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Unter '''Konjunkturpolitik''' im weiteren Sinne versteht man [[Wirtschaftspolitik|wirtschaftspolitische]] Maßnahmen, die ein [[Wirtschaftswachstum|angemessenes Wirtschaftswachstum]], [[Preisniveaustabilität]], einen hohen [[Beschäftigungsstand]] und ein [[außenwirtschaftliches Gleichgewicht]] erreichen und sichern sollen ([[Magisches Viereck]]).<ref name="Gabler">[http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/konjunkturpolitik.html ''Konjunkturpolitik''.] In: ''[[Gabler Wirtschaftslexikon]]''</ref>
Unter '''Konjunkturpolitik''' versteht man die Summe [[Wirtschaftspolitik|wirtschaftspolitischer]] Maßnahmen, die darauf zielen, die [[Konjunktur]]schwankungen auszugleichen und ein möglichst gleichmäßiges [[Wirtschaftswachstum]] zu erreichen.
Demgegenüber versteht man unter Konjunkturpolitik im engeren Sinne wirtschaftspolitische Maßnahmen, die darauf zielen, [[Konjunktur]]schwankungen in Grenzen zu halten und ein möglichst gleichmäßiges [[Wirtschaftswachstum]] zu erreichen.<ref>[[Ulrich van Suntum]]: ''Die unsichtbare Hand''. ISBN 978-3-540-25235-1, S. 122</ref>
== Theoretische Grundlagen ==
Wie schon der [[Deutsches_Institut_für_Wirtschaftsforschung|DIW]]-Zeitschriftentitel ''Applied Economics Quarterly. Konjunkturpolitik'' andeutet, ist Konjunkturpolitik für Ökonomen eine angewandte Theorie. Einer jeden bestimmten Politik liegt demnach eine bestimmte [[Konjunkturtheorie]] zugrunde.
Bei der [[Nachfragepolitik|nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik]] (basierend auf [[Keynesianismus]] und [[antizyklische Finanzpolitik|antizyklischer Finanzpolitik]] nach [[John Maynard Keynes|Keynes]]) kommt dem Staat die Aufgabe zu, in konjunkturellen Rezessionen die Wirtschaft durch "Konjunkturimpulse" anzukurbeln, ggf. auch durch staatliche Schuldenaufnahme ([[Deficit Spending]]).
Mögliche Instrumente der Konjunkturpolitik sind dabei die [[Fiskalpolitik]], die [[Geldpolitik]] und die [[Einkommenspolitik]].<ref>Werner Vomfelde: ''Einführung in die Konjunkturpolitik''. Duncker & Humblot, 1977, ISBN 3-428-03990-4, S. 53 ff</ref>
Hierzu können [[Steuer]]n gesenkt und/oder zeitlich begrenzte Investitionsanreize für Unternehmen gesetzt oder die staatlichen Investitionen in Infrastrukturprojekte getätigt werden. Nicht alle Arten von Ausgaben sind rasch oder in gleicher Höhe nachfragewirksam. So werden bei einer Senkung der Einkommenssteuer oder der Unternehmenssteuern nicht sofort diese betreffenden Geldbeträge in derselben Höhe für wachstumsfördernden Konsum oder Investitionen ausgegeben, sondern werden angespart oder zur Schuldentilgung eingesetzt.<ref>Lawrence Mishel: [http://www.epi.org/analysis_and_opinion/entry/public_investment_far_better_than_tax_cuts/ ''Tax cut approach has already been tried and failed as stimulus'']</ref> Schneller und zu einem größeren Teil ([[Multiplikator (Volkswirtschaft)]]) nachfragewirksam werden Erhöhungen des verfügbaren Einkommens der einkommensschwachen Privathaushalte sowie schnell umsetzbare Infrastrukturinvestitionen.
