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Version vom 23. Juni 2016, 12:08 Uhr
Hugo Lenssen KG Lackwerke Zeitz
Die Firma Hugo Lenssen KG Lackwerke Zeitz gehörte zu den ältesten Lackfabriken in Deutschland.1
Inhaltsverzeichnis
1. Geschichte
1.1. 1878 – 1890 1.2. 1890 - 1949 1.3. 1949 - 1972
2. Literatur
Geschichte 1878 – 1890 Hugo Lenssen, geb. 1844 in Düsseldorf, Sohn eines Kaufmanns, betrieb in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts in Paris eine „Agentur für Siegellack, Schreib-, Papierwaren und Litzen". Bei Ausbruch des Deutsch – Französischen Krieges 1870 wurde er aus Frankreich ausgewiesen. In einem Wohnhaus in Linz am Rhein, dem ehemaligen Sommersitz seines Vaters, gründete er 1878 die Firma: „Hugo Lenssen Lack- und Politurenfabrik". 2 In den Produktionsräumen im Keller seines Hauses am Rhein gab es oft das Problem, dass Hochwasser eindrang und die Produktion zeitweise lahmlegte oder sogar eine kurzfristige Verlagerung in andere, höher gelegene Räume erforderte. Für Hugo Lenssen war dies Grund genug, 1890 seine Produktionsstätte von Linz im Rheinland nach Zeitz in die Gartenstraße, die heutige von – Harnack – Straße, zu verlagern. Die Empfehlung für den Standortwechsel hatte er von einem Besucher der Leipziger Messe erhalten, da er in Zeitz und der Thüringer Umgebung doch sowieso einen recht großen Kreis von Abnehmern habe. Damals nannte sich die Firma „Hugo Lenssen Fabrik für Polituren, Lacke und technische Produkte" Hugo Lenssen Lackfabrik Zeitz.1,2
Die Produkte aus dem Unternehmen ließen sich gut verkaufen. Mit neuen Fertigungsanlagen, besonders mit verbesserten Filtriereinrichtungen, konnten störende Fremdstoffe aus den natürlichen Lackrohstoffen restlos abgetrennt werden. Das war eine wichtige Voraussetzung für die Herstellung hochwertiger Qualitätslacke. Lackproduzenten mussten damals auf spezielle Wünsche ihrer Kunden eingehen und über ein möglichst breites Produktionsprogramm verfügen. So kam es, dass im Laufe der Zeit in den verschiedenen Betriebsabteilungen der Lackwerke eine breite Palette von unterschiedlichen Lacktypen gefertigt wurden, nämlich: Spirituslack, Kutschenlack, Fußbodenlack, Holzbeize, Polituren, Speziallack für Kinderwagen etc.. 1903, im 25sten Jahr nach der Betriebsgründung lag der Umsatz bei 18.000 bis 20 000 Mark pro Monat. 1,2
1907 wurde ein am südöstlichen Rand der Stadt gelegenes Grundstück in der Gleinaerstraße bezogen. Gustav Lenssen (* 1885 in Linzhausen, † 1963 in Zeitz), Hugo Lenssens ältester Sohn, war zu dieser Zeit bereits führend in der Firma tätig, so dass nach dem Tod des Vaters 1921 übergangslos unter der neuen Firmierung „Hugo Lenssen Lackwerke Zeitz" weiterproduziert werden konnte. 1,2
Bereits damals wurden in Zeitz Speziallacke aus Schellack mit Nitratzellulose (Nitratzelluloselacke produziert. Um 1909 wurden die in Zeitz entwickelten Bleistiftpolituren mit Schellack und Nitratzellulose bei einem großen Bleistiftproduzenten in Nürnberg erfolgreich eingeführt und jahrzehntelang dorthin gewinnbringend verkauft. Etwa zwanzig Jahre später wurden Bleistiftlacke aus Zeitz mit neuer Rezeptur auf der Basis von Azetylzellulose auf den Markt gebracht. Umfangreiche Erfahrung und besonderes Können erforderte die Fertigung von Öllacken. Diese Arbeit verrichteten seinerzeit hochqualifizierte und sehr erfahrene „Lacksieder". Sie standen auf besonders gefährdeten Posten und waren deshalb in allen Lackfabriken privilegierte Mitarbeiter. Deshalb ist es seinerzeit in den Siedereien vieler Lackfabriken zu Unfällen gekommen. Auch in dem Zeitzer Unternehmen kam es 1915 zu einer folgenschweren Explosion. Drei Menschen starben nach dieser Havarie an ihren Verbrennungen im Krankenhaus von Zeitz. Währen des Ersten Weltkriegs war die Beschaffung von Lackrohstoffen aus Importen (z. B. Schellack) unmöglich geworden. Mit einem der ersten synthetisierten Harze, dem