„Quantenteleportation" – Versionsunterschied
Version vom 29. Juni 2020, 23:17 Uhr
Quantenteleportation ist ein Verfahren der Quantenkommunikation, wobei keine Teilchen im klassischen Sinne von A nach B übertragen werden, sondern die Quanteneigenschaften von Teilchen, d. h. ihr Quantenzustand. Wegen der prinzipiellen Ununterscheidbarkeit von gleichartigen Teilchen ist die Übertragung der Quanteneigenschaften ausreichend, um ein vorhandenes Quantenobjekt am Zielort vollständig zu realisieren.
Die Verwendung des Begriffs Teleportation führt immer wieder zu irreführenden Zeitungsmeldungen.[1] Quantenteleportation ist keine Teleportation im landläufigen Sinne und auch keine Vorstufe davon. Es wird weder Materie noch Energie übertragen. Sie unterscheidet sich grundlegend von der Teleportation der Science Fiction, indem sie ein am Zielort vorbereitetes ‚Empfängerobjekt‘ voraussetzt, auf welches der Zustand des ‚Spenderobjekts‘ gewissermaßen transplantiert wird. Nach der Übertragung befindet sich das Empfängerobjekt in dem Zustand, den das Spenderobjekt vor der Übertragung innehatte. Nach dem No-Cloning-Theorem ist dieser Zustand dann im Spendersystem allerdings gelöscht. Die Übertragung wird über ein ‚Senderobjekt‘ vermittelt.
Bei der Quantenteleportation selbst gibt es keinen Übertragungsweg, keine Übertragungszeit, keine Geschwindigkeit. Insbesondere bewegt sich nichts mit Überlichtgeschwindigkeit. Jedoch erfordert die Zurkenntnisnahme der erfolgten Übertragung die Übermittlung von Messergebnissen, wofür ein ‚klassischer‘ Informationskanal, etwa eine Funkverbindung, gebraucht wird, dessen Signal den Raum durchquert und der höchstens mit Lichtgeschwindigkeit funktioniert.
Anders als im Makroskopischen, wo der momentane Zustand eines Quellsystems feststellbar ist und somit am Zielsystem reproduziert werden kann, lässt sich der quantenmechanische Zustand eines Quellsystems im Allgemeinen gar nicht ermitteln. Jeder der unendlich vielen Polarisationszustände eines Photons zum Beispiel liefert bei einer Messung nur ein Bit an Information und wird dabei zerstört. Daher ist es schon an sich bemerkenswert, dass sich ein Zustand überhaupt von einem auf ein anderes Objekt übertragen lässt.
Die Quantenteleportation ist ein wichtiger Baustein von Quantenkommunikations, -kryptographie und -computing-Protokollen. Eine wesentliche Eigenschaft des Quantenteleportationsprotokolls ist es, dass es auch dann funktioniert, wenn der zu versendende Zustand dem Sender nicht bekannt oder mit einem weiteren System verschränkt ist. Zudem spielt es keine Rolle, in welchem physikalischen System Ausgangs- und Zielzustand vorliegen (die vier beteiligten Systeme (Eingangssystem, die beiden verschränkten Systeme und der Träger der klassischen Information) können durch vier verschiedene physikalische Systeme realisiert werden): es wird nur der Zustand eines Quantensystems, übertragen, nicht das System selbst transportiert.[2] Daher ist gelegentlich auch vom „körperlosen" (engl.: disembodied) Transport die Rede.[3]
Erfindung
Die Idee der Quantenteleportation wurde von Asher Peres, William Wootters, Gilles Brassard, Charles H. Bennett, Richard Jozsa und Claude Crépeau 1993 in den Physical Review Letters veröffentlicht.[4] Quantenteleportation wurde erstmals 1997 von Anton Zeilinger [5] , fast gleichzeitig mit Sandu Popescu, Francesco De Martini und anderen[6] durch quantenoptische Experimente mit Photonen demonstriert. Mittlerweile ist auch die Teleportation der Zustände einzelner Atome möglich.[7] [8]
Qualitative Beschreibung
Neben den klassischen Bits gibt es in der Quantenmechanik sogenannte Qubits, beispielsweise der Spin eines Photons, welche Quanteninformation speichern.[9] Diese unterscheiden sich stark von klassischen Bits. Beispielsweise ist es entsprechend dem No-Cloning-Theorem nicht möglich, sie perfekt zu kopieren, ohne den Zustand des ursprünglichen Qubits zu verändern. Der teleportierte Zustand ist daher nach der Übertragung auf der Senderseite nicht mehr rekonstruierbar. Quantenteleportation bietet eine Möglichkeit, ein Qubit von einem Ort zu einem anderen zu bringen, ohne das Teilchen physisch zu transportieren.