[[Datei:Profit-&-Defizit (Interdependence).png|mini|hochkant=1.5|Ausgaben- und Einnahmenüberschüsse der einzelnen Sektoren<ref>[[Ewald Nowotny]]: ''Gründe und Grenzen der öffentlichen Verschuldung.'' In: ''Ökonomie in Theorie und Praxis.'' Berlin / Heidelberg 2002, S. 261, [http://books.google.at/books?id=kcFP8wJLOdMC&pg=PA261&dq=%22Einnahmen-+und+Ausgaben%C3%BCbersch%C3%BCsse+(Finanzierungssalden)+der+einzelnen+Sektoren+der+Volkswirtschaft+erfasst.%22&hl=de&sa=X&ei=bjZ-UcX8GsmatAa77IDwAg&ved=0CDcQ6AEwAA#v=onepage&q=%22Einnahmen-%20und%20Ausgaben%C3%BCbersch%C3%BCsse%20(Finanzierungssalden)%20der%20einzelnen%20Sektoren%20der%20Volkswirtschaft%20erfasst.%22&f=false books.google.at] (siehe auch Tabelle ''Übersicht 3: Sektorale Finanzierungssalden'' auf S. 262):<br />
[[Leitzins|Zinssenkungen]] durch die [[Zentralbank]] werden als "antizyklische Geldpolitik", insbesondere von der Lehre des [[Monetarismus]] nach [[Milton Friedman]], bevorzugt. Doch gilt: Je näher die Zinssätze gegen Null gehen, desto schwieriger wird Geldpolitik, schließlich bis zu dem Punkt, wo die geldpolitischen Instrumente überhaupt versagen.<ref>Harold James: [http://www.project-syndicate.org/commentary/james23/German Deflation und Demokratie]</ref>
„Wichtigster Ansatz dafür ist die [[Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung#Gesamtwirtschaftliche Finanzierungsrechnung|Gesamtwirtschaftliche Finanzierungsrechnung]], die die ''Einnahmen- und Ausgabenüberschüsse'' (Finanzierungssalden) der einzelnen Sektoren der Volkswirtschaft erfasst. Dabei gilt, dass ''die Summe der Finanzierungssalden der einzelnen Sektoren'' (Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben) ''Null'' ergeben muss."</ref>]]
Arithmetische Zusammenhänge zwischen Defiziten (Ausgabenüberschüsse) und (Einnahme-)Überschüssen unter den Sektoren werden durch die [[Sektorale Salden|Sektoralen Salden]] ersichtlich und innerhalb der [[Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung#Gesamtwirtschaftliche Finanzierungsrechnung|Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung]] ermittelt.
== Aufgabe der Konjunkturpolitik ==
=== Konjunktureller Impuls ===
Probleme wie z. B. hohe Arbeitslosigkeit können aus unterschiedlichen Gründen auftreten. Man unterscheidet daher zwischen Fehlentwicklungen, die einerseits durch [[Konjunktur|Wirtschaftsschwankungen]] und andererseits durch strukturelle Probleme hervorgerufen werden (z. B. strukturelle Arbeitslosigkeit, machtbedingte (Lohnkosten-)Inflation).
Der Begriff "Konjunkturimpuls", auch "fiskalischer Impuls" genannt, bezieht sich auf die erhöhten Staatsausgaben, die gezielt zur Bekämpfung des konjunkturellen Abschwungs beschlossen werden.<ref>[http://www.brookings.edu/~/media/Files/rc/papers2008/0110_fiscal_stimulus_elmendorf_furman/0110_fiscal_stimulus_elmendorf_furman.pdf Elmendorf, D.W./Furman, J. (2008): If, when, how: A primer on fiscal stimulus, The Brookings Institution, Washington, D.C.]</ref> Im Hintergrund steht die Überlegung, dass die staatlichen Ausgaben den Nachfrage-Ausfall am Markte kurzfristig ersetzen sollen. Die [[Produktionslücke]] (die Differenz zwischen dem Sozialprodukt, das mit dem vorhandenen Potenzial produziert werden könnte, und dem, was tatsächlich aufgrund der zurückbleibenden Nachfrage produziert wird) soll möglichst geschlossen werden. So schätzt [[Paul Krugman]] zum Beispiel die Output-Lücke der US-Wirtschaft auf derzeit ca. 2.000 Milliarden Dollar und hält daher die Höhe des vom künftigen US-Präsidenten [[Obama]] vorgeschlagenen Konjunkturimpulses für noch zu niedrig.<ref>Paul Krugman: [http://www.nytimes.com/2009/01/09/opinion/09krugman.html?_r=1 ''The Obama Gap.''] New York Times 8.1.2009</ref>
Die Zielsetzung der Konjunkturpolitik im engeren Sinne besteht darin, starke Konjunkturausschläge und konjunkturelle Arbeitslosigkeit möglichst zu vermeiden. Hierzu wird versucht, Abweichungen des Auslastungsgrades vom Normalauslastungsgrad (Rezessionen einerseits, konjunkturelle Überhitzung andererseits) gering zu halten.<ref name="Gabler" /> Es wird also versucht durch einen rechtzeitigen Einsatz konjunkturpolitischer Mittel eine Überforderung des Produktionspotentials (die Gefahr eines starken Preisanstiegs und struktureller Fehlentwicklungen durch überzogene Wachstumsrate) sowie eine Unterauslastung des Produktionspotentials (die Gefahr eines Beschäftigungsrückganges und sich weiter verschlechternder Situation aufgrund pessimistischer Perspektiven) zu vermeiden.
