„Quinoa" – Versionsunterschied
Version vom 10. Oktober 2016, 10:00 Uhr
Quinoa |
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Quinoa (Chenopodium quinoa) |
Systematik |
Ordnung:
Nelkenartige (Caryophyllales)
Familie:
Fuchsschwanzgewächse (Amaranthaceae)
Art:
Quinoa
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Wissenschaftlicher Name |
Chenopodium quinoa |
Willd. |
Quinoa (gesprochen kiˈnoːa , ursprünglich von Quechua: kinwa, Aussprache: ˈkinwɑ ) (Chenopodium quinoa) ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Gänsefüße in der Familie der Fuchsschwanzgewächse (Amaranthaceae).[1] In den Anden ist sie seit etwa 5000 Jahren als Kulturpflanze bekannt. Die Pflanzen sind anspruchslos und gedeihen bis in sehr große Höhen von 4200 m. (Der nah verwandte und ähnlich verwendete Chenopodium pallidicaule (Cañihua) wird sogar bis in 4550 m Höhe angebaut)[1] . Die einsamigen Nüsschen dieser Pflanzen sind in diesen Hochregionen ein wichtiges Grundnahrungsmittel der Bergvölker, da Mais in diesen Höhen nicht mehr angebaut werden kann.[2]
UN-Generalsekretär Ban Ki-moon erklärte das Jahr 2013 zum Jahr der Quinoa. Die Pflanze soll aufgrund ihrer spezifischen Vorteile helfen, den Hunger auf der Welt, gerade in Zeiten des Klimawandels, zu bekämpfen.[3]
Beschreibung
Quinoa ist eine einjährige krautige Pflanze mit einer Wuchshöhe von 50 bis 150 cm. Der aufrechte Stängel ist verzweigt. Die dicklichen Blätter sind rhombisch und am Rand gezähnt. Die endständigen, aufrechten Blütenstände bestehen aus knäueligen Teilblütenständen. Die unscheinbaren grünen Blüten besitzen eine fünfteilige Blütenhülle. Der oberständige Fruchtknoten entwickelt sich nach Selbstbestäubung zu einer etwa zwei Millimeter großen Nussfrucht.[1]
Quinoa ist allo tetraploid mit einer Chromosomenzahl von 2n = 4x = 36 (36XXXX) und einem diploiden Genom von 967 Mbp.[4] [5]
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Vergleich Quinoa (links) und Weichweizen (rechts)
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Chenopodium quinoa -red faro- - Museum specimen
Systematik
Die Erstbeschreibung von Chenopodium quinoa verfasste 1797 Carl Ludwig von Willdenow.[6]
Synonyme von Chenopodium quinoa Willd. sind Chenopodium album subsp. quinoa (Willd.) Kuntze, Chenopodium album var. quinoa (Willd.) Kuntze, Chenopodium canihua O. F. Cook, Chenopodium ccoyto Toro Torrico, Chenopodium ccuchi-huila Toro Torrico, Chenopodium chilense Pers. (nom invalid.), Chenopodium guinoa Krock., Chenopodium hircinum var. quinoa (Willd.) Aellen und Chenopodium nuttalliae Saff.[7] Im Deutschen sind auch folgende Begriffe für die Pflanze üblich: Inkareis, Reismelde, Inkakorn, Reisspinat, Andenhirse oder Perureis genannt.
Nutzung
Die mineralstoffreichen Blätter werden als Gemüse oder Salat verzehrt. Die senfkorngroßen Samen haben eine getreideähnliche Zusammensetzung, daher wird Quinoa − ebenso wie Amarant − als glutenfreies Pseudogetreide bezeichnet, wobei aber mindestens zwei Quinoasorten dennoch Glutenabschnitte enthalten.[8] Botanisch zählt Quinoa aber zu den Fuchsschwanzgewächsen, und es ist folglich eher mit dem Spinat oder den Rüben verwandt. Der Gehalt an Eiweiß und einigen Mineralien (besonders Magnesium und Eisen) übertrifft sogar den Gehalt bei gängigen Getreidearten. Das Aminosäurespektrum umfasst alle essentiellen Aminosäuren, darunter auch Lysin. Dagegen enthält Quinoa in den Samen kein Vitamin A oder C; die Fettsäuren sind zu über 50 Prozent ungesättigt. Es lässt sich gut anstelle von Reis verwenden.