Ablauf
Die Quantenteleportation benötigt zwischen Sender A (Alice) und Empfänger B (Bob) zweierlei Verbindungen:
- Ein System, bestehend aus zwei Qubits {\displaystyle a} und {\displaystyle b}, die so verschränkt sind, dass die Messwerte, die man bei ihnen findet, maximal korreliert sind (stets gleich oder stets entgegengesetzt). Diese Verbindung wird mitunter fälschlich als Informationskanal verstanden.
- Einen konventionellen Kommunikationskanal, beispielsweise eine Funkstrecke.
- Zunächst ist also das System {\displaystyle \{a,b\}} zu preparieren und die Komponente {\displaystyle a} an A sowie {\displaystyle b} an B zu übergeben. Nehmen wir als Beispiel an, die Qubits seien Photonen, und gemessen werde, ob die Polarisation {\displaystyle h} (horizontal) oder {\displaystyle v} (vertikal) sei. Als Verschränkungszustand eignet sich jeder der vier Bellzustände. Wir nehmen {\displaystyle B\{a,b\}=1/{\sqrt {2}},円(h_{a}h_{b}+v_{a}v_{b})}, also die Überlagerung der zwei Zustände, in denen {\displaystyle a} und {\displaystyle b} beide horizontal oder beide vertikal polarisiert sind, beide mit gleichem Gewicht 50 %. Das Zeichen {\displaystyle \otimes } für das Tensorprodukt der Zustände darf zur Entlastung des Formelbildes weggelassen werden: {\displaystyle h_{a}h_{b}} statt {\displaystyle h_{a}\otimes h_{b}} etc.
- C (Chris) prepariert ein weiteres Qubit {\displaystyle c} in einen Zustand {\displaystyle z} und übergibt es A, die seinen Zustand auf das Qubit {\displaystyle b} teleportieren soll. A braucht den Zustand {\displaystyle z} nicht zu erfahren.
- A führt an den Qubits {\displaystyle b} und {\displaystyle c} eine ‚Bell-Messung‘ aus, eine (technisch diffizile) Messung, die das System {\displaystyle \{a,c\}} in einen der vier möglichen Bellzustände {\displaystyle B_{1}\{a,c\},,円\dots ,B_{4}\{a,c\}} bringt und die zwei Qubits dadurch verschränkt. Das Ergebnis teilt sie B über den konventionellen Kanal in einer 2-Bit-Botschaft mit. Dies ist die einzige Information, die bei der Teleportation übermittelt wird.
- B weiß nun, in welchem von vier möglichen Zuständen sich {\displaystyle b} befindet: {\displaystyle z,,円Dz,,円Sz} oder {\displaystyle SDz} ({\displaystyle z} selbst kennt er nicht). Dabei steht {\displaystyle D} für eine Drehung der Polarisationsrichtung um 90° und {\displaystyle S} für eine Spiegelung dieser Richtung an der Diagonalen zwischen {\displaystyle h} und {\displaystyle v}. Durch eine entsprechende Drehung und/oder Spiegelung kann er diese Transformationen zurücknehmen und {\displaystyle b} damit in den Zustand {\displaystyle z} bringen, den ursprünglich Qubit {\displaystyle c} innehatte. Dagegen ist {\displaystyle z} gelöscht in {\displaystyle c}, das nun mit {\displaystyle b} verschränkt ist.
- Dass der Zustand {\displaystyle z} von {\displaystyle c} auf {\displaystyle b} übertragen wurde, bedeutet ausführlich gesagt folgendes: Wenn B nun {\displaystyle b} auf den Polarisationszustand {\displaystyle z} testet, besteht {\displaystyle b} diesen Test mit Sicherheit. Testet er auf einen beliebigen Zustand {\displaystyle u}, so besteht {\displaystyle b} diesen Test mit der gleichen Wahrscheinlichkeit {\displaystyle |\langle z,u\rangle |^{2},} mit der {\displaystyle c} ihn vor der Bell-Messung bestanden hätte. Dagegen besteht {\displaystyle c} nun jeden beliebigen Polarisationstest mit Wahrscheinlichkeit 1/2. Da sich der Zustand eines Qubits (hier {\displaystyle z_{b}}) nicht feststellen lässt, erfährt B ihn aber nicht, es sei denn durch eine Mitteilung auf klassischem Wege. Nur dann kann er auch den Erfolg der Teleportation überprüfen, indem er {\displaystyle b} auf {\displaystyle z} testet.