Dezember 2008 hat der [[Europäischer_Rat|Europäische Rat]] ein EU-weites Konjunkturpaket von ca. 200 Milliarden Euro beschlossen, ohne indes die Aufteilung auf die Mitgliedstaaten genau festzulegen. Eine Größenschätzung der in der Europäischen Union insgesamt beschlossenen konjunkturpolitischen Maßnahmen<ref>[[David Saha]], [[Jakob von Weizsäcker]]: [http://www.bruegel.org/Public/fileDownload.php?target=/Files/media/PDF/Publications/Notes/UPDATED-SIZE-OF-STIMULUS-FINAL-2.pdf ''Estimating the size of the European stimulus packages for 2009. An Update''] zum Stand 28.1.2009</ref> stellt fest, dass die geographische Verteilung sowie die Aufteilung zwischen Investitionsausgaben, Steuererleichterungen und Kredithilfen entscheidend sind für die Wirksamkeit als Konjunkturhilfen. Diesbezüglich gibt es zwischen den einzelnen EU-Mitgliedstaaten sehr starke Unterschiede. Das deutsche sog. "Konjunkturpaket II" von Januar 2009 wird den Konjunkturstimulus bezogen auf das EU-Bruttosozialprodukt um 0,2% anheben. In Vergleich hierzu werden sowohl China als auch die USA einen weitaus höheren Anteil ihres jeweiligen Bruttosozialprodukts zur Konjunkturstützung und Krisenbekämpfung einsetzen.
Die Ziele der Konjunkturpolitik im weiteren Sinne bestehen darin, ein [[Wirtschaftswachstum|angemessenes Wirtschaftswachstum]], [[Preisniveaustabilität]], einen hohen [[Beschäftigungsstand]] und ein [[außenwirtschaftliches Gleichgewicht]] zu erreichen und zu sichern ([[Magisches Viereck]]).<ref name="Gabler" /> Diese Ziele sind in [[Deutschland]] im [[Stabilitäts- und Wachstumsgesetz]] ({{§|1|stabg|juris}} StabG von 1967) geregelt. Dabei kann es durchaus zu Zielkonflikten kommen, wenn z. B. der Staat mit aller Macht versucht, die Beschäftigungszahlen zu erhöhen, denn dies würde sich wiederum negativ auf die Geldwertstabilität auswirken.
=== Konjunkturelles Defizit ===
Hierdurch wird der Teil des Gesamtdefizites von öffentlichen Haushalten beschrieben, der eindeutig konjunkturell entstanden ist. Zum einen durch konjunkturbedingte Steuerausfälle, da die Menschen aus Unsicherheit vor einer etwaigen schlechten wirtschaftlichen Zukunft weniger konsumieren. Aber auch durch Mehrausgaben von staatlichen Einrichtungen, wie die [[Agentur für Arbeit]] in Form von Arbeitslosengeld 1 bzw. Arbeitslosengeld 2, da man erwarten kann, dass in der Abschwung- bzw. Rezessionsphase die Arbeitslosenzahl steigen wird.
Bevor die Politik Handlungsmaßnahmen entwickeln kann, müssen die Ursachen für die Entstehung von Konjunkturzyklen definiert werden.<ref>Walter Assenmacher: ''Konjunkturtheorie''. 8. Auflage. Oldenbourg Verlag, München/Wien, ISBN 3-486-23998-8</ref>
=== Konjunkturgerechter Haushalt ===
Hierdurch wird auf den konjunkturellen Impuls von öffentlichen Haushalten abgezielt. Die aufgrund des konjunkturneutralen Haushaltes ermittelten tatsächlichen expansiven oder kontraktiven Impulse werden mit denjenigen verglichen, die notwendig gewesen wären, wenn bei einer gegebenen Abweichung vom Gleichgewichtspfad der Haushaltspolitik ein Nachfragedefizit oder ein Nachfrageüberschuss ausgeglichen werden sollte. Es werden hier die quantitativen Effekte der jeweiligen Haushaltspläne aufgezeigt.