Kumaronharz, stand schon damals ein Austauschprodukt zur Fertigung verschiedener Lackvarianten zur Verfügung. Damit wurden z. B. „Deckfarben für Granaten" gefertigt. Etwa zur gleichen Zeit wurde sehr intensiv mit dem Zeppelinbau und der Herstellung von Flugzeugen begonnen. Die Hülle des Zeppelins und von Flugzeugteilen bestand damals aus Holzrippen, die mit speziellem Leinengewebe überspannt waren. Das Leinengewebe musste mit hochwertigem Speziallack oberflächenveredelt werden. Mit hohem Einsatz wurde in den Lackwerken Zeitz die Entwicklung solcher Speziallacke betrieben und überaus erfolgreich zu Ende gebracht. Von dem Speziallack wurden damals mehrfach Lieferungen von 5.000 bis 10 000 kg gefertigt. Dies war ein sehr lukratives Geschäft, welches die Spezialisierung des Betriebes einläutete. Die Zeppelinwerke haben 1930 die lacktechnischen Leistungen der Zeitzer Firma mit dem Flug des „Graf Zeppelin" LZ127 über die Stadt Zeitz gewürdigt. . . 1,2
Eine schwierige Phase erlebte man während der Weltwirtschaftskrise zu Beginn der dreißiger Jahre. Im Vergleich zu 1929, als das Unternehmen mit einer Jahresproduktion von über 1000 t noch recht gut dastand, verzeichnete man erhebliche Einbußen. Dennoch ging es dem Betrieb im Vergleich zu anderen noch relativ gut, vor allem, weil man es immer verstand, am Rohstoffmarkt rechtzeitig einzukaufen. 1,2 Nach dem 2. Weltkrieg durfte das Unternehmen in Familienbesitz bleiben. Es herrschte, wie überall in Deutschland, akuter Rohstoffmangel. Wenn die Industrieanlagen noch in Takt waren, mussten die Betriebe im Rahmen der Reparationsleistungen für die Siegermächte produzieren. Nur dafür wurden die wenigen beschlagnahmten Rohstoffe freigegeben. In der Zeitzer Lackfabrik wurden damals große Mengen NC – Autolacke für die sowjetische Besatzungsmacht gefertigt und damit Arbeitsplätze für die qualifizierten Facharbeiter erhalten. 1,2
1949 - 1972 1949, nach der Gründung der DDR, war „Planwirtschaft" angesagt. Die immer noch knappen Rohstoffe wurden vorzugsweise den in der Zwischenzeit gegründeten Volkseigenen Betrieben zur Verfügung gestellt. Mit viel Mühe, großem Engagement und Erfindergeist konnten mit damals erhältlichen Austauschstoffen auch Qualitätslacke produziert werden. Auf diese Weise wurde die Produktion aufrecht erhalten. In den Wirtschaftsgremien der DDR war der Einfallsreichtum in der Privatwirtschaft nicht unbekannt. So wurde auch in der sozialistischen DDR über eine gewisse Zeit Privatinitiative wirtschaftlich genutzt und gefördert. Schließlich kam es zur Gründung von „Privatbetrieben mit staatlicher Beteiligung", wenngleich die Wirtschaftsregisseure der DDR am Ende die Beseitigung von Privateigentum an Produktionsmitteln stets im Visier hatten. 1,2 Um 1955 waren auf dem Weltmarkt Möbel mit hochglänzenden, geschlossenporigen Oberflächen wieder in Mode gekommen. Auch der Zeitzer Lackhersteller entwickelte nun ungesättigte Polyesterlacke („Lopolit" UP-Lacke). Während mit den bis dahin bekannten Politurlacken die Fertigung hochglänzender Möbelteile bis zu drei Wochen dauerte (es musste immer wieder lackiert, zwischengelagert und bearbeitet werden), konnten polyesterlackbeschichtete Möbelbauteile bereits am nächsten Tag endbehandelt werden. Die „Lopolit" UP-Lacke aus Zeitz erfüllten damals die hohen Forderungen der Möbel- und Pianoindustrie. 1,2 Als eines von wenigen Unternehmen hatte man sich lange Jahre der Verstaatlichung erfolgreich entziehen können. Einer der Gründe war, dass es mit Gustav Lenssen und seinem Sohn Günter zwei geschäftsführende tätige Komplementäre gab. Im Fall einer Staatsbeteiligung hätten beide ein Betriebsleitergehalt verlangt. Dies zu zahlen, waren die staatlichen Stellen nicht bereit, so dass man bis zum Tod des Vaters im Jahr 1963 noch völlig privat geblieben war. Mit der Übernahme der staatlichen Beteiligung 1963 war Günter Lenssen nunmehr Betriebsleiter der „Lackwerke Hugo Lenssen Zeitz, Betrieb mit staatlicher Beteiligung", wie die Firmenbezeichnung fortan lautete. Mit dem Einstieg des Staates als Anteilseigner wurde das Unternehmen der sogenannten VVB (Vereinigung Volkseigene Betriebe) mit Sitz in Berlin zugeteilt. Man hätte auch einer örtlichen Organisation zugeteilt werden können, war aber froh, dass dem nicht so war, denn in Berlin gab es zunächst Partner mit viel Sachverstand, die den Betrieb auch wirklich voranbringen wollten. 1,2