Mathematische Beschreibung
Als Beispiel soll ein Qubit von Alice zu Bob teleportiert werden. Dieses Qubit {\displaystyle \left|\psi \right\rangle _{\mathrm {C} }} lässt sich in Bra-Ket-Notation in einer Basis aus {\displaystyle \left|0\right\rangle } und {\displaystyle \left|1\right\rangle } darstellen als
- {\displaystyle \left|\psi \right\rangle _{\mathrm {C} }=\alpha \left|0\right\rangle _{\mathrm {C} }+\beta \left|1\right\rangle _{\mathrm {C} }.}
Dabei sind {\displaystyle \alpha } und {\displaystyle \beta } komplexe Zahlen, die auf {\displaystyle \left|\alpha \right|^{2}+\left|\beta \right|^{2}=1} normiert werden können. Der Index {\displaystyle \mathrm {C} } dient lediglich zur Unterscheidung der Teilchen. Alice und Bob besitzen außerdem je ein Qubit eines verschränkten Paares. Das Paar ist in einem der folgenden vier Bell-Zustände:
- {\displaystyle {\begin{aligned}\left|\Phi ^{+}\right\rangle _{\mathrm {AB} }&={\tfrac {1}{\sqrt {2}}}\left(\left|0\right\rangle _{\mathrm {A} }\otimes \left|0\right\rangle _{\mathrm {B} }+\left|1\right\rangle _{\mathrm {A} }\otimes \left|1\right\rangle _{\mathrm {B} }\right)\\\left|\Phi ^{-}\right\rangle _{\mathrm {AB} }&={\tfrac {1}{\sqrt {2}}}\left(\left|0\right\rangle _{\mathrm {A} }\otimes \left|0\right\rangle _{\mathrm {B} }-\left|1\right\rangle _{\mathrm {A} }\otimes \left|1\right\rangle _{\mathrm {B} }\right)\\\left|\Psi ^{+}\right\rangle _{\mathrm {AB} }&={\tfrac {1}{\sqrt {2}}}\left(\left|0\right\rangle _{\mathrm {A} }\otimes \left|1\right\rangle _{\mathrm {B} }+\left|1\right\rangle _{\mathrm {A} }\otimes \left|0\right\rangle _{\mathrm {B} }\right)\\\left|\Psi ^{-}\right\rangle _{\mathrm {AB} }&={\tfrac {1}{\sqrt {2}}}\left(\left|0\right\rangle _{\mathrm {A} }\otimes \left|1\right\rangle _{\mathrm {B} }-\left|1\right\rangle _{\mathrm {A} }\otimes \left|0\right\rangle _{\mathrm {B} }\right)\end{aligned}}}
Alice besitzt dabei das Teilchen des Zustands mit Index {\displaystyle \mathrm {A} }, Bob das Teilchen mit Index {\displaystyle \mathrm {B} }. Im Folgenden wird beispielhaft der Fall angenommen, dass der Zustand {\displaystyle \left|\Phi ^{+}\right\rangle _{\mathrm {AB} }} vorliegt. Dann ist das Gesamtsystem aus drei Qbits im Zustand
- {\displaystyle {\begin{alignedat}{2}\left|\Phi ^{+}\right\rangle _{\mathrm {AB} }\otimes \left|\psi \right\rangle _{\mathrm {C} }&={\tfrac {1}{\sqrt {2}}}&&\left(\left|0\right\rangle _{\mathrm {A} }\otimes \left|0\right\rangle _{\mathrm {B} }+\left|1\right\rangle _{\mathrm {A} }\otimes \left|1\right\rangle _{\mathrm {B} }\right)\otimes \left(\alpha \left|0\right\rangle _{\mathrm {C} }+\beta \left|1\right\rangle _{\mathrm {C} }\right)\end{alignedat}}}
Dies lässt sich umschreiben in eine Form, in der die vier Bell-Zustände der bei Alice gebliebenen Qbits {\displaystyle \mathrm {A} } und {\displaystyle \mathrm {C} } auftauchen, jeweils verschränkt mit einem anderen Zustand des Qbits {\displaystyle \mathrm {B} } bei Bob:
- {\displaystyle {\begin{alignedat}{2}\left|\Phi ^{+}\right\rangle _{\mathrm {AB} }\otimes \left|\psi \right\rangle _{\mathrm {C} }&={\tfrac {1}{2}}{\Big [}&&\left|\Phi ^{+}\right\rangle _{\mathrm {AC} }\otimes \left(\alpha \left|0\right\rangle _{\mathrm {B} }+\beta \left|1\right\rangle _{\mathrm {B} }\right)\\&\quad +&&\left|\Phi ^{-}\right\rangle _{\mathrm {AC} }\otimes \left(\alpha \left|0\right\rangle _{\mathrm {B} }-\beta \left|1\right\rangle _{\mathrm {B} }\right)\\&\quad +&&\left|\Psi ^{+}\right\rangle _{\mathrm {AC} }\otimes \left(\beta \left|0\right\rangle _{\mathrm {B} }+\alpha \left|1\right\rangle _{\mathrm {B} }\right)\\&\quad +&&\left|\Psi ^{-}\right\rangle _{\mathrm {AC} }\otimes \left(\beta \left|0\right\rangle _{\mathrm {B} }-\alpha \left|1\right\rangle _{\mathrm {B} }\right){\Big ]}\end{alignedat}}}
Durch eine Bell-Messung stellt Alice fest, welchen dieser Bell-Zustände {\displaystyle \left|\Phi ^{+}\right\rangle _{\mathrm {AC} },\ \left|\Phi ^{-}\right\rangle _{\mathrm {AC} },\ \left|\Psi ^{+}\right\rangle _{\mathrm {AC} },\ \left|\Psi ^{-}\right\rangle _{\mathrm {AC} }} ihre zwei Qubits einnehmen. Das Ergebnis teilt sie Bob in Form einer konventionellen 2-Bit-Information mit. Durch die Messung wird die Gesamtwellenfunktion beim sogenannten Kollaps der Wellenfunktion auf denjenigen Summanden der vorstehenden Formel reduziert, die den festgestellten Bell-Zustand von {\displaystyle \mathrm {A} } und {\displaystyle \mathrm {C} } enthält:
- Fall 0: {\displaystyle \quad \left|\Phi ^{+}\right\rangle _{\mathrm {AC} }\otimes \left(\alpha \left|0\right\rangle _{\mathrm {B} }+\beta \left|1\right\rangle _{\mathrm {B} }\right)}
- Fall 1: {\displaystyle \quad \left|\Phi ^{-}\right\rangle _{\mathrm {AC} }\otimes \left(\alpha \left|0\right\rangle _{\mathrm {B} }-\beta \left|1\right\rangle _{\mathrm {B} }\right)}
- Fall 2: {\displaystyle \quad \left|\Psi ^{+}\right\rangle _{\mathrm {AC} }\otimes \left(\beta \left|0\right\rangle _{\mathrm {B} }+\alpha \left|1\right\rangle _{\mathrm {B} }\right)}
- Fall 3: {\displaystyle \quad \left|\Psi ^{-}\right\rangle _{\mathrm {AC} }\otimes \left(\beta \left|0\right\rangle _{\mathrm {B} }-\alpha \left|1\right\rangle _{\mathrm {B} }\right)}
Je nach Ergebnis liegt dann das Qbit {\displaystyle \mathrm {B} } bei Bob in einem wohlbestimmten Zustand vor. Die vier Möglichkeiten werden mit gleicher Wahrscheinlichkeit realisiert. Mit einer Wahrscheinlichkeit {\displaystyle {\tfrac {1}{4}}} misst Alice also den Fall 0, in dem das Qubit von Bob den Zustand {\displaystyle \alpha \left|0\right\rangle _{\mathrm {B} }+\beta \left|1\right\rangle _{\mathrm {B} }} besitzt, also den gewünschten Zustand des ursprünglichen Qbits {\displaystyle \mathrm {C} }. In den anderen Fällen (1 bis 3) muss das Qubit von Bob noch mittels eines Quantengatters transformiert werden. Weil Alice Bob ihre Messwerte auf einem normalen, klassischen Kommunikationsweg mitgeteilt hat, kann Bob die passende Transformation durchführen. Diese sind beschrieben durch die Pauli-Matrizen:
- Fall 0: {\displaystyle \quad \sigma _{0}={\begin{pmatrix}1&0\0円&1\end{pmatrix}}}
- Fall 1: {\displaystyle \quad \sigma _{3}={\begin{pmatrix}1&0\0円&-1\end{pmatrix}}}
- Fall 2: {\displaystyle \quad \sigma _{1}={\begin{pmatrix}0&1\1円&0\end{pmatrix}}}
- Fall 3: {\displaystyle \quad \sigma _{1}\sigma _{3}={\begin{pmatrix}0&-1\1円&0\end{pmatrix}}}
Experimentelle Erfolge
Experimente 2003 und 2004
2003 demonstrierte Nicolas Gisin mit seinem Team an der Universität Genf Quantenteleportation mit Photonen über große Distanzen (2 km Glasfaser bei 55 m Abstand)[10] , 2007 auch in kommerziellen Glasfaserkommunikationsnetzwerken (Swisscom).
