„Einwohnerantrag" – Versionsunterschied
Version vom 17. März 2023, 11:54 Uhr
Der Einwohnerantrag (in Baden-Württemberg bis 2015[1] , Bayern und der Stadtgemeinde Bremen: Bürgerantrag) ist ein Instrument der direkten Demokratie in Deutschland. Mit ihm können Einwohner beziehungsweise Bürger einer Gemeinde den Gemeinderat verpflichten, sich mit einer bestimmten Angelegenheit in einer öffentlichen Sitzung zu befassen. Der Einwohnerantrag verpflichtet den Gemeinderat jedoch nicht in allen Bundesländern, auch eine Sachentscheidung herbeizuführen.
Rahmenbedingungen in den Bundesländern
Die Rechtsgrundlage für Einwohneranträge bilden die gültigen Gemeindeordnungen der deutschen Bundesländer. Dabei gelten je Land unterschiedliche Vorschriften für die Antragsberechtigten Personen. Zum Teil wird das notwendige Quorum auch nicht an der Gesamtzahl der Antragsberechtigten, sondern davon abweichend an allen Einwohner bemessen.
Außerdem kann in einem Teil der Länder auch eine Entscheidung des zuständigen Kommunalgremiums beantragt werden, in anderen ist nur die Behandlung der Angelegenheit ohne zwingende Entscheidung vorgesehen.
In Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind Einwohneranträge auch auf Landkreisebene vorgesehen.
Rahmenbedingungen für Einwohneranträge nach Bundesländern | ||||
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Bundesland | geregelt in | Antragsberechtigte | Quorum (falls nicht anders angegeben: Anteil der Antragsberechtigten) |
Antrag auf Entscheidung |
Baden-Württemberg Baden-Württemberg | § 20b der Gemeindeordnung
§ 41 Kommunalwahlgesetz |
Einwohner ab 16 Jahren | je nach Gemeindegröße 1,5 % (max. 200) oder 3 % (min. 200, max. 2.500) aller Einwohner | nein |
Bayern Bayern [A 1] | Art.18b der Gemeindeordnung, Art. 12b der Landkreisordnung |
Gemeindebürger/ bzw. Kreisbürger |
1 % aller Einwohner | nein |
→ Hauptartikel: Direkte Demokratie in Bayern#Bürgerantrag | ||||
Berlin Berlin (Bezirke) | §§ 44 des Bezirksverwaltungsgesetz | Einwohner ab 16 Jahren | 1000 Einwohner | ja |
→ Hauptartikel: Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Berlin | ||||
Brandenburg Brandenburg | § 14 der Kommunalverfassung | Einwohner ab 16 Jahren | 5 % | ja |
Bremen Bremen [A 2] | § 6 Bürgerantragsgesetz / § 15 der Verfassung Bremerhaven |
Einwohner ab 16 Jahren | Stadt Bremen: 2.500 Einwohner Stadt Bremerhaven: 1 % |
ja |
Hamburg Hamburg | nicht vorgesehen | |||
Hessen Hessen | nicht vorgesehen | |||
Mecklenburg-Vorpommern Mecklenburg-Vorpommern | § 18 der Kommunalverfassung | Einwohner der Gemeinde/des Kreises, ab 14 Jahre | 5 % oder mindestens 2.000 | nein |
Niedersachsen Niedersachsen | § 31 NKomVG | Einwohner der Gemeinde/des Kreises/der Region Hannover, ab 14 Jahre | 2,5 % – 5 % aller Einwohner,
deckelt auf 400-8.000 |
nein |
Nordrhein-Westfalen Nordrhein-Westfalen | § 25 der Gemeindeordnung § 22 der Kreisordnung |
Einwohner ab 14 Jahre | 4 – 5 % aller Einwohner, gedeckelt auf 4.000 – 8.000 |
ja |
Rheinland-Pfalz Rheinland-Pfalz | § 17 der Gemeindeordnung
§ 11d der Landkreisordnung |
Einwohner ab 14 Jahren | 2 % aller Einwohner, maximal 2.000, in Gemeinden min. 10 | ja |
Saarland Saarland | § 21 des Kommunalselbstverwaltungsgesetzes | Einwohner der Gemeinde/des Kreises ab 16 Jahren | 5 % | ja |
Sachsen Sachsen | § 23 SächsGemO
§ 20 SächsLKrO |
Einwohner ab 16 Jahren, in Landkreisen ab 18 Jahren | 5 % | nein |
Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt | § 25 Kommunalverfassungsgesetz | Einwohner ab 14 Jahre | 1 – 3 % | nein |
Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein | § 16f der Gemeindeordnung
§ 16e der Kreisordnung |
Einwohner ab 14 Jahre | 2–5 % | ja |
Thüringen Thüringen [A 3] | § 16 (Kommune) und § 96a (Landkreis) der Kommunalordnung sowie |
Einwohner ab 14 Jahre | 1 % aller Einwohner, gedeckelt auf 300, in Landkreisen max. 1.000 |
ja |
- ↑ Bayern: Die Bezeichnung für das kommunal-politische Instrument lautet hier Bürgerantrag.