== Konjunkturtheorien als Grundlage für Konjunkturpolitik ==
Es handelt sich um ein Budgetkonzept des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Erstmals hat der Sachverständigenrat 1967/68 den konjunkturneutralen Haushalt in seinen Jahresgutachten entwickelt und angewandt. Das Haushaltsvolumen ist in diesem Konzept konjunkturneutral, wenn es unmittelbar keine Abweichung der Auslastung des Produktionspotenzials von dem bewirkt, was mittelfristig als normal angesehen wird. Die Regeln des konjunkturneutralen Haushaltes sind:
Die Konjunkturtheorie untersucht und beschreibt die Ursachen und Auswirkungen der Konjunktur und des Konjunkturzyklus. Im Jahre 1937 wurde von [[Gottfried Haberler|Gottfried von Haberler]], im Auftrag des damaligen [[Völkerbund]]es, eine Systematik sowie ein Überblick über die ersten Konjunkturtheorien erstellt. Gottfried von Haberler gilt als Pionier der Konjunkturtheorien. Seit seiner Aufstellung der oben genannten Theorien haben Vertreter dieser Theorien unterschiedliche Ursachen für Konjunkturzyklen in Betracht gezogen und weitere Theorien aufgestellt.<ref name="Konjunkturtheorie">Alfred Maußner: ''Konjunkturtheorie''. Springer Verlag, Berlin/Heidelberg 1994, ISBN 3-540-57790-4. S. 25 ff.</ref> Die Konjunkturtheorien lassen sich wie folgt grob unterteilen:
*Konjunkturneutral sind die öffentlichen Ausgaben, wenn sie auf ein Basisjahr bezogen proportional zum Produktionspotenzial zu- oder abnehmen.
* Vorkeynesianische Konjunkturtheorien
*Basisjahr ist der Zeitraum, in dem die öffentlichen Ausgaben eine allokative und distributive Zielinhalt gemäß Quote aufweisen.
* Auf [[John Maynard Keynes|Keynes]] basierende Weiterentwicklungen
*Steuereinnahmen, die den gleichen prozentualen Zuwachs wie das Volkseinkommen haben.
Jede [[Rezession]] ist mit einem Rückgang der Nachfrage verbunden. Bei einem flexiblen Arbeitsmarkt gehen damit auch Senkungen des [[Reallohn]]s einher.
Konjunkturrisiken stellen ein allzeit gegenwärtiges Phänomen von Marktwirtschaften dar, denen alle Wirtschaftssubjekte mehr oder minder ausgesetzt ist; besonders auffällig in Zeiten einer Rezession, wenn die Unternehmensgewinne schrumpfen, Firmen schließen und ihre Mitarbeiter entlassen.
Es besteht daher die große Gefahr, dass die stagnierende Volkswirtschaft in eine [[Deflationsspirale]] gerät.<ref>[http://www.boeckler.de/22193_22200.htm ''Deflation am Horizont''.] In: ''Böckler Impuls'', 03/2009</ref> Paradebeispiel für dieses wirtschaftspolitische Dilemma einer stagnierenden Volkswirtschaft ist die [[Wirtschaft Japans#Zusammenbruch und Deflationsspirale|japanische Krise]] Anfang der 1990er Jahre.
== Arten der Konjunkturpolitik ==
Als Lösungsversuch durch Risikomanagement wird vorgeschlagen, den Wirtschaftssubjekten die Option verfügbar zu machen, Konjunkturrisiken durch eine [[Hedgetransaktion]] zu begegnen, indem [[Derivat (Wirtschaft)|Derivate]] auf Makroindices begeben werden, welche den Konjunkturzyklus abbilden. Durch den Kauf oder Verkauf dieser [[Makroderivate]] könnte so auf dem Konjunkturzyklus investiert werden. Dies kann aber durch die Komplexität wieder neue Risiken erzeugen (siehe Hedgegeschäft). <ref>Michael Durica (2006). ''Product Development for Electronic Derivative Exchanges: The case of the German ifo business climate index as underlying for exchange traded derivatives to hedge business cycle risk.'' Pro Business. Berlin. ISBN 393953305X.</ref>
{{Hauptartikel|Prozyklische Wirtschaftspolitik}}
{{Hauptartikel|Antizyklische Finanzpolitik}}
Die Konjunkturpolitik lässt sich nach ihrer Wirkung folgendermaßen einteilen:
* ''Expansive Konjunkturpolitik:'' wirkt positiv auf das Wirtschaftswachstum
* ''Kontraktive Konjunkturpolitik:'' wirkt negativ auf das Wirtschaftswachstum
* ''Antizyklische Konjunkturpolitik:'' diese soll einer Entwicklung entgegenwirken
* ''Prozyklische Konjunkturpolitik:'' diese verfestigt eine bereits bestehende Entwicklung
== Instrumente der Konjunkturpolitik ==
== Teilbereiche ==
=== Fiskalpolitik ===
Wichtige Beiträge zur Konjunkturpolitik können die [[Fiskalpolitik]], die [[Geldpolitik]], die [[Außenwirtschaftspolitik]] und die [[Lohnpolitik]] leisten.
