„Rübenau" – Versionsunterschied
Version vom 25. März 2018, 13:45 Uhr
Rübenau Große Kreisstadt Marienberg
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Koordinaten: | 50° 36′ N, 13° 18′ O 50.59874722222213.303552777778675Koordinaten: 50° 35′ 55′′ N, 13° 18′ 13′′ O |
Höhe: | 675 (610–780) m |
Einwohner: | 975 (1. Jan. 2015)[1] |
Eingemeindung: | 1. Januar 1994 |
Eingemeindet nach: | Hirtstein |
Postleitzahl: | 09496 |
Vorwahl: | 037366 |
Lage von Rübenau in Sachsen
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Rübenau ist ein Ortsteil der sächsischen Stadt Marienberg im Erzgebirgskreis.
Geografie
Lage
Rübenau ist ein weitverzweigtes Dorf an der äußersten Grenze Sachsens zu Tschechien. Rundum von Wäldern umgeben, liegt es in einer Höhe von 610 m bis 780 m über NN auf dem Erzgebirgskamm. Die 774 Hektar große Streusiedlung besteht aus den ehemals eigenständigen Ortschaften Rübenau, Nieder- und Obernatzschung sowie Einsiedel-Sensenhammer und darin den Häusergruppen Einsiedler Straße, Flügel, Gasse, Grund, Hammerweg, Heidehäuser, Hradschin, Hirschberg, Krähwinkel, Kriegwald, Lochmühle, Maiberg, Neunhäuser, Strohhübel, Wasserhäuser und Ziegengasse.
Ausgedehnte Waldgebiete, auf deutscher Seite der „Kriegwald" und auf tschechischer Seite die „Rothenhauser Waldungen", riegeln den Ort auf deutscher Seite gegenüber seinen Nachbarorten ab. Etwa 2,5 Kilometer nordöstlich liegt der 842 m ü. NN hohe Steinhübel. Südlich und östlich der Ortslage verläuft die Natzschung, die hier die Grenze zu Tschechien bildet.
Durch den Ort führt die Staatsstraße 216 Reitzenhain – Olbernhau. Etwa in der Ortsmitte zweigt von ihr die Staatsstraße 217 nach Ansprung ab, die an der Bundesstraße 171 endet. Seit Anfang 2008 ist die Grenzbrücke nach Kalek (Kallich) für den PKW-Verkehr freigegeben. Der Übergang nach Načetín (Natschung) ist für Fußgänger und Radfahrer geöffnet.
Nachbarorte
Geschichte
Ab Mitte des 16. Jahrhunderts – verstärkt nach der Holzordnung des Kurfürsten Augusts von Sachsen von 1560 – erreichten die Baumrodungen auch die Kammlagen des Erzgebirges. In dem Zusammenhang wird Rübenau, auch Riebenau geschrieben, dreimal erwähnt, aber zunächst nur als der gleichnamige, damals fischreiche Bach (ryba: slawisch „Fisch"): Erstmalig taucht „Rübenau" im Kaufbrief von 1559 auf, als Kurfürst August der Familie Berbisdorf einen Großteil ihrer Güter, Dorfschaften, Wiesen und Waldungen für die Summe von 107.784 Gulden[2] weit unter Wert abkaufte. 1560 wird Rübenau zweimal in der Holzordnung wieder als Bach genannt. Die dritte Erwähnung geschieht am 9. Mai 1571 in einem Schreiben des Oberbergmeisters Markus Röhling und des Schössers Hans Heintze vom Amt Lauterstein an Kurfürst August. Es geht um einen Floßteich an der Rübenau für das Holzflößen. In der Folge wurden mehrere Floßteiche angelegt, wodurch die Flößerei und die Köhlerei nach Rübenau gelangten.
Abgesehen von den ärmlichen Hütten, die sich Holzfäller und Köhler gezimmert hatten, begann die eigentliche Besiedlung des künftigen Dorfes Rübenau 1580 mit dem Müller und Bäcker Georg Müller, der mitten „uffm Walde" in der Nähe des Baches Rübenau abgeholzten Waldboden urbar machte und eine erste kleine Mühle und einen Backofen errichtete. Ihm folgte ab 1590 Jonas Oehmichen, der schon ein kleines Gut bewirtschaftete. Der Ortsname „Ruebenaw" ist erstmals 1595 überliefert. Der Eintrag zu Rübenau im Amtserbbuch des Jahres 1595 des Amtes Lauterstein lautet: "Erste Bestehlich hieran vide Ambts B. N. 1. 194. Ruebenaw [...]