Der Naturkosthandel führt Quinoa pur oder als Zutat in Müslimischungen. Für die Inkas war es ein Mittel gegen Halsentzündungen. Besonders für Menschen, die unter Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) leiden, bildet es bei den meisten Sorten einen vollwertigen Getreideersatz. Aufgrund dieser Eigenschaften ist es für Allergiker geeignet und in der vegetarischen sowie veganen Küche sehr beliebt. Quinoa eignet sich auch für die Herstellung von glutenfreiem Bier.
Anbau
Weltweite Quinoa-Produktion 2013 (in 1000 Tonnen) | |
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Peru Peru | 52,13 |
Bolivien Bolivien | 50,49 |
Ecuador Ecuador | 0,80 |
Welt gesamt | 103,42 |
Quelle: FAO [9] |
Quinoa stammt aus Südamerika, wo sie seit 6000 Jahren gemeinsam mit Amarant (lokale Bezeichnung Kiwicha) ein Hauptnahrungsmittel ist. Es wurde besonders in den Hochebenen der Anden oberhalb einer Höhe von 4000 m angebaut. Dort waren die beiden Pflanzen für die Menschen unentbehrlich, da Mais als einziger Ersatz in diesen Höhen nicht mehr angebaut werden konnte. Während der spanischen Eroberungszüge und Kriege gegen die Inkas und Azteken im 16. Jahrhundert (siehe Francisco Pizarro und Hernán Cortés) wurde der Anbau von Quinoa und Amarant verboten und sogar unter Todesstrafe gestellt. Damit sollten die Völker geschwächt werden. Das als „unchristlich" eingestufte Nahrungsmittel blieb dadurch in Europa bis in das 20. Jahrhundert hinein nahezu unbekannt.
1993 machte ein Bericht der NASA Quinoa als „neues" Getreide, das sich durch seine hohen Eiweißwerte und einzigartige Aminosäurestruktur besonders für die Nutzung in Controlled Ecological Life Support Systems (z. B. Raumstationen oder Kolonien) eignen würde, international bekannt.[10] [11] Die Nachfrage stieg in den kommenden Jahren in Europa und Nordamerika sprunghaft an. Die steigende Nachfrage führte zu einem erhöhten Weltmarktpreis und steigenden Einkünften der Quinoa-Bauern.[11] Andererseits konnten sich nun immer weniger Bolivianer und Peruaner das stark verteuerte Lebensmittel leisten und mussten auf billigere, industriell verarbeitete Lebensmittel ausweichen.[11]
Laut FAO wurden 2013 weltweit 103.418 t Quinoa geerntet.[9] Hauptanbauländer sind Peru, Bolivien und Ecuador. In Deutschland werden nur geringe Mengen – meist zu Versuchszwecken – angebaut. Wird Quinoa in Mitteleuropa angebaut, so erfolgt die Aussaat von Anfang bis Mitte April. Die Ernte erfolgt ab Mitte September mit Mähdreschern. Da die Körner in den großen Fruchtständen ungleichmäßig reifen, ist nach der Ernte die Trocknung der Körner erforderlich.
Heute wird der Anbau dieses Pseudogetreides im Rahmen von Entwicklungsprojekten in Peru und Bolivien gefördert, da die Pflanzen geringe Ansprüche an Boden und Wasser stellen und als ein gesundes alternatives Nahrungsmittel erkannt wurden.
Durchschnittliche Zusammensetzung
je 100 g essbarer Anteil:[12]
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Quinoa ist verhältnismäßig reich an Eiweiß sowie an den Mineralstoffen Kalium, Magnesium und Phosphor. Es enthält reichlich Vitamin B1 während die anderen B-Vitamine einschließlich Folsäure nur relativ gering vorhanden sind. Die fettlöslichen Vitamine A und E fehlen nahezu vollständig und Vitamin C ist nur in geringen Spuren enthalten. Der Vitamingehalt und Nährwert ist ungefähr dem von Reis vergleichbar. Quinoa enthält jedoch deutlich mehr Mineralien, mehr Eiweiß und eine größere Menge mehrfach ungesättigte Fettsäuren (dafür weniger Kohlenhydrate).
Gesundheitsaspekte
Den Schutz vor Schädlingen erreicht Quinoa durch bitter schmeckende Saponine, die auf der Samenschale liegen. In ungeschältem Zustand ist Quinoa daher ungenießbar. Handelsübliches Quinoa ist geschält oder gewaschen und dadurch vom Saponin befreit und entbittert. Der Saponingehalt wird durch dieses Verfahren erheblich reduziert. Durch ein Erhitzen/Kochen kann etwa ein Drittel der eventuell verbliebenen Saponine unschädlich gemacht werden. Der mögliche Restgehalt an Saponinen ist für den Menschen nicht schädlich, da sie kaum vom Darm aufgenommen werden.