{{Hauptartikel|Fiskalpolitik}}
== Durchführung ==
Die Durchführung von Konjunkturpolitik ist in [[Deutschland]] im [[Stabilitäts- und Wachstumsgesetz]] geregelt.
Mittels der Fiskalpolitik können im Fall einer Rezession die öffentlichen Ausgaben (z. B. öffentliche Investitionen) erhöht und/oder die öffentlichen Einnahmen (z. B. Steuern) gesenkt werden, um damit die Kaufkraft im privaten Sektor zu stärken. Infolgedessen wird ein negatives Budgetsaldo der öffentlichen Haushalte bewirkt, um die Gesamtnachfrage anzukurbeln ([[deficit spending]]) und in einer Konjunkturschwankung einen Budgetüberschuss zu erwirtschaften, um einer Überbeanspruchung des Produktionspotenzials entgegenzuwirken. Diese antizyklische Entwicklung des Budgetsaldos ergibt sich aufgrund der Ausgestaltung des deutschen Steuersystems, weil das Steueraufkommen in den Rezessionsphasen zurückgeht, während sich die meisten Staatsausgaben (z. B. Arbeitslosengeld) in der Rezession erhöhen. Somit hat der öffentliche Haushalt eine automatisch stabilisierende Wirkung auf die Konjunktur (automatische Stabilisierung). Voraussetzung für eine stabilisierende Wirkung des öffentlichen Budgets ist, dass in den Aufschwungphasen genügend Steuermittel stillgelegt wurden, damit diese in der Rezession für zusätzliche Ausgaben verwendet werden können. Der Staat betreibt dann Fiskalpolitik, wenn er fiskalpolitische Instrumente im Rahmen der Konjunkturpolitik einsetzt.<ref name="Quantitative Stabilisierungspolitik">Gunther Tichy: ''Konjunkturpolitik, Quantitative Stabilisierungspolitik bei Unsicherheiten''. 4. Auflage. Springer Verlag, Berlin/Heidelberg 1999, ISBN 3-540-65910-2, S. 79 ff.</ref>
Zu ihrem [[Maßnahmenpaket „Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung"|Konjunkturpaket 2008]] sagt die Bundesregierung in ihrem [[Jahreswirtschaftsbericht]] 2009, sie habe gemeinsam mit Ländern und Kommunen "''in einem finanziellen Kraftakt ein Impulspaket auf den Weg gebracht, wie es so konzentriert und koordiniert noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik geschehen ist. Wichtig ist, dass die Maßnahmen früh greifen, um Vertrauen wiederherzustellen, den Abschwung in seiner sich selbst verstärkenden Dynamik zu bremsen, strukturelle Verkrustungen zu verhindern und Arbeitsplatzverluste zu vermeiden.''" (S. 12)
==== Konjunkturelles Defizit ====
Beschäftigungspolitik als nationale Wirtschaftspolitik war von Keynes in Reaktion auf die Weltwirtschaftskrise 1929 entwickelt worden. Unter heutigen Umständen müssen solche Konzepte neu auf die Bedingungen einer globalisierten Wirtschaft ausgerichtet werden.<ref>Peter Kalmbach, Michael Schumann: [http://www.boeckler.de/pdf/wsimit_2008_11_kalmbach.pdf ''Finanzkrise als Schocktherapie.''] WSI-Mitteilungen 11+12/2008</ref> Unvermeidlich kommt hierbei dem Staat eine größere Bedeutung zu; die Gefahr eines [[Staatsversagen]]s kann nur durch die verschiedensten Formen von Bürgerbeteiligung und Kontrolle der verantwortlichen Regierung durch die Wähler begegnet werden.
{{Hauptartikel|Automatischer Stabilisator}}
Ein konjunkturelles Defizit entsteht bei öffentlichen Haushalten auch ohne aktive Fiskalpolitik bereits durch die konjunkturellen Auswirkungen auf die Steuereinnahmen und das Sozialsystem. Zum einen durch konjunkturbedingte Steuerausfälle, da die Menschen aus Unsicherheit vor einer etwaigen schlechten wirtschaftlichen Zukunft weniger konsumieren. Aber auch durch Mehrausgaben von staatlichen Einrichtungen, wie die [[Agentur für Arbeit]] in Form von Arbeitslosengeld 1 bzw. Arbeitslosengeld 2, da in der Abschwung- bzw. Rezessionsphase die Arbeitslosenzahl steigt.
