In: C. J. Heine (Hrsg.): Der Bergwerksfreund, ein Zeitblatt für Berg- und Hüttenleute und für Gewerken, sowie für alle Freunde und Beförderte des Bergbaues und der demselben verwandten Gewerbe. Dreizehnter Band, mit 8 Tafeln Lithographien und vielen in den Text gedruckten Figuren, Druck und Verlag von Georg Reichardt, Eisleben 1850, S. 737, 738.
- ↑ a b c d Albert Serlo (Hrsg.): Leitfaden zur Bergbaukunde. Erster Band. Dritte verbesserte und bis auf die neueste Zeit ergänzte Auflage, mit 640 in den Text gedruckten Holzschnitten und 23 lithographirten Tafeln, Verlag von Julius Springer, Berlin 1878, S. 502 (Digitalisat, Google).
- ↑ a b c d e Albert Serlo: Leitfaden zur Bergbaukunde. Erster Band, vierte verbesserte Auflage, Verlag von Julius Springer, Berlin 1884.
- ↑ a b c d Carl Hartmann: Repertorium der Bergbau- und Hüttenkunde. Enthaltend eine vollständige Zusammenstellung der neueren Fortschritte dieser Wissenschaften; nach den besten in- und ausländischen Quellen zusammengefasst. Zweiter Band, nebst 20 lithographirten Plano-Tafeln, Druck Lithographie und Verlag von Bernhard Friedrich Voigt, Weimar 1840, S. 207–213.
- ↑ Carl Hartmann: Der innern Gebirgswelt Schätze und Werkstätten. Oder gemeinfaßliche Darstellung der Bergbaukunde. Mit vielen Abbildungen auf sechs Tafeln, J. Scheible’s Buchhandlung, Stuttgart 1838, S. 107, 108.
- ↑ Julius Dannenberg, Werner Adolf Frantz (Hrsg.): Bergmännisches Wörterbuch. Verzeichnis und Erklärung der bei Bergbau – Salinenbetrieb und Aufbereitung vorkommenden technischen Ausdrücke, nach dem neuesten Stand der Wissenschaft – Technik und Gesetzgebung bearbeitet. F. U. Brockhaus, Leipzig 1882.
- ↑ Karl A. Jurasky: Deutschlands Braunkohlen und ihre Entstehung. In: Deutscher Boden: Band II. Mit 1 Titelbild und 67 Textabbildungen, Verlag von Gebrüder Borntraeger, Berlin 1936, S. 121.
- ↑ a b c Gustav Köhler: Lehrbuch der Bergbaukunde. 6. Auflage. Verlag von Wilhelm Engelmann, Leipzig 1903.
- ↑ Heinrich Lottner: Leitfaden zur Bergbaukunde. Erster Band. Nach dessen Tode und in dessen Auftrage bearbeitet und herausgegeben von Albert Serlo. Mit 174 in den Text gedruckten Holzschnitten und 2 lithographirten Tafeln, Verlag von Julius Springer, Berlin 1869, S. 315.
- ↑ Friedrich Kick, Wilhelm Gintl (Hrsg.): Karmasch und Heeren’s Technisches Wörterbuch. Dritte Auflage. Ergänzt und bearbeitet am k.k. deutschen polytechnischen Institute in Prag, mit gegen 2000 in den Text gedruckten Abbildungen, I. Band A. – Bremerblau, Verlag der Bohemia Actien Gesellschaft für Papier- und Druck-Industrie, Prag 1876, S. 394, 395.
- ↑ Carl Hartmann: Conversations-Lexikon der Berg-, Hütten- & Salzwerkskunde und ihrer Hülfswissenschaften. Zweiter Band. Buchhandlung J. Scheible, Stuttgart 1840.
- ↑ Carl Friedrich Zincken: Die Physiographie der Braunkohle. Mit 3 lithographirten Tafeln und 49 in den Text gedruckten Holzschnitten. Verlagsbuchhandlung Alfred Krüger, Leipzig 1867.
- ↑ Christoph Bartels: Montani und Silvani im Harz. Mittelalterlicher und frühzeitlicher Bergbau und seine Einflüsse auf die Umwelt. In: Albrecht Jockenhövel (Hrsg.): Bergbau, Verhüttung und Waldnutzung im Mittelalter. Auswirkung auf Mensch und Umwelt. Ergebnisse eines internationalen Workshops in Dillenburg, Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1996, S. 131.
- ↑ Heinrich Rosell: Organisation des rheinischen Braunkohlenbergbaus. In: Glückauf, Berg- und Hüttenmännische Zeitschrift. Verein für die bergbaulichen Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund (Hrsg.), Nr. 42, 62. Jahrgang, 16. Oktober 1926, S. 1388.