Saponine sind Glycoside von Steroiden, wie diejenigen, die in der Zellmembran vorkommen. Sie zeigen eine große Strukturvielfalt und damit eine große Variabilität in den biologischen Eigenschaften auf. Manche Saponine können den Cholesteringehalt im Plasma (Blutfettwerte) senken.
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Quinoaflakes
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Quinoa, gepufft
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Quinoaflocken
Literatur
- C. Pulvento, M. Riccardi, A. Lavini, R. d’Andria, R. Ragab: SALTMED Model to Simulate Yield and Dry Matter for Quinoa Crop and Soil Moisture Content Under Different Irrigation Strategies in South Italy. In: Irrigation and drainage. 2013, doi:10.1002/ird.1727 .
- C. Cocozza, C. Pulvento, A. Lavini, M. Riccardi, R. d’Andria, R. Tognetti: Effects of increasing salinity stress and decreasing water availability on ecophysiological traits of quinoa (Chenopodium quinoa Willd.). In: Journal of agronomy and crop science. 2012, doi:10.1111/jac.12012 .
- C. Pulvento, M. Riccardi, A. Lavini, R. d'Andria, G. Iafelice, E. Marconi: Field Trial Evaluation of Two Chenopodium quinoa Genotypes Grown Under Rain-Fed Conditions in a Typical Mediterranean Environment in South Italy. In: Journal of Agronomy and Crop Science. 196. Jahrgang, Nr. 6, 2010, S. 407–411, doi:10.1111/j.1439-037X.2010.00431.x .
- C. Pulvento, M. Riccardi, A. Lavini, G. Iafelice, E. Marconi, R. d’Andria: Yield and Quality Characteristics of Quinoa Grown in Open Field Under Different Saline and Non-Saline Irrigation Regimes. In: Journal of Agronomy and Crop Science. 198. Jahrgang, Nr. 4, 2012, S. 254–263, doi:10.1111/j.1439-037X.2012.00509.x .
- G. Gómez-Caravaca, A. Iafelice, C. Lavini, Pulvento, M. Caboni, E. Marconi: Phenolic Compounds and Saponins in Quinoa Samples (Chenopodium quinoa Willd.) Grown under Different Saline and Non saline Irrigation Regimens. In: Journal of Agricultural and Food Chemistry. 60. Jahrgang, Nr. 18, 2012, S. 4620–4627, doi:10.1021/jf3002125 , PMID 22512450.
- Walter Aufhammer: Pseudogetreidearten – Buchweizen, Reismelde und Amarant. Herkunft, Nutzung und Anbau. Eugen Ulmer, Stuttgart 2000, ISBN 3-8001-3189-7.
- S. Geerts, D. Raes: Deficit irrigation as an on-farm strategy to maximize crop water productivity in dry areas. In: Agric. Water Manage. 96. Jahrgang, 2009, S. 1275–1284, doi:10.1016/j.agwat.200904009 .
- S. Geerts, D. Raes, M. Garcia, J. Vacher, R. Mamani, J. Mendoza, R. Huanca, B. Morales, R. Miranda, J. Cusicanqui, C. Taboada: Introducing deficit irrigation to stablize yields of quinoa (Chenopodium quinoa Willd.). In: European Journal of Agronomy. 28. Jahrgang, 2008, S. 427–436, doi:10.1016/j.eja.200711008 .
- S. Geerts, D. Raes, M. Garcia, J. Mendoza, R. Huanca: Indicators to quantify the flexible phenology of quinoa (Chenopodium quinoa Willd.) in response to drought stress. In: Field Crops Research. 108. Jahrgang, 2008, S. 150–156, doi:10.1016/j.fcr.200804008 .
- S. Geerts, D. Raes, M. Garcia, O. Condori, J. Mamani, R. Miranda, J. Cusicanqui, C. Taboada, J. Vacher: Could deficit irrigation be a sustainable practice for quinoa (Chenopodium quinoa Willd.) in the Southern Bolivian Altiplano? In: Agric. Water Manage. 95. Jahrgang, 2008, S. 909–917, doi:10.1016/j.agwat.2008年02月01日2 .
- S. Geerts, D. Raes, M. Garcia, C. Taboada, R. Miranda, J. Cusicanqui, T. Mhizha, J. Vacher: Modeling the potential for closing quinoa yield gaps under varying water availability in the Bolivian Altiplano. In: Agric. Water Manage. 96. Jahrgang, 2009, S. 1652–1658, doi:10.1016/j.agwat.2009年06月02日0 .
