„Magnetismus" – Versionsunterschied
Version vom 25. April 2006, 16:12 Uhr
Magnetismus ist ein physikalisches Phänomen, das sich als Kraftwirkung zwischen Magneten, magnetisierten bzw. magnetisierbaren Gegenständen und bewegten elektrischen Ladungen wie z. B. in stromdurchflossenen Leitern äußert. Die Vermittlung dieser Kraft erfolgt über ein Magnetfeld, das einerseits von diesen Objekten erzeugt wird und andererseits auf sie wirkt. Alle Erscheinungsformen von Magnetismus können letztlich auf die Bewegung von elektrischen Ladungen oder das magnetische Moment von Elementarteilchen als Folge ihres Spins zurückgeführt werden. Der Magnetismus ist ein Teilgebiet des Elektromagnetismus, welcher eine der vier Grundkräfte der Physik repräsentiert.
Magnetfelder
Magnetfelder gehören zur Kategorie der Kraftfelder.
Feldlinien
Magnetische Feldlinien geben in jedem Punkt die Richtung des Magnetfeldes bzw. des Magnetischen Flusses an. Der Abstand zwischen benachbarten Feldlinien ist ein Anhaltspunkt für die Stärke des Magnetfeldes: je dichter die Feldlinien, desto stärker das Feld.
Magnetische Feldlinien haben keinen Anfang und kein Ende, sondern verlaufen als geschlossene Bahnen. In der Magnetostatik gibt es im Gegensatz zur Elektrostatik keine Ladungen – magnetische Monopole sind zwar mathematisch denkbar, alle experimentellen Tatsachen sprechen aber gegen ihre Existenz. Somit ist das Magnetfeld quellenfrei.
Magnetische Feldlinien können durch die Ausrichtung von Eisenfeilspänen sichtbar gemacht werden; für dreidimensionale Demonstrationen kann man die Eisenfeilspäne zum Beispiel in Silikonöl suspendieren.
Magnetische Kraftwirkung
Das magnetische Feld übt eine Kraft auf bewegte Ladungen aus, die sogenannte Lorentzkraft. Sie wirkt senkrecht zu den Feldlinien des Magnetfeldes sowie senkrecht zur Bewegungsrichtung der Ladung.
Das magnetische Feld übt ferner Kräfte auf Magnete und magnetisierbare Körper aus. Im einfachsten Fall kann man diese Probekörper als magnetische Dipole beschreiben. Das Magnetfeld übt auf den Probekörper ein Drehmoment aus und richtet ihn tangential zu den Feldlinien aus. Dieser Effekt wird zum Beispiel beim magnetischen Kompass ausgenutzt, in dem sich die Kompassnadel, ein magnetischer Dipol, nach dem Erdmagnetfeld ausrichtet.
Bei der Wechselwirkung zwischen zwei solchen Dipolen, beispielsweise zwei Stabmagneten, richten sich die beiden Magnete durch dieses Drehmoment zunächst parallel aus. Da sich ungleichnamige Pole anziehen und gleichnamige abstoßen, wenden die beiden Magnete dabei ungleichnamige Pole einander zu. In dieser Anordnung ziehen sich die beiden Magnete an. Ursache ist, dass die Anziehungskraft auf den zugewandten Pol des einen Magneten größer ist als die Abstoßung auf seinen abgewandten, da das Magnetfeld des anderen Magneten mit dem Abstand abnimmt. In der mathematischen Beschreibung der Kraft spielt daher der Gradient des Magnetfeldes eine Rolle.
Die Kräfte zwischen zwei Magneten lassen sich auch über die Betrachtung der Energie erklären, die das Magnetfeld darstellt. Danach wirken die Kräfte stets so, dass die Gesamtenergie des Feldes abnimmt, wenn die Magnete ihnen folgen würden.
Größen und Einheiten
Die Stärke eines Magnetfeldes kann durch zwei verschiedene physikalische Größen ausgedrückt werden, die magnetische Feldstärke H (Einheit: A/m) und die magnetische Flussdichte B (Einheit Tesla). Während die magnetische Feldstärke bei Berechnungen mit elektrischen Strömen von Vorteil ist, verwendet man die magnetische Flussdichte zum Berechnen von induzierten Spannungen oder der Lorentzkraft. Die beiden Feldgrößen sind über einen materialabhängigen Umrechnungsfaktor miteinander verknüpft, der Permeabilität genannt wird.
Stärkstes und schwächstes Magnetfeld
Das mit 0,000000001 Tesla (1 nT) derzeit schwächste Magnetfeld der Erde findet man in einem speziell abgeschirmten kubischen Gebäude der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Berlin. Zweck des Kubus ist die Messung der schwachen Hirnströme von Menschen.
Am National High Magnetic Field Laboratory ([1]) in Tallahassee (Florida) wird das mit 45 Tesla derzeit stärkste (stabile) Magnetfeld der Erde erzeugt. Mittels intensiver Laserstrahlung lassen sich sogar Magnetfelder von bis zu 34.000 Tesla erzeugen - allerdings nur für die extrem kurze Zeitspanne von etwa 10 Picosekunden.