Im Jahre 2004 gelang es zwei Arbeitsgruppen (Universität Innsbruck und NIST in Boulder Colorado) erstmals, Quantenteleportation mit Atomen (genauer: mit Ionen) durchzuführen.
Ebenfalls im Jahr 2004 gelang es Wiener Forschern um Rupert Ursin und Anton Zeilinger erstmals, außerhalb des Labors einen Quantenzustand eines Photons zu teleportieren. Sie überbrückten eine Strecke von 600 m unter der Donau. Dafür wurde ein Lichtwellenleiter in einen Abwasserkanal unter der Donau verlegt, um den Quantenzustand (die Polarisation) des zu teleportierenden Photons von der Donauinsel (Alice) auf die südliche Donauseite (Bob) auf ein anderes Photon zu übertragen. Bei Alice wurde die Quelle der verschränkten Photonen aufgebaut und eines der verschränkten Photonen des Paares über ein Glasfaserkabel zu Bob übertragen. Das andere Photon des Paares überlagerte Alice mit dem zu teleportierenden Photon und nahm eine Bellzustandsmessung vor – dabei wurde der ursprüngliche zu übertragende Polarisationszustand von Alices Photon zerstört. Die Ergebnisse von Alices Bellzustandsmessung, die zwei der möglichen vier Bellzustände voneinander unterscheiden kann, wurden über einen klassischen Informationskanal zu Bob übertragen, der dann – falls erforderlich – eine entsprechende unitäre Transformation (eine Drehung der Polarisationsrichtung) auf sein verschränktes Photon anwandte, um die Übertragung des Quantenzustandes (also die ursprüngliche Polarisationsrichtung von Alices Photon) auf dieses abzuschließen.
Fortschritte seit 2004
Im Juli 2009 haben Forscher der Universitäten in Auckland (Neuseeland), Griffith Universität in Queensland (Australien) und Doha (Katar) eine Methode vorgeschlagen, wie man einen Lichtstrahl oder ein komplettes Quantenfeld, inklusive der Fluktuationen über die Zeit hinweg, teleportieren kann. Diese „starke" Teleportation (inklusive der Fluktuationen) wird als eine Voraussetzung für einige Quanteninformationsanwendungen angesehen und könnte zur Teleportation von Quantenbildern führen.[11]
Im Mai 2010 berichtete das Wissenschaftsmagazin Nature über die erfolgreiche Quantenteleportation über eine Entfernung von 16 Kilometer, im Freiland durchgeführt von einem chinesischen Team unter der Leitung von Xian-Min Jin. Erreicht wurde eine mittlere Genauigkeit von 89 Prozent, was deutlich über der klassisch zu erwartenden Grenze von 2/3 liegt.[12]
Im Mai 2012 haben Forscher der Chinesischen Universität für Wissenschaft und Technik nach eigenen Angaben mit Hilfe eines Lasers eine Entfernung von 97 Kilometer überwunden und damit einen neuen Rekord aufgestellt.[13] [14] [15]
Im September 2012 veröffentlichte das Wissenschaftsmagazin Nature einen Bericht über eine Quantenteleportation über eine Entfernung von 143 km von La Palma nach Teneriffa.[16]
Im August 2014 berichtete Nature über eine Versuchsanordnung zur Quantenteleportation mit Photonen unterschiedlicher Energie. Sie ermöglicht es, ein Objekt mit niederfrequentem Infrarotlicht zu durchleuchten, dessen Wechselwirkung mit dem untersuchten Objekt sich auf die verschränkten Photonen im sichtbaren Licht auswirkt, welche mit einfachen Digitalkameras zu erfassen sind.[17] [18]
Eine äquivalente Beschreibung von Quantenteleportation im Rahmen der Quantengravitation fanden 2016 Ping Gao, Daniel Louis Jafferis und Aron C. Wall, als sie eine neue Art von Wurmlöchern einführten.[19] [20]
