„Binau" – Versionsunterschied
Version vom 4. Februar 2018, 03:27 Uhr
Binau ist eine zum Neckar-Odenwald-Kreis gehörende Gemeinde in Baden-Württemberg. Sie gehört zur europäischen Metropolregion Rhein-Neckar (bis 20. Mai 2003 Region Unterer Neckar und bis 31. Dezember 2005 Region Rhein-Neckar-Odenwald ).
Geografie
Lage
Binau liegt eingebettet in eine langgestreckte Schleife des Neckars zwischen dem Hohen und dem Kleinen Odenwald. Das Gemeindegebiet liegt im Naturpark Neckartal-Odenwald. Nachbargemeinden sind (im Uhrzeigersinn von Norden) Neckargerach, Mosbach und Obrigheim, alle im Neckar-Odenwald-Kreis.
Gemeindegliederung
Zur Gemeinde Binau gehören das Dorf Binau und der Ort Binau-Siedlung, der die Bahnstation und mehrere Fabriken beherbergt.[2]
Geschichte
Binau wurde im Jahre 769 erstmals urkundlich erwähnt, ist aber sicherlich viel älter. Prähistorische Funde weisen bis in die Bronzezeit zurück. Der Ortsname, dessen Endung „au" auf Naturverhältnisse hinweist, lautete 769 Benenheim oder Bienenheim, 772 Beonanheim, 774 Beninheim, 1536 Buenaw, 1629 Binheimb und im 18. Jahrhundert Neckarbinau. Man ist sich nicht sicher, ob die Bedeutung des Namens von einer mit Weidenruten geflochtenen Fischfangvorrichtung, der Benne oder Binne, oder von der Bienenzucht abstammt. Beide, Fisch und Bienenkörbe sind auf dem „redenden" Wappen der Gemeinde abgebildet.
Während der Ära der Stammesherzogtümer lag Binau im Herzogtum Franken.
Der Ort war der benachbarten Burg Dauchstein zugehörig, auf der im 14. Jahrhundert die Herren von Helmstatt Lehensträger waren. Im 15. Jahrhundert erwarb ein Dieter von Collenberg die Burg Dauchstein. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde ein erstes Schloss am Ort errichtet. Dessen Nachfolgebau ist das im Jahre 1742 an derselben Stelle errichtete heutige Schloss. Auf dem Schloss lebten bis zum Ende des 19. Jahrhunderts die weiteren Ortsherren von Binau, die Grafen von Riaucour und von Waldkirch sowie die Freiherren Göler von Ravensburg. Später werden auch Bürgerliche als Besitzer genannt.
1939 wurden 363 Einwohner gezählt, Ende 1945 waren es 464.[3] Im Zweiten Weltkrieg war das Schloss Sitz der SS-Kommandantur der in der gesamten Region seit Herbst 1944 verteilten Außenlager des KZ Natzweiler-Struthof. Es sollten Industriebetriebe hierher in Stollen zur Untertageproduktion verlagert werden (Tarnname Goldfisch GmbH).
Seit 1806 gehörte Binau zum Großherzogtum Baden, wo die Gemeinde Teil des Landkreises Mosbach war, bis dieser 1973 im neuen Neckar-Odenwald-Kreis aufging.
Religionen
In Binau bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/40. Nach den Deportationen in der Zeit des Nationalsozialismus kamen von den 1933 hier noch lebenden 20 jüdischen Einwohnern mindestens elf ums Leben. Die Entstehung der Gemeinde geht in die Zeit des 17. oder Anfang des 18. Jahrhunderts zurück. Die höchste Zahl jüdischer Einwohner wurde um 1839 mit 146 Personen erreicht, mehr als ein Drittel der damaligen Gesamteinwohnerschaft des Ortes. Bis nach 1933 waren eine Metzgerei und ein Manufakturwarengeschäft im Besitz jüdischer Familien.
Politik
Gemeinderat
Die Kommunalwahl im Jahr 2014 führte zu folgender Verteilung der 10 Sitze im Gemeinderat:
Verwaltungsverband
Zusammen mit den Gemeinden Neckargerach, Waldbrunn und Zwingenberg ist Binau Mitglied des Gemeindeverwaltungsverbandes „Neckargerach-Waldbrunn".
Oberhäupter der Gemeinde
Schultheiße
- 1536: Lenhart Ruediger
- 1628: Andreas Queck
- 1664: Hans Georg Endlich
- 1681: Georg Hueter
- 1698: Peter Seppich
- 1729, 1740: Georg Wilhelm Seppich
- 1767: Johann Adam Hüther
- 1770–1799: Jürg Peter Seppich
- 1799–1807: Georg Adam Seppich
- 1807–1809: Johann Georg Bender
Vögte
- 1809–1826: Johann Georg Seppich
- 1826–1835: Johann Georg Dollinger d. Ä.
Bürgermeister
- 1835–1839: Johann Adam Bender
- 1839–1848: Adam Groskopf
- 1848–1860: Johann Georg Dollinger d. Ä.
- 1860–1868: Johann Georg Seppich
- 1868–1873: Johann Georg Dollinger d. J.
- 1873–1879: Karl Großkopf
- 1879–1910: Johann Georg Dollinger d. J.