==== Fiskalpolitische Instrumente ====
== Maßnahmen ==
Drei Fragen müssen an ein Konjunkturprogramm gerichtet werden:<ref>[[Richard Posner]]:[http://www.becker-posner-blog.com/archives/2009/01/the_obama_stimu.html ''The Obama "Stimulus" (Deficit Spending) Plan'']</ref>
Der Staat setzt folgende Instrumente zur Steuerung der Konjunkturpolitik ein:
1. Ist das Konjunkturprogramm notwendig?
* Erhöhung staatlicher Ausgaben
** Erhöhung staatlicher [[Investition]]en
** Subventionen
** Erhöhung staatlicher [[Sozialleistung|sozialer Leistungen]] (verändern das verfügbare Einkommen und wirken sich dadurch auf den Konsum aus)
* Senkung von [[Abgabe]]n wie
** [[Steuer]]erleichterungen, also Steuersenkungen, „Haushaltsschecks" (USA), steuerliche Begünstigung von [[Investition]]en über günstigere [[Abschreibung]]smöglichkeiten
** Senkung der Beitragssätze zur staatlichen [[Sozialversicherung]]
* Schaffung günstiger Arbeits- und Produktionsumgebung (z. B. flexiblere Tarifverträge)
Je nachdem, welche wirtschaftspolitischen Ziele verfolgt werden, können Instrumente unterschiedlich eingesetzt werden.<ref name="Fiskalpolitik">Michael Grömling: ''Fiskalpolitik kontrovers: Konjunkturpolitische Optionen für Deutschland''. Nr. 18. DIV Verlag, Köln, ISBN 3-602-24115-7, S. 9 ff.</ref>
2. Ist das Konjunkturprogramm richtig zusammengesetzt?
Nach der Wirkungsweise lassen sich fiskalpolitische Maßnahmen wie folgt einteilen:
3. Hat das Konjunkturprogramm die richtige Größe?
* ''Expansive Fiskalpolitik:'' Instrumente werden zur Förderung des Wachstums eingesetzt, z. B. durch Erhöhung der Staatsausgaben, Auflösung der [[Konjunkturausgleichsrücklage]]n. Notfalls müssen Budgetdefizite in Kauf genommen werden, damit sich die öffentlichen Ausgaben erhöhen und somit die Konjunktur belebt wird ([[deficit spending]]).
* ''Kontraktive Fiskalpolitik:'' Hier werden Instrumente zur Dämpfung der Konjunktur eingesetzt, z. B. durch Senkung der Staatsausgaben und Bildung von [[Konjunkturausgleichsrücklage]]n (surplus saving).<ref name="Fiskalpolitik" />
==== Probleme der Fiskalpolitik ====
Mehrere einzelne konjunkturpolitische Maßnahmen können zu einem Konjunkturprogramm zusammengefasst werden.
* Sind Zielkonflikte vorhanden, ist es unmöglich alle Ziele gleichzeitig zu erreichen. Somit muss der Staat Prioritäten zwischen den Zielen setzten.
* Parlamentarische Hürden schränken die Handlungsfähigkeit des Staates ein. So können einmal gewährte Privilegien nur schwer rückgängig gemacht werden.
Konjunkturpolitische Maßnahmen können zum Beispiel sein:<ref>Siehe Achim Truger und Dieter Vesper, „Öffentliche Haushalte 2008/2009:
* Indirekte Einflussnahme auf wirtschaftliche Größen macht es dem Staat schwer, diese direkt zu beeinflussen. Demnach hat der Staat nur durch die Staatsausgaben eine direkte Einflussnahme auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage.
Spielräume für ein Konjunkturprogramm unzureichend genutzt", [[Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung|IMK]]-Report Nr. 33, November 2008, Tabelle 6, S. 9 [http://www.boeckler.de/pdf/p_imk_report_33_2008.pdf Pdf-Datei]</ref>
* Eine [[Verzögerungseffekt|zeitliche Verzögerung]] der Maßnahmen aufgrund von indirekten Einflussnahmen, führt dazu, dass bestimmte Maßnahmen sich erst in Folgeperioden auswirken. Wenn sich die Wirtschaftsentwicklung bis dahin umkehrt, wirken staatliche Maßnahmen kontraproduktiv, da sie dann mitunter ungewünschte Entwicklungen verstärken.<ref name="Quantitative Stabilisierungspolitik" />
*Senkung von [[Abgabe]]n wie
**[[Steuer]]erleichterungen, also Steuersenkungen, „Haushaltsschecks" (USA), steuerliche Begünstigung von [[Investition]]en über günstigere [[Abschreibung]]smöglichkeiten
**Senkung der Beitragssätze zur staatlichen [[Sozialversicherung]]
Der Begriff „Konjunkturimpuls", auch „fiskalischer Impuls" genannt, bezieht sich auf die erhöhten Staatsausgaben, die gezielt zur Bekämpfung des konjunkturellen Abschwungs beschlossen werden.<ref>D.W. Elmendorf, J. Furman: {{Webarchiv | url=http://www.brookings.edu/~/media/Files/rc/papers/2008/0110_fiscal_stimulus_elmendorf_furman/0110_fiscal_stimulus_elmendorf_furman.pdf | wayback=20111010181415 | text=''If, when, how: A primer on fiscal stimulus''.}} (PDF) The Brookings Institution, Washington DC 2008.</ref> Im Hintergrund steht die Überlegung, dass die staatlichen Ausgaben den Nachfrage-Ausfall am Markt kurzfristig ersetzen sollen. Die [[Produktionslücke]] (die Differenz zwischen dem Sozialprodukt, das mit dem vorhandenen Potenzial produziert werden könnte, und dem, was tatsächlich aufgrund der zurückbleibenden Nachfrage produziert wird) soll möglichst geschlossen werden.