Auf der Oberfläche von Neutronensternen, wie z. B. Pulsaren, herrschen dagegen typischerweise Flussdichten der Magnetfelder von 108 Tesla, bei Magnetaren, einer speziellen Sorte von Neutronensternen, sogar 1011 Tesla.
Elektromagnetismus
Magnetische Felder werden durch die Bewegung elektrischer Ladungen erzeugt. Die Geschwindigkeit (in Betrag und Richtung), sowie die Größe (Betrag und Vorzeichen) der bewegten Ladungen bestimmen die Stärke und Richtung der magnetischen Kräfte. Für eine abstraktere Darstellung des Elektromagnetismus siehe den Artikel Elektrodynamik.
Eine konstante Bewegung von Ladungsträgern bewirkt ein magnetisches Feld, das folgenden Regeln folgt:
- Für einen elektrischen Strom, der durch einen Draht fließt, lässt sich die Richtung des Magnetfelds mit Hilfe der Rechte-Hand-Regel bestimmen: Der Leiter wird so umfasst, dass der abgespreizte Daumen die konventionelle/technische Stromrichtung (entgegen dem Elektronenfluss) anzeigt, dann zeigen die Finger die Richtung des entstehenden Magnetfeldes an.
- Für einen Kreisstrom gilt: Wenn die Finger der rechten Hand in Richtung des Elektronenflusses gekrümmt sind, zeigt der Daumen in Richtung des magnetischen Nordpols.
- Eine andere Regel hierzu ist die so genannte Rechtsschraubenregel.
- Messung von magnetischen Feldern ist u.a. mit Hallsonden möglich.
In elektrischen Leitern, die sich durch ein magnetisches Feld bewegen, wird eine Spannung und gegebenenfalls ein Stromfluss induziert.
Zeitlich veränderliche Bewegung von Ladungsträgern resultiert in einer differenzialen Veränderung im elektrostatischen und magnetischen Feld ihrer Umgebung. Man spricht von elektromagnetischen Wellen wenn die Frequenz der Veränderung sich in gegebenen Medien ausbreitet. Licht (egal ob sichtbar oder unsichtbar) und Rundfunk sind die bekanntesten Formen dieses Prinzipes. Aber auch in der Metallverarbeitung (Induktionsöfen) und zum Erhitzen von sogar nichtleitenden Substanzen kommt diese Form des Elektromagnetismus zur Anwendung (Mikrowellenherd).
Magnetismus der Materie
Magnetisches Moment von Elementarteilchen
Viele geladene Elementarteilchen besitzen ein charakteristisches magnetisches Moment {\displaystyle {\vec {\mu }}}. Es ist mit ihrem Spin verknüpft, den man im Rahmen eines vorstellbaren Bildes als Rotation der Teilchen um sich selbst interpretieren kann.
Elementarteilchen | Bezeichnung | {\displaystyle \mu /({\rm {{JT^{-1}})}}} |
---|---|---|
Elektron | {\displaystyle \mu _{\rm {e}}} | {\displaystyle -9{,}284.764.12(80)\cdot 10^{-24}} |
Myon | {\displaystyle \mu _{\rm {\mu }}} | {\displaystyle -4{,}490.447.99(40)\cdot 10^{-26}} |
Proton | {\displaystyle \mu _{\rm {p}}} | {\displaystyle 1{,}410.606.71(12)\cdot 10^{-26}} |
Neutron | {\displaystyle \mu _{\rm {N}}} | {\displaystyle -0{,}966.236.45(24)\cdot 10^{-26}} |
Magnetisches Moment von Atomen
Das magnetische Moment eines Atoms setzt sich zusammen aus dem Beitrag der Elektronenhülle (Hüllenmoment), und dem im allgemeinen viel schwächeren Kernbeitrag (Kernmoment).
Zum Hüllenmoment tragen das Bahnmoment, das mit dem Bahndrehimpuls der Elektronen verknüpft ist, und das durch den Elektronenspin bestimmte Spinmoment bei. Die Summe der magnetischen Momente der Elektronen einer voll gefüllten (Sub-)Schale ergibt jeweils null, sodass Atome, die keine teilgefüllten Schalen besitzen, kein permanentes Hüllenmoment aufweisen. Im äußeren Magnetfeld wird jedoch ein magnetisches Moment induziert, das seiner Entstehung entgegenwirkt (abstoßende Kraft im inhomogenen Magnetfeld). Atome mit dieser Eigenschaft nennt man diamagnetisch. Atome mit teilgefüllten Schalen weisen hingegen ein permanentes Hüllenmoment auf. Solche Atome heißen paramagnetisch. Auch wenn das Kernmoment sehr klein ist, lässt es sich nicht nur nachweisen (NMR, "Nuclear Magnetic Resonance" = Kernmagnetische Resonanz), sondern auch praktisch anwenden (z.B. Kernspintomografie).