- S. Geerts, D. Raes, M. Garcia, R. Miranda, J. Cusicanqui, C. Taboada, J. Mendoza, R. Huanca, A. Mamani, O. Condori, J. Mamani, B. Morales, V. Osco, P. Steduto: Simulating Yield Response of Quinoa (Chenopodium quinoa Willd.) to Water Availability with AquaCrop. In: Agron. J. 101. Jahrgang, 2009, S. 499–508, doi:10.2134/agronj2008.0137s .
- AquaCrop. The new crop water productivity model from FAO
- Thomas Miedaner, Friedrich Longin: Unterschätzte Gestreidearten – Einkorn, Emmer, Dinkel & Co. Agrimedia, 2012, ISBN 978-3-86263-079-0, S. 101.
Film
- Bolivien. Das Jahr der Quino. Dokumentarfilm, Deutschland, 2013, 12 Min., Buch und Regie: Yannick Cador, Elsa Kleinschmager, Chrystelle Barbier, Jennifer Scharwatt, Produktion: arte, Reihe: arte-Reportage, Erstsendung: 25. Mai 2013 bei arte, Inhaltsangabe und online-Video von arte.
Weblinks
- A-Z der Nutzpflanzen
- Lebensmittellexikon
- Anbau und Nährstofftabelle
- Revalorizacion del saber local, en areas de produccion del cultivo de quinua (Region de los Lípez) (Memento vom 21. Februar 2015 im Internet Archive ) (PDF; 824 kB) Adolf Flores Ovando. Potosí 2008 (spanisch)
Einzelnachweise
- ↑ a b c Wolfgang Franke: Nutzpflanzenkunde. 3. Auflage. Georg Thieme, Stuttgart/New York 1985, S. 105–106.
- ↑ Waldemar Ternes, Alfred Täufel, Lieselotte Tunger, Martin Zobel (Hrsg.): Lebensmittel-Lexikon. 4., umfassend überarbeitete Auflage. Behr, Hamburg 2005, ISBN 3-89947-165-2. , S. 952 f.
- ↑ Bolivien und UN setzen auf Quinoa-Pflanze. Gegen Kapitalismus ist ein Kraut gewachsen. In: Süddeutsche Zeitung , 23. Februar 2013. Abgerufen am 23. Februar 2013.
- ↑ F. F. Fuentes, E. A. Martinez, P. V. Hinrichsen, E. N. Jellen, P. J. Maughan: Assessment of genetic diversity patterns in Chilean Quinoa (Chenodpodium quinoa Willd.) germplasm using multiplex fluorescent microsatellite markers. In: Conserv. genet. 10, 2009, S. 369–377 ([1]).
- ↑ "The chromosome number of Chenopodium quinoa is 2n = 4X = 36 with a diploid genome of 967 Mbp" Zhong Yangquanwei, Suresh Neethirajan, Chithra Karunakaran: Cytogenetic analysis of quinoa chromosomes using nanoscale imaging and spectroscopy techniques. In: Nanoscale Research Letters,2013 Yangquanwei et al.; licensee Springer. 8. Jahrgang, Nr. 463, 6. November 2013, doi:10.1186/1556-276X-8-463 (nanoscalereslett.com [abgerufen am 23. Dezember 2015]).
- ↑ Carl von Linné, Willdenow: Chenopodium quinoa. In: Species plantarum. Band 1, Nr. 2. 1797, S. 1301–1302 (Digitalisat bei BHL).
- ↑ Synonyme bei Tropicos, abgerufen 30. Januar 2012
- ↑ Mahlzeit! - Superfood-Hype um Quinoa. Abgerufen am 20. Juli 2016 (deutsch).
- ↑ a b Production:Crops. Food and Agriculture Organization of the United Nations, 2013, abgerufen am 5. Februar 2015 (englisch, die Zahlen für Ecuador sind geschätzt).
- ↑ Quinoa: An Emerging "New" Crop with Potential for CELSS (PDF; 502 kB) bei ntrs.nasa.gov, abgerufen am 7. Februar 2013
- ↑ a b c Quinoa’s Global Success Creates Quandary at Home bei nytimes.com, abgerufen am 7. Februar 2013.
- ↑ Deutsche Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie, Garching (Hrsg.): Lebensmitteltabelle für die Praxis. Der kleine Souci · Fachmann · Kraut. 4. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-8047-2541-6, S. 491. Fehler in Vorlage:Literatur – *** Parameterkonflikt: Unbekannte Parameter: ISBNistFormalFalsch