Die Wirtschaftshistorikerin und Regierungsberaterin [[Christina D. Romer]] zieht aus der Weltwirtschaftskrise von 1929 und einer Evaluation der damaligen Wirtschaftspolitik des [[New Deal]] folgende konjunkturpolitische Lehren: Der Stimulus muss gesamtwirtschaftlich ins Gewicht fallen und darf nicht vorschnell ausgesetzt werden. Die Bundesstaaten und die Kommunen dürfen nicht rigider Budgetregeln wegen zu prozyklischen Ausgabekürzungen gezwungen werden. Die Geldpolitik kann auch bei einem extrem niedrigen [[Zinsniveau]] unterstützend wirken, indem sie der Bildung deflationärer Erwartungen entgegenwirkt.<ref>Christina D. Romer: {{Webarchiv | url=http://www.brookings.edu/~/media/Files/events/2009/0309_lessons/0309_lessons_romer.pdf | wayback=20111009114808 | text=''Lessons from the Great Depression for Economic Recovery in 2009''.}} (PDF) Vortrag Brookings Institution, Washington, D.C., 9. März 2009</ref>
== Beispiele ==
*[[US-Konjunkturprogramm 2009]]
*[[US-Konjunkturprogramm 2008]]
* Vom Obama Übergangsteam angefordertes [[Economic Policy Institute|EPI]] Policy Memo: [http://www.epi.org/content.cfm/pm132 John Irons, Ethan Pollock: ''A rescue plan for Main Street'']
*Namhafte Ökonomen befürworten ein gemeinsames EU-Konjunkturprogramm für 2009<ref>[http://www.bruegel.org/Public/fileDownload.php?target=/Files/media/PDF/Publications/Opeds/Europe-needs-a-concerted-fiscal-stimulus_FT_18112008.pdf ''Europe needs a concerted fiscal stimulus. Jean Pisani-Ferry, André Sapir and Jakob von Weizsäcker believe that without a budgetary stimulus the recession will lead to a second round of credit stress.''] Financial Times 18.11.2008</ref>
*[[Umweltprämie]] (Prämie für Stilllegung von Pkws)
*[[Maßnahmenpaket „Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung"]]
*[[Konjunkturprogramm „Entschlossen in der Krise, stark für den nächsten Aufschwung"]]
Der [[Monetarismus]] nach [[Milton Friedman]] vertraut demgegenüber auf die Selbstregulierung des Marktes; konjunkturpolitische Maßnahmen durch den Staat werden grundsätzlich für schädlich gehalten.
{{Hauptartikel|Geldpolitik}}
Ein wesentlicher Kritikpunkt an der Konjunkturpolitik ist der sogenannte [[Crowding-Out-Effekt]]: So würde eine expansive Neuverschuldung des Staates die Kreditmärkte austrocknen, wodurch zu wenige Kredite für die Privatwirtschaft und privaten Konsum zur Verfügung stünden, die gerade in einer Rezession wichtig wären.
Diese kann mit ihren Instrumenten die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nicht unmittelbar beeinflussen. Folglich kann die Geldpolitik aber über Zinssatz- und Geldmengenänderung ''indirekt'' auf die Ausgabendispositionen der privaten Haushalte und Unternehmen Einfluss nehmen. Hierbei ist die Stärke des Zusammenhangs zwischen monetärem und realem Bereich einer Wirtschaft ausschlaggebend für die Wirksamkeit einer konjunkturpolitisch orientierten Geldpolitik. Dabei betont die keynesianische Erklärung die Liquiditätskomponente geldpolitischer Maßnahmen. Demnach führt eine Erhöhung der Bankenliquidität zur Senkung der Zinssätze und auch der Kreditkosten und beeinflusst dadurch die realen Investitionen.
Außerdem hat keiner der modernen Industriestaaten das Keynessche Forderung eingehalten, die in der Krise aufgenommenen Schulden während einer wirtschaftlich guten Phase wieder zu tilgen, weshalb Konjunkturpolitik in der Vergangenheit einer der wichtigsten Gründe für die immer weiter ansteigende Verschuldung der Industrienationen war.
Die monetäre Erklärung betont hingegen die Vermögenskomponenten. D. h. Geldmengenerhöhungen setzen eine lange Kette von [[Substitutionsgut|Substitutionsvorgängen]] frei. Folglich steigt zunächst die Nachfrage nach Wertpapieren und an Finanzaktiva, während deren Rendite sinkt und es am Ende der Kette zu steigender Geldnachfrage kommt. Zu beachten ist, dass reale Effekte der Geldpolitik nur vorübergehend sind und langfristig gesehen nur das Preisniveau steigt.<ref name="Quantitative Stabilisierungspolitik" />
''Siehe auch'' [[Kreditplafondierung]], als rigide konjunkturdämpfende Maßnahme bei Überhitzungs-Tendenz.
=== Einkommenspolitik ===
{{Hauptartikel|Einkommenspolitik}}
'''Neoklassisch-monetaristischer Ansatz'''
Hier gilt der Grundsatz, dass eine anhaltende Arbeitslosigkeit immer und überall auf ein zu hohes Reallohnniveau zurückzuführen ist. Dies bedeutet, dass es bei einer Vollbeschäftigung zu Lohnerhöhungen kommt und über die Produktionsentwicklung hinweg zur Steigerung der Kosten und damit zur Inflation führt. Deshalb werden je nach Lage kostenniveauneutrale Lohnregeln (kostenniveauneutrale Lohnpolitik) bzw. vollbeschäftigungskonforme Richtlinien (vollbeschäftigungskonforme Lohnpolitik) empfohlen, wodurch die Einkommenspolitik zum Instrument der Konjunkturpolitik wird. Da der Marktmechanismus auch das Ziel der verteilenden Gerechtigkeit erfüllt, werden deshalb aktive Umverteilungsbemühungen abgelehnt, weil die Lohnregeln und -empfehlungen sowieso nur die stattfindende marktmäßige Entwicklung vorwegnehmen und beschleunigen. Dabei geht es nicht um die Lösung des Verteilungskonflikts, sondern darum, die Gegenseite (Arbeitnehmer, Gewerkschaften) davon zu überzeugen, dass sie ihre autonomen Verteilungspläne aufgeben.<ref name="Quantitative Stabilisierungspolitik" />
'''Ansätze keynesianischer Prägung'''
Auch hier wird laut keynesianischer und postkeynesianischer Annahme zugrunde gelegt, dass die traditionelle Konjunkturpolitik mit den Zielen Preisstabilität und Vollbeschäftigung teilweise aufgrund des Verteilungskonflikts zwischen den Gruppen versagt. Laut der Ansicht dieser Konjunkturmodelle dient Einkommens- bzw. Lohnpolitik nicht nur zur konjunkturpolitischen Absicherung, sondern hat auch einen Umverteilungscharakter, solange ungerechtfertigte Ungleichheiten vorliegen.<ref name="Quantitative Stabilisierungspolitik" />
== Wirtschaftspolitische Einordnung ==
=== Nachfrageorientierte Positionen ===
{{Hauptartikel|Nachfragepolitik}}
[[Nachfragepolitik|Nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik]] basierend auf dem von [[John Maynard Keynes|Keynes]] begründeten [[Keynesianismus]] und [[Antizyklische Finanzpolitik|antizyklischer Finanzpolitik]]. Nach dem Keynesianismus ist bei pessimistischen Konjunkturerwartungen ein [[Gleichgewicht bei Unterbeschäftigung|Marktgleichgewicht auch bei Unterbeschäftigung möglich]] und zum anderen führt eine Nachfrageschwäche bzw. ein Nachfragerückgang zu niedrigen Absatzerwartungen der Unternehmen, was wiederum die Investitionen verhindert (beeinflusst).
Bei der nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik kommt dem Staat die Aufgabe zu, in konjunkturellen Rezessionen die Wirtschaft durch „Konjunkturimpulse" anzukurbeln, ggf. auch durch staatliche Schuldenaufnahme ([[Deficit spending]]). Hierzu können [[Steuer]]n gesenkt, zeitlich begrenzte Investitionsanreize für Unternehmen gesetzt und/oder staatliche Investitionen in Infrastrukturprojekte getätigt werden. Nicht alle Arten von Ausgaben sind rasch oder in gleicher Höhe nachfragewirksam. So werden bei einer Senkung der [[Einkommensteuer]] oder der Unternehmenