„Spannungsabfall" – Versionsunterschied
Version vom 5. Juli 2014, 08:24 Uhr
In der Elektrotechnik ist der Spannungsabfall (exakt Spannungsfall) eine Potentialdifferenz, die zwischen zwei Punkten eines vom Strom durchflossenen Widerstandes auftritt. Er wird durch jene hervorgerufen und unterscheidet sich hierdurch von der Quellenspannung. Beide werden in Volt angegeben.
Die physikalische Größe Spannung beschreibt hingegen allgemein den Quotienten der zur Verschiebung einer Ladung Q verfügbaren Arbeit und der Größe dieser Ladung selbst. Sie kennzeichnet somit ein Potential zwischen zwei Punkten eines elektrischen Feldes unabhängig vom elektrischen Strom. Demgegenüber spricht man von einem Spannungsfall nur dann, wenn die zur Trennung zweier Ladungen mit unterschiedlichen Vorzeichen benötigte Energie beim Fließen des Stromes wieder frei wird. Demnach liegt eine Spannung an, während ein Spannungsfall stattfindet. Der Spannungsfall hat die gleiche Richtung wie der fließende Strom.
Die normgerechte Bezeichnung laut IEV 60050 151-15-09 ist Spannungsfall.[1] (siehe z. B. DIN VDE 0100-520:2013-06 Abschnitt 525).[2]
Der Spannungsfall wird hervorgerufen durch die an einer positiven Ladung in einem elektrischen Feld verrichtete positive Verschiebungsarbeit, die einen Energieentzug zur Folge hat. Im umgekehrten Falle, also bei einer Energiezufuhr, spricht man von einer Quellenspannung.
Formeln
Aus den Zusammenhängen:
- {\displaystyle \mathrm {d} W={\vec {F}}\cdot \mathrm {d} {\vec {s}}\quad {\text{und}}\quad {\vec {F}}={\vec {E}}\cdot Q,円}
ergibt sich die Spannung:
- {\displaystyle u_{\mathrm {AB} }={\frac {W_{\mathrm {AB} }}{Q}}=\int _{\mathrm {A} }^{\mathrm {B} }{\vec {E}}\cdot \mathrm {d} {\vec {s}}_{\mathrm {AB} },円}
und die Potentialdifferenz
- {\displaystyle u_{\mathrm {AB} }=\varphi _{\mathrm {A} }-\varphi _{\mathrm {B} }=\int _{\mathrm {A} }^{0}{\vec {E}}\cdot \mathrm {d} {\vec {s}}_{\mathrm {A0} }-\int _{\mathrm {B} }^{0}{\vec {E}}\cdot \mathrm {d} {\vec {s}}_{\mathrm {B0} },円}
- {\displaystyle \varphi } = Potential
- Q = Ladung
- F = Kraft
- E = elektrische Feldstärke
- s = Abstand
- {\displaystyle W_{\mathrm {AB} }} = Verschiebungsarbeit
- {\displaystyle u(t)={\frac {1}{C}}\int i(t)\cdot \mathrm {d} t}
- {\displaystyle u(t)=L\cdot {\frac {\mathrm {d} i(t)}{\mathrm {d} t}}}
Spannungsfall an einem ohmschen Widerstand
In der Praxis ist die Berechnung des Spannungsfalls über das elektrische Feld nur sehr umständlich möglich. Man berechnet ihn deshalb, falls möglich, aus den Zusammenhängen des ohmschen Gesetzes. Dieses lautet: In einem Stromkreis wirkt dem von der Quellenspannung angetriebenen Strom ein elektrischer Widerstand entgegen.
- {\displaystyle U=R\cdot I=\rho {\frac {l}{A}}\cdot I,円}
A = Querschnitt des Leiters, l = Länge des Leiters, {\displaystyle \rho } = spezifischer Widerstand des Leitermaterials
Bei Wechselströmen benutzt man für die Berechnung des Spannungsfalls den Effektivwert des Stromes.
- {\displaystyle U={\sqrt {{\frac {R^{2}}{T}}\int _{t}^{t+T}i^{2}(s)\mathrm {d} s}},円}
Für sinusförmige Wechselströme mit der Amplitude {\displaystyle {\hat {I}}} gilt:
- {\displaystyle U={\frac {R\cdot {\hat {I}}}{\sqrt {2}}},円}
Zusatzbemerkung: Fließt durch einen Leiter ein Wechselstrom, tritt neben dem ohmschen Widerstand noch ein induktiver und ein kapazitiver Widerstand auf. Diese sind hier vernachlässigt. Hat man jedoch einen Draht-Wickelwiderstand, ist die Induktivität so hoch, dass man den komplexen Widerstand nicht mehr vernachlässigen kann. Das Gleiche gilt in der Hochfrequenztechnik.
Spannungsfall entsprechend kirchhoffscher Regeln
Die Summe aller Spannungsfälle über den Leitungen und den Verbrauchsmitteln entspricht der Spannung der Spannungsquelle. In einem Umlauf mit n Teilspannungen eines elektrischen Gleichstromnetzes gilt folgende Formel:
- {\displaystyle \sum _{k=1}^{n}U_{k}=0,円}.
(Maschenregel aus den kirchhoffschen Regeln)
In Wechselstromnetzwerken muss die Summe der entsprechenden komplexen Effektivwerte oder komplexen Amplituden der Spannung betrachtet werden.
Spannungsfall an elektrischen Leitungen
Im Zusammenhang mit elektrischen Leitungsanlagen kommt konsequent der Begriff Spannungsfall gemäß Definition in IEC 60050 151-15-09 zur Anwendung. An Leitungen und deren Verbindungsstellen soll dieser in Grenzen gehalten werden, damit die Betriebsspannung der Betriebsmittel ausreichend hoch ist und die Verluste in vertretbaren Grenzen gehalten werden. Ein höherer Spannungsfall ist zulässig beim Starten von Motoren und für andere Betriebsmittel mit hohen Einschaltströmen[3] vorausgesetzt, dass sich in allen Fällen die Spannungsschwankungen innerhalb der für das Betriebsmittel zulässigen Grenzen bewegen.
Berechnung des Spannungsfalls an elektrischen Leitungen
Gemäß DIN VDE 0100-520:2012-06 Anhang G kann der Spannungsfall in elektrischen Leitungen nach folgender Formel berechnet werden:
- {\displaystyle u={b}\left(\rho _{1}{\frac {L}{S}}\cos {\phi }+\lambda L\sin {\phi }\right)I_{\text{B}}}
Dabei sind
- {\displaystyle u} ... Spannungsfall in Volt
- {\displaystyle b} ... Koeffizient: {\displaystyle b=1} bei dreiphasigen Stromkreisen; {\displaystyle b=2} bei einphasigen Stromkreisen
Anmerkung: Dreiphasige Stromkreise, die vollkommen unsymmetrisch belastet werden (nur eine Phase belastet), werden als einphasige Stromkreise betrachtet. - {\displaystyle \rho _{1}} ... Spezifischer elektrischer Widerstand der Leiter im ungestörten Betrieb. Dabei wird als spezifischer elektrischer Widerstand der Wert für die im ungestörten Betrieb vorhandene Temperatur genommen, d. h. 1,25-mal der spezifische elektrische Widerstand bei 20 °C, oder 0,0225 Ω·mm2/m für Kupfer und 0,036 Ω·mm2/m für Aluminium.
- {\displaystyle L} ... Gerade Länge der Kabel- und Leitungsanlage in Meter.
- {\displaystyle S} ... Querschnitt der Leiter.
- {\displaystyle \cos {\phi }} ... Leistungsfaktor; falls nicht bekannt, wird ein Wert von 0,8 (sin φ = 0,6) angenommen.
- {\displaystyle \lambda } ... Blindwiderstand je Längeneinheit des Leiters; falls nicht bekannt, wird ein Wert von 0,08 mΩ/m angenommen.
- {\displaystyle I_{\text{B}}} ... Betriebsstrom.
Der entsprechende Spannungsfall in Prozent ergibt sich nach:
- {\displaystyle {\%}={100}{\frac {u}{U_{0}}}}
Dabei steht {\displaystyle {U_{0}}} für die jeweilige Systemspannung in Volt.
Anmerkung: In Kleinspannungsstromkreisen müssen die Grenzwerte für den Spannungsfall nur bei Stromkreisen für Leuchten (nicht z. B. für Klingel, Steuerung, Türöffner) eingehalten werden (vorausgesetzt, dass die ordnungsgemäße Funktion dieser Betriebsmittel überprüft wird).
Grenzwerte in Deutschland
- Nach der Niederspannungsanschlussverordnung § 13 Absatz (4), früher der AVBEltV, darf der Spannungsfall zwischen dem Hausanschlusskasten und dem Stromzähler nicht mehr als 0,5 % betragen.
- Nach TAB 2007 soll der Spannungsfall zwischen dem Hausanschluss und dem Zähler folgende Werte nicht überschreiten:
- Nach DIN VDE 0100-520 sollte gemäß Tabelle G.52.1 der Spannungsfall in Verbraucheranlagen zwischen dem Hausanschluss und Verbrauchsmitteln (Steckdosen oder Geräteanschlussklemmen) nicht mehr als 3 % betragen.
- Nach DIN 18015 Teil 1 soll der Spannungsfall zwischen dem Zähler und den Steckdosen oder Geräteanschlussklemmen nicht mehr als 3 % betragen.
Als Grundlage gilt die Netzspannung, die nach DIN IEC 38 für Europa auf 230/400 V festgelegt ist, sowie die Nennstromstärke der Überstromschutzeinrichtungen, beispielsweise 63 A oder 16 A.
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ elektrische Spannung zwischen den Anschlüssen eines Widerstandselements innerhalb eines Stromkreises infolge eines elektrischen Stroms durch das Element
- ↑ Wilhelm Rudolph: VDE Schriftenreihe 39; "Einführung in DIN VDE 0100", Elektrische Anlagen von Gebäuden. 2. Auflage. VDE Verlag GmbH, Berlin und Offenbach 1999, ISBN 3-8007-1928-2, S. 169, 302, 342, 465, 473, 495, 559, 656.
- ↑ DIN VDE 0100-520:2013-06 Anhang G, Anmerkung 1