Praktische Bedeutung
Die praktische Bedeutung der Quantenteleportation liegt nicht etwa darin, dass man Informationen oder gar Gegenstände damit überlichtschnell transportieren könnte, wie das bei einer (fiktiven) klassischen Teleportation der Fall wäre. Hingegen ist die Quantenteleportation deshalb von praktischer Bedeutung, weil sie es erlaubt, Quantenzustände zu übertragen, ohne sie dabei durch einen Messvorgang gleichzeitig zu verändern (vergleiche dazu: Quantenmechanische Messung) und ohne dabei ein Quantensystem transportieren zu müssen (der Transport eines Quantensystems vor der Teleportation und das Versenden von klassischer Information genügt). Für Quantencomputer eröffnen sich so technisch vielversprechende Möglichkeiten zur Übertragung, Speicherung und Verarbeitung von Qubits, insbesondere für ein Quanten-Internet.
Literatur
- Paper
- Dik Bouwmeester, Jian-Wei Pan, Klaus Mattle, Manfred Eibl, Harald Weinfurter, Anton Zeilinger: Experimental quantum teleportation. In: Nature 390, 575–579 (1997), doi:10.1038/37539, pdf
- A. Zeilinger: Experimental quantum teleportation.In: Scientific American, April 2000, S. 32–41
- D. Bouwmeester, Pan, Mattle, Eibl, Weinfurter, Zeilinger: Experimental quantum teleportation. In: Phil. Trans. R. Soc. Lond. A 356, 1733 (1998), doi:10.1098/rsta.1998.0245
- Rupert Ursin, Thomas Jennewein, Markus Aspelmeyer, Rainer Kaltenbaek, Michael Lindenthal, Philip Walther, Anton Zeilinger: Quantum teleportation across the Danube. In: Nature 430, 849 (2004), doi:10.1038/430849a
- M. Riebe, H. Häffner, C. F. Roos, W. Hänsel, J. Benhelm, G. P. T. Lancaster, T. W. Körber, C. Becher, Ferdinand Schmidt-Kaler, D. F. V. James, Rainer Blatt: Deterministic quantum teleportation with atoms. In: Nature 429, 734 (2004), doi:10.1038/nature02570
- M. D. Barrett, J. Chiaverini, T. Schaetz, J. Britton, W. M. Itano, J. D. Jost, E. Knill, C. Langer, D. Leibfried, R. Ozeri, David Wineland: Deterministic quantum teleportation of atomic qubits. In: Nature 429, 737 (2004), doi:10.1038/nature02608
- Bücher
- M. Homeister: Quantum Computing verstehen Vieweg-Verlag, Wiesbaden 2015, vierte Auflage, ISBN 978-3-6581-0454-2, S. 125ff.
- B. Lenze: Mathematik und Quantum Computing Logos Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8325-4716-5, S. 41ff.
- M.A. Nielsen, I.L. Chuang: Quantum Computation and Quantum Information Cambridge University Press, Cambridge MA 2000, ISBN 0-521-63503-9, S. 26ff.
- W. Scherer: Mathematik der Quanteninformatik Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg 2016, ISBN 978-3-6624-9079-2, S. 191ff.
- C.P. Williams: Explorations in Quantum Computing Springer-Verlag, London 2011, zweite Auflage, ISBN 978-1-8462-8886-9, S. 483ff.
Weblinks
- Quantenteleportation
- Quantenkommunikation-im-All
- Nicht mal Gott weiss, wie es ausgeht – Interview mit Anton Zeilinger in der Weltwoche. Ausgabe 48/05
- Physik-Nobelpreisträger Theodor W. Hänsch spricht über Aspekte der Quantenteleportation Umfangreiches Interview zur Quantenmechanik, vom 22. Juli 2008
Einzelnachweise
- ↑ Stuttgarter Nachrichten, Stuttgart Germany: Quantencomputer – Ist Beamen bald möglich?: Google: Durchbruch beim Quanten-Computing gelungen. Abgerufen am 11. Juni 2020.