An diesem Ortte ist vor deßen keine Hoffstatt noch Wohnung, sondern nur allein lauter Holz gewesen, Hernachmahlß aber als man Ao 1580. geschrieben, Ist von Churf. Augusto Hoch und Christlöblichster Gedechtnuß George Morler Becken, zum Olbernhaw eine Mahlmuhle mit einem Gang dergestalt zur bawen gdsten [gnädigsten] vorstattet worden, daß er Jherlichen Kegen solchen Genieß mit eingerechnet die Abnuzung von einen abgetriebenen Holz Plaen, so zur Gräserey-trifft und futterung darzur vorreinet, fünff Scheffel Kohrn ins Amt Lauterstein Zinsen sollen." Referenzfehler: Es fehlt ein schließendes </ref>
. verlangte nicht mehr, dass jeder ländliche Untertan zunächst zur Arbeit auf dem Gut verpflichtet war. Nach der Ablösung der Zwangsdienste erzielten die Rübenauer Gutsherren hohe finanzielle Gewinne mit dem Verkauf von Gutsparzellen, die vielfach noch Waldboden waren, an die arbeitsamen dörflichen Untertanen zur Rodung, Nutzung und zum Häuserbau.
Zu den herausragenden Bergbauorten gehörte Rübenau gehörte keineswegs, doch ist auch hier bis weit ins 19. Jahrhundert Bergbau betrieben worden, immer in der Hoffnung, dem steinigen Boden einige geheime Schätze entreißen zu können. Der Abbau von Kupfer-, Zinn- und Eisenerz sowie Hornstein, Kalkstein und Quarz brachte zwar einiges ein, insgesamt blieb die Ausbeute jedoch gering. Vermutlich am ertragreichsten war um 1590 die Zinngrube Buchen und Glückseliger Windbruch.
Dank seiner waldreichen Lage und der in Rübenau, Kallich und Gabrielahütten bestehenden Eisenwerke konzentrierte sich Rübenau vor allem auf die Holzwirtschaft und die Metallindustrie. Im 19. Jahrhundert stand besonders das Nagelschmieden in hoher Blüte, so dass der Ort als „Dorf der Nagelschmiede" bekannt wurde. 1855 ist die Rede von 170 Nagelschmieden. Anfang des 20. Jahrhunderts bestanden u. a. mehrere Sägewerke mit Holzhandlungen, eine Holzdreherei mit Dampfbetrieb, zwei Federkastenfabriken, eine Holzschleiferei, mehrere Nagelfabrikationen und eine Räderfabrik.
Ab 1949 begannen in der DDR in allen Bereichen grundlegende Umstrukturierungen. Vor allem durch Neubau und teilweise durch Verstaatlichung nahmen volkseigene Betriebe (VEB) ihre Tätigkeit auf, darunter eine Holzschleiferei, ein Holzbauunternehmen, NARVA Formplast, ein Fensterbau, eine Knopffabrik, eine schon in den 1920er Jahren entstandene Nagelfabrik, eine Handschuh-Strickwarenfabrik (Zweigwerk des „VEB Polar Karl-Marx-Stadt"), in der viele Frauen Arbeit fanden, sowie eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG). Nach der politischen und ökonomischen Wende von 1990 wurden alle diese Betriebe geschlossen. Außer der Autolackiererei und Instandsetzung GmbH Stephani (Fortführung von NARVA Formplast) und einer kleinen Firma für kunstgewerbliche erzgebirgische Artikel gibt es im Ort keine Produktionsunternehmen mehr.
In Handel und Gewerbe verfügte Rübenau bis 1990 jahrzehntelang über acht Lebensmittelgeschäfte, sechs Bäcker, drei Fleischer, sechs Tischler, drei Klempner, acht Zimmerer, vier Schlosser, vier Schneider, drei Friseure, zwei Sattler, neun Schuhmacher, eine Drogerie, einen Maler, eine Brauerei sowie ein Textil- und Haushaltswarengeschäft. Anzutreffen waren 2018 nur noch zwei Lebensmittelgeschäfte, ein Klempner und zwei Friseure. Das öffentliche Leben liegt weitgehend brach.
In der DDR war Rübenau ein staatlich anerkannter Erholungsort. Neun auswärtige Betriebe hatten ihre Ferienheime in Rübenau. Nach 1990 wurden sie alle aufgelöst. Die Anzahl der Feriengäste sank dramatisch. Dieser Rückgang ist eine erhebliche wirtschaftliche Einbuße für Rübenau. Zum benachbarten böhmischen Erzgebirge sind die Beziehungen seit dem Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union im Jahre 2004 jedoch intensiver geworden.
Die in den 1990er Jahren sanierte Hauptschule wurde Anfang 2018 abgerissen. Abbruch droht auch dem teilweise sanierten Gemeindeamt. Auf eine neue Nutzung warten seit langem auch das denkmalgeschützte Herrenhaus und der Gasthof „Weißer Hirsch" (Stand: März 2018).
Viele Arbeitskräfte von Rübenau sind seit der politischen und ökonomischen Wende von 1990 nach wie vor gezwungen, weite Wege zu ihrem Arbeitsplatz zurückzulegen oder umzusiedeln. Von 1990 bis 2015 ist in Rübenau infolge der erwähnten Einbußen die Einwohnerzahl von 1223 auf 975 gesunken. Die Geborgenheit in der Heimatregion und das Verbundenheitsgefühl der Menschen untereinander haben abgenommen.
Entwicklung der Einwohnerzahl
Einwohnerzahlen von Rübenau mit Ober- und Niedernatzschung, ab 1875 einschließlich Einsiedel-Sensenhammer (Eingemeindung)
Literatur
- Rübenau. In: August Schumann: Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungslexikon von Sachsen. 9. Band. Schumann, Zwickau 1822, S. 537–539.
- Ernst Johannes Künzel: Die Parochie Rübenau. in: Neue Sächsische Kirchengalerie, Ephorie Marienberg. Strauch Verlag, Leipzig, Sp. 653–672 (Digitalisat)
- Richard Steche: Rübenau. In: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. 5. Heft: Amtshauptmannschaft Marienberg. C. C. Meinhold, Dresden 1885, S. 27.
Weblinks
- Literatur von und über Rübenau in der Sächsischen Bibliografie
- Rübenau im Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
- ruebenau.de
- Geschichtliches zur „Heilig-Geist-Kirche" Rübenau
- Einsiedel-Sensenhammer im Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
- Gasse im Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
- Hradschin im Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
- Nieder- und Obernatzschung im Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
Einzelnachweise
- ↑ a b Zahlen & Fakten Webseite der Bergstadt Marienberg, abgerufen am 20. März 2018.
- ↑ Carl Wilhelm Hering: Geschichte des sächsischen Hochlandes... Bd. 3. Leipzig 1827. S. 11
- ↑ Volkszählung 2. Dezember 1885: 2476 evangelische und 96 katholische Einwohner
- ↑ Hauptstaatsarchiv Dresden, 10036 Finanzarchiv, Loc. 34002 Rep. 29 Lauterstein, Nr. 0005, Bl. 4-6 (Schösser Johann David Pietsch am 6.Oktober 1671).
- ↑ In 315 Häusern mit 537 Haushaltungen. Ernst Johannes Künzel: Die Parochie Rübenau. in: Neue Sächsische Kirchengalerie, Ephorie Marienberg. Strauch Verlag, Leipzig, Sp. 653–672 (hier: Sp. 654)
- ↑ a b Rübenau im Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
- ↑ a b Rübenau. In: August Schumann: Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungslexikon von Sachsen. 9. Band. Schumann, Zwickau 1822, S. 537–539.
- ↑ Rübenau mit Ober- und Niedernatzschung: 159 Häuser mit 1236 Bewohnern; Einsiedel-Sensenhammer: 32 Häuser mit 236 Bewohnern. Carl Wihelm Hering: Geschichte des sächsischen Hochlandes. Bd. 1, Barth Leipzig 1828, S. 264f. Ernst Johannes Künzel: Die Parochie Rübenau. in: Neue Sächsische Kirchengalerie, Ephorie Marienberg. Strauch Verlag, Leipzig, Sp. 653–672 (hier: Sp. 654).
- ↑ a b Rübenau: 1.160 Einwohner, Ober- und Niedernatzschkau: 310 Einwohner, „Einsiedel mit dem Hofe und dem Sensenhammer": 300 Einwohner. Albert Schiffner: Beschreibung von Sachsen ... Dresden: 1845, S. 273f.
- ↑ In 465 Haushaltungen (Rübenau in 305 Haushaltungen 1336 Bewohner, Niedernatzschung in 27 Haushaltungen 121 Bewohner, Obernatzschung in 52 Haushaltungen 223 Bewohner, Einsiedel-Sensenhammer: in 81 Haushaltungen 864 Bewohnern). Ernst Johannes Künzel: Die Parochie Rübenau. in: Neue Sächsische Kirchengalerie, Ephorie Marienberg. Strauch Verlag, Leipzig, Sp. 653–672 (hier: Sp. 653).
- ↑ Rübenau 1846: 1336 Einwohner, 152 Wohngebäude, Einsiedel-Sensenhammer 1846: 364 Einw., 37 Wohngebäude. Hugo von Bose: Handbuch der Geographie, Statistik und Topographie des Königreiches Sachsen. Dresden 1847. S. 63.
- ↑ Ernst Johannes Künzel: Die Parochie Rübenau. in: Neue Sächsische Kirchengalerie, Ephorie Marienberg. Strauch Verlag, Leipzig, Sp. 653–672 (hier: Sp. 654).
- ↑ Volkszählung 2.12. 1880: Parochie Rübenau in den 304 bewohnten Häusern wohnten in jedem Haus 8 1/2 Personen. Verzeichnis der Hausbesitzer der Parochie Rübenau von 1881 nach Pfarrer Karl Ernst Ziegler. Bearb. u. hrsg. v. K. Ihle und Th. Jantz. Rübenau 2005.