1972 - 1989 1972 wurde auch dieser Betrieb, wie fast alle Privatbetriebe der DDR, in Volkseigentum überführt. Es entstand der „VEB Lackfabrik Zeitz", zu dessen erstem Betriebsleiter Herr Günter Lenssen von der Belegschaft gewählt wurde. Eine Degradierung im ehemals eigenen Unternehmen oder gar seine Entlassung, wie das etlichen anderen nach der Enteignung passierte, erlebte Günter Lenssen nicht mehr..Er starb ein Jahr später nach kurzer schwerer Krankhheit. 1,2
In den 1970er Jahren wurden im VEB Lackfabrik Zeitz die UV- strahlenhärtenden „Lopolit" UP-Lacke entwickelt. In speziellen Taktstraßen konnten damit erstmals geschlossenporige, hochglänzende Möbelbauteile am laufenden Band - von der Erstbeschichtung bis zur Endbehandlung - gefertigt werden. Zur Leipziger Frühjahrmesse 1974 erhielt dieses Lacksystem die Goldmedaille. Fast zur gleichen Zeit wurde auch ein UP-Finishfolienlack für den einzigen Hersteller von Finishfolien in der DDR entwickelt. Zur Leipziger Herbstmesse 1974 wurde auch dieses Lacksystem mit einer Goldmedaille ausgezeichnet. Damit erhielt der kleinste Betrieb im „Volkseigenen Kombinat Lacke und Farben" zweimal in einem Jahr das an sich nur sparsam vergebene „Messegold". Von diesem Finishfolienlack wurden unter rationellen Lager- und Produktionsbedingungen etwa 4.500 t pro Jahr gefertigt und in Tankzügen an den einzigen Bedarfsträger, den VEB Möbelfolienfabrik Biesenthal, geliefert. 1,2
So gesehen ging es also zügig voran, so dass die Produktion beispielsweise bis zum Wendejahr 1989 auf 16 000 t anstieg. Vieles andere lag aber nach der Verstaatlichung im argen. Zwar wurde auf Teufel komm raus produziert, darüber vergaß man aber seine Produktionshilfsmittel, wie Bausubstanz, Maschinen und Anlagen, in Schuss zu halten. Der Maschinenbestand veraltete zunehmend, und auch sonst waren die Investitionen äußerst dürftig. An Umweltschutz mochte auch wohl niemand denken, so dass beispielsweise ein Teil der Böden (6,8% der Gesamtfläche) mit Kohlenwasserstoffen verseucht wurde. Vielfalt, die früher lange Zeit kennzeichnend für das Produktprogramm war, gab es nicht mehr. Im Gegensatz zur Produktionsmenge, die sich von 1972 bis 1989 mehr als verdoppelte, wuchs die Lenssen-Belegschaft lediglich von 116 VBE (Vollbeschäftigteneinheiten) 1972 auf 135 VBE im Jahr 1990.1
1990 – 1993 1990, nach der politischen Wende, hat sich die Familie von Günter Lenssen intensiv um die Reprivatisierung des Unternehmens bemüht und konnte am 1.1.1991 die Firma wieder als Hugo Lenssen KG Lackwerke Zeitz ins Handelsregister eintragen lassen. Leider ohne dauernden Erfolg. Bisher waren die Hauptabnehmer in der Möbelindustrie der ehemaligen DDR zu finden, doch auch die hatte nach der Wende, weil sie bislang fast ausschließlich in die Länder des Ostblocks lieferte, selbst mit erheblichen Absatzschwierigkeiten zu kämpfen. So wurden aus Großabnehmern binnen kurzem Kleinstmengenbezieher. Als neben dem Russlandgeschäft auch der ehemalige VEB Möbelfolie Biesenthal, als Kunde wegfiel, musste in Zeitz 1993 die Produktion eingestellt und der Betrieb liquidiert werden. 1,2
2. Literatur
2.1 Bernhard Flacke, Hannover, „Harter Existenzkampf" in farbe + lack 98. Jahrgang 6/1992, S. 461 - 465 2.2 Helmut Patzelt, „Lackwerke Hugo Lenssen Zeitz - eine deutsche Unternehmergeschichte" in der Zeitschrift „Zeitz und seine Umgebung", Heft Nr. 6 2/2011, S. 1-3