- ↑ Interview mit Physik-Nobelpreisträger Prof. Dr. Theodor W. Hänsch, Teil 5: Quantenteleportation und Quantenkryptographie (Memento vom 12. Oktober 2008 im Internet Archive )
- ↑ Braunstein, Sam L.: Quantum Teleportation. In: Fortschr. Phys. Band 50, Nr. 5-7. Wiley, 17. Mai 2002, S. 608–613, doi:10.1002/1521-3978(200205)50:5/7 (englisch).
- ↑ C. H. Bennett et al.: Teleporting an unknown quantum state via dual classical and Einstein-Podolsky-Rosen channels. In: Phys. Rev. Lett. 70, 1895 (1993), doi:10.1103/PhysRevLett.70.1895
- ↑ D. Bouwmeester, J. W. Pan, K. Mattle, M. Eibl, H. Weinfurter, A. Zeilinger Experimental Quantum Teleportation, Nature 390, 575–579 (1997)
- ↑ Boschi, Branca, De Martini, Hardy, Popescu Experimental Realization of Teleporting an Unknown Pure Quantum State via Dual Classical and Einstein-Podolsky-Rosen Channels, Phys. Rev. Lett. 80, 1121 (1998), Arxiv
- ↑ S. Olmschenk, D. N. Matsukevich, P. Maunz, D. Hayes, L.-M. Duan, C. Monroe, Quantum Teleportation Between Distant Matter Qubits , Science 323 (5913), 486–489 (2009) (online, arXiv)
- ↑ C. Nölleke, A. Neuzner, A. Reiserer, C. Hahn, G. Rempe, S. Ritter, Efficient Teleportation Between Remote Single-Atom Quantum Memories, Phys. Rev. Lett. 110, 140403 (2013) (online, arXiv)
- ↑ Lluís Masanes, Markus P. Müller, Remigiusz Augusiak, and David Pérez-García, "Existence of an information unit as a postulate of quantum theory", (2012) aRxIV 1208.0493
- ↑ I. Marcikic, H. de Riedmatten, W. Tittel, H. Zbinden, N. Gisin, Long-distance teleportation of qubits at telecommunication wavelengths, Nature, Band 421, 2003, S. 509–513, Abstract
- ↑ Quantum Teleportation of Light (englisch) – Zusammenfassung bei der Bibliothek der Cornell-Universität , vom 3. Oktober 2008 (Abgerufen am 20. Mai 2012)
- ↑ Experimental free-space quantum teleportation (englisch) – Zusammenfassung bei Nature, vom 16. Mai 2010 (Abgerufen am 20. Mai 2012)
- ↑ Teleporting independent qubits through a 97 km free-space channel (englisch) – Zusammenfassung bei der Bibliothek der Cornell-Universität, vom 9. Mai 2012 (Abgerufen am 20. Mai 2012)
- ↑ Chinese Physicists Smash Distance Record For Teleportation (englisch) – Artikel bei Technology Review , vom 11. Mai 2012 (Abgerufen am 20. Mai 2012)
- ↑ Quanten-Teleportation Wissenschaftler verschicken Teilchen über 97 Kilometer – Artikel bei Golem.de , vom 12. Mai 2012 (Abgerufen am 20. Mai 2012)
- ↑ Quantum teleportation over 143 kilometres using active feed-forward – Veröffentlichung von Nature, vom 5. September 2012 (Abgerufen am 7. September 2012)
- ↑ Quantum imaging with undetected photons – Veröffentlichung von Nature, vom 28. August 2014 (Abgerufen am 27. August 2014)
- ↑ Physik: Kamera fotografiert mit teleportiertem Licht – Veröffentlichung von Spiegel Online , vom 28. August 2014 (Abgerufen am 28. August 2014)
- ↑ Ping Dao, Daniel Jafferis, Aron Wall, Traversable Wormholes via a Double Trace Deformation, Arxiv 2016
- ↑ Natalie Wolchover: Newfound Wormhole Allows Information to Escape Black Holes, Quanta Magazine, 23. Oktober 2017