- ↑ Bremen: In der Stadtgemeinde Bremen lautet die Bezeichnung für das kommunal-politische Instrument Bürgerantrag, in der Stadtgemeinde Bremerhaven Einwohnerantrag. Des Weiteren existiert der Bürgerantrag auf Landesebene, siehe Volksinitiative.
- ↑ Thüringen: Nicht zu verwechseln mit dem dortigen Bürgerantrag auf Landesebene, siehe Volksinitiative.
Formelle Voraussetzungen
Schriftform und Inhalt
Ein Einwohnerantrag muss ein hinreichend formuliertes Anliegen einschließlich einer Begründung enthalten. Er ist in schriftlicher Form bei der Gemeindeverwaltung einzureichen. Der Antrag muss in deutscher Sprache gestellt werden. Die zusätzliche Einreichung eines Finanzierungsvorschlags verlangen nur wenige Gemeindeordnungen.
Antragsberechtige Personen
Als antragsberechtigte Personen sind in einigen Gemeindeordnungen auch minderjährige Personen genannt (§41 Abs. 1 KomWG BW, §§19 Abs. 1 Bran, 18 Abs. 1 Satz 1 MeVo, 31 Abs. 1 S. 1 Nds, 25 Abs. NRW, 17 Abs. 1 Satz 1 RhPf, 24 Abs. 1 Satz 1 SachsAn, 16 f Abs. SchlH).
Unterstützungsunterschriften
In allen deutschen Bundesländern erfordert der Einwohnerantrag die Unterstützung einer in den Gemeindeordnungen festgelegten Anzahl von Unterstützungsunterschriften durch antragsberechtigte Personen. Über die Form der zu sammelnden Unterschriften bestehen teilweise gesetzliche Regelungen, die fordern, dass die Unterschriftsleistung mit Namen, Geburtsdatum und Anschrift erfolgen muss. Die Unterschriftsleistung unterliegt keiner spezifischen Beurkundung. Jede Unterschriftenliste muss zwingend den gesamten Wortlaut des Einwohnerantrags beinhalten.
Gegenstandsbereich
Ein Einwohnerantrag darf ausschließlich Angelegenheiten zum Gegenstand haben, welche die kommunale Selbstverwaltung betreffen. Ein Antrag, der staatliche Aufgaben betrifft, ist unzulässig. Zudem muss der Gegenstand eines Einwohnerantrags in die Organkompetenz des Gemeinderats fallen und darf nicht den gesetzlich umschriebenen Kompetenzbereich des Bürgermeisters einer Kommune berühren. Ein Positiv- oder Negativkatalog hinsichtlich des Einwohnerantrags existiert nicht, mit Ausnahme von Baden-Württemberg.
Abgrenzung zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheid
Bürgerbegehren und Bürgerentscheid sind Formen direkter Demokratie auf kommunaler Ebene in Deutschland. Hierbei besitzt das Gemeindevolk das Recht, Sachentscheidungen unmittelbar verbindlich zu treffen. Der Einwohnerantrag mündet nicht in ein Bürgerbegehren oder ein Bürgerentscheid.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Gesetz zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28. Oktober 2015. In: Gesetzblatt für Baden-Württemberg, 2015, Nr. 19, S. 870–878. Land Baden-Württemberg, 30. Oktober 2015, abgerufen am 7. Januar 2017.
Volksinitiative | Antrag auf ein Volksbegehren | Volksbegehren | Volksentscheid | Einwohnerantrag | Bürgerbegehren | Bürgerentscheid
Baden-Württemberg | Bayern | Berlin | Brandenburg | Bremen | Hamburg | Hessen | Mecklenburg-Vorpommern | Niedersachsen | Nordrhein-Westfalen | Rheinland-Pfalz | Saarland | Sachsen | Sachsen-Anhalt | Schleswig-Holstein | Thüringen