Magnetismus von Festkörpern
Der Magnetismus von Festkörpern hat im Allgemeinen seinen Ursprung im Magnetismus der Atome/Ionen und Elektronen (Spin), aus denen der Festkörper aufgebaut ist. Im engeren Sinne spricht man nur dann von einem magnetischen Material, wenn die elementaren (mikroskopischen) magnetischen Momente so ausgerichtet sind, dass sie sich zumindest nicht vollständig gegenseitig kompensieren, der Stoff also eine makroskopische Magnetisierung aufweist. Bekannte Beispiele sind die ferromagnetischen Metalle Nickel und Kobalt oder auch das Mineral Magnetit. Aber auch wenn ein Stoff keine makroskopische Magnetisierung aufweist, kann er von Magnetfeldern beeinflusst werden; solche Effekte sind in der Regel jedoch viel zu schwach, um sie im Alltag beobachten zu können. Die Magnetochemie, ein Teilbereich der Physikalischen Chemie untersucht die magnetischen Eigenschaften von Substanzen.
Beim Magnetismus von Festkörpern handelt es sich um ein kooperatives Phänomen. Selbst wenn die Bausteine (Atome, Ionen, quasifreie Elektronen), aus denen der Festkörper aufgebaut ist, nichtverschwindende magnetische Momente tragen, weisen nur wenige Materialien eine makroskopische Magnetisierung auf. In der Regel sind die elementaren magnetischen Momente so ausgerichtet, dass sie sich gegenseitig kompensieren. Der Grund dafür ist, dass die Valenzelektronen, die die magnetischen Eigenschaften der Atome bestimmen, nun zur chemischen Bindung beitragen. Bei der Verteilung der Elektronen auf die neuen Bindungszustände wird die gegenseitige Orientierung der Elektronen durch die Austauschwechselwirkung bestimmt. Diese ist in der Regel für eine parallele Ausrichtung der magnetischen Momente energetisch ungünstig. Eine Ausnahme davon stellen z.B. die Übergangsmetalle Eisen, Nickel und Kobalt dar. Solche Stoffe nennt man ferromagnetisch (von lat. ferrum, Eisen). Ab einer bestimmten Temperatur, der sog. Curie-Temperatur (nach Pierre Curie und Marie Curie, Nobelpreis Physik 1903), überwiegt die thermische Energie die Energie der Austauschwechselwirkung, und die ferromagnetische Ordnung wird aufgebrochen. Der Festkörper geht dann in die paramagnetische Phase über. Ob ein Element bzw. ein Festkörper ferromagnetisch ist wird durch das Stoner-Kriterium bestimmt: Ist das Produkt aus Austauschkonstante und Zustandsdichte an der Fermikante größer als eins, so liegt Ferromagnetismus vor. Zu Domänen im Ferromagneten siehe auch Ferromagnetismus.
Die ferromagnetische Ordnung ist ein Spezialfall der magnetischen Ordnung. Neben dem ungeordneten Zustand gibt es noch andere Formen der magnetischen Ordnung, darunter Antiferromagnetismus und Spindichtewellen.
Eine graphische Darstellung des Austauschintegrals ist durch die Bethe-Slater-Kurve gegeben. In dieser graphischen Darstellung kann man erkennen, welche Stoffe ferromagnetisch, antiferromagnetisch oder paramagnetisch sind.
Magnetismus in der Biologie
Magnetische Wechselfelder können über Induktion elektrische Ströme im Gewebe auslösen und können so einen (schwachen) Einfluss auf das Nervensystem haben. Beispielsweise sind bei entsprechenden Feldern sogenannte Magnetophosphene, gemeint sind optische Sinneswahrnehmungen, zu beobachten. Auch der motorische Cortex (Großhirn) kann derartig mit Hilfe der Transkraniellen Magnetstimulation (TMS) stimuliert werden, dass es zu unwillkürlichen Muskelkontraktionen kommt. Des weiteren ist seit langem bekannt, dass magnetische Wechselfelder die Sekretion von Hormonen (Beispiel Melatonin) beeinflussen können.
Vögeln können sich mittels des Erdmagnetfelds orientieren.
Der Arzt Franz Anton Mesmer entwickelte eine Theorie, die 1784 von der französischen Akademie der Wissenschaften geprüft und verworfen wurde, nach der ein Fluid, das Mesmer als Magnetismus animalis bezeichnete, von Mensch zu Mensch übertragbar sei und bei der Hypnose und bestimmten Heilverfahren (Mesmersche Streichungen) eine Rolle spielen sollte.
Magnetismus als Metapher
Umgangssprachlich wird der Begriff Magnetismus auch für menschliche Verhaltensweisen gebraucht. Man spricht davon, dass jemand von einer attraktiven Person oder Sache magnetisch angezogen wird. Ein "Zuschauermagnet" ist eine Sache, bei der die Leute stehen bleiben und sie sich ansehen.
Siehe auch
Weblinks
- Mineralienatlas (Magnetismus)
- Versuche und Aufgaben zum Magnetismus
- Versuche und Aufgaben zum Magnetfeld