- 1910–1931: Wilhelm Brand
- 1931–1945: Wilhelm Pfisterer
- 1945–1946: Max Großkopf
- 1946–1954: Ernst Dollinger
- 1954–1986: Ludwig Pfisterer
- 1986–2018: Peter Keller
- seit 1. Februar 2018: René Friedrich[4]
Partnerschaften
Die Gemeinde pflegt eine Partnerschaft mit Lindau im Eichsfeld.
Wappen
In geteiltem Schild oben in Blau zwei goldene (gelbe) Bienenkörbe nebeneinander, unten in Silber (Weiß) ein blauer Fisch.
Das Wappen versinnbildlicht mit den Bienenkörben „redend" den Ortsnamen und mit dem Fisch die Lage der Gemeinde am Neckar und die Neckarfischerei. Das Wappen wurde der Gemeinde am 5. November 1957 verliehen.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
- Schloss Binau liegt im Kern des Ortes oberhalb von einem von Mauern umgebenen Garten, der möglicherweise zentral ausgerichtete Parterres bot, nur wenige Meter über dem Neckarpegel. Nachdem das 1742 anstelle eines Vorgängerbaus errichtete Schloss kurzzeitig als Hotelpension genutzt wurde, ist seit 1963 ein Alten- und Pflegeheim darin untergebracht. Zwischendurch ab September 1944 waren dort die Verwaltung und die Effektenkammer des KZ Natzweiler-Struthof untergebracht.[5] Ab 1996 wurde der Innenbereich des Schlosses renoviert und modernisiert.
- Burg Dauchstein ist die Ruine einer mittelalterlichen Burg am Neckarufer außerhalb des Ortes.
- Im alten Ortskern befindet sich neben dem Schloss außerdem eine mittelalterliche Kirche, die ihre heutige Gestalt durch Umbau im Jahr 1783 erhalten hat. Im Turmchor der Kirche wurden in den 1920er Jahren historische Wandmalereien aus dem 14. Jahrhundert freigelegt, darunter insbesondere das Chorgewölbe mit den vier Evangelistensymbolen. In die Chorwände sind außerdem historische Grabplatten der Herren von Bödigheim aus dem 16. Jahrhundert eingelassen.[6]
- In Binau sind zahlreiche historische Fachwerkhäuser erhalten. Der Keller eines der ältesten Fachwerkgebäude beim Schloss datiert auf 1569.
- Der jüdische Friedhof der Gemeinde wurde 1851 an der Reichenbucher Straße (100 m westlich vom allgemeinen Friedhof entfernt) angelegt (Flurstück 972, Fläche 7,74 ar). Er wurde 1944 zum Friedhof des KZ Neckarelz und des KZ-Außenlagers Neckargerach umfunktioniert. Über 200 Tote der Rüstungsfabrikation bei Obrigheim wurden dort von Oktober 1944 bis März 1945 begraben. Heute erinnert auf dem jüdischen Friedhof ein Gedenkstein an die umgekommenen Häftlinge und Zwangsarbeiter aus mehreren Staaten Europas aus dem Lager Neckarelz und seinen Unterkommandos.
- Die Neckarstaustufe Guttenbach liegt zur Hälfte auf der Gemarkung Binaus.
-
Historisches Gebäude
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Fachwerkgebäude mit Keller von 1569
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Jüdischer Friedhof
Wirtschaft und Infrastruktur
Verkehr
Binau liegt an der „Neckartalbahn" (Heidelberg–Bad Friedrichshall), die seit 2003 von der S-Bahn RheinNeckar halbstündlich bedient wird. Daneben gibt es Busverbindungen nach Mosbach/Eberbach. Durch die am Ufer verlaufende Bundesstraße ist der Ort vom Fluss getrennt.
Bildungseinrichtungen
Binau verfügt über eine Grundschule. Weiterführende Schulen können in den Nachbarorten besucht werden.
Freizeit- und Sportanlagen
- Campingplatz (Fortuna Camping) Binau
- Sportplatz des FC Binau 1927
- Anlage des Schützenvereins Binau
Literatur
- Ernst Brauch: Binau – Kleinod am Neckar. Privatdruck der Gemeinde Binau, 1969
Weblinks
- Der jüdische Friedhof der Gemeinde (auch Fotos vom Gedenkstein der Nazi-Opfer der umliegenden Konzentrationslager mit 82 Namen zu Neckarelz und 91 Neckargerach zugeordneten Namen)
- Collenbergsches Schloss Bödigheim- Geschichte der Freiherren Rüdt von Collenberg.
Einzelnachweise
- ↑ Statistisches Landesamt Baden-Württemberg – Bevölkerung nach Nationalität und Geschlecht am 31. Dezember 2023 (CSV-Datei) (Hilfe dazu).
- ↑ Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden. Band V: Regierungsbezirk Karlsruhe Kohlhammer, Stuttgart 1976, ISBN 3-17-002542-2. S. 306–307
- ↑ Mitteilungen des Württ. und Bad. Statistischen Landesamtes Nr. 2: Ergebnisse der Einwohnerzählung am 31. Dezember 1945 in Nordbaden
- ↑ "René Friedrich holt im ersten Wahlgang über 64 Prozent" in Rhein-Neckar-Zeitung 4. Dezember 2017
- ↑ Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus. Eine Dokumentation, Bd.I, Bonn 1995, S. 25, ISBN 3-89331-208-0
- ↑ Ludwig Schmieder: Die Wandgemälde der Kirche in Binau a.N. in: Mein Heimatland, Badische Blätter für Volkskunde, Karlsruhe 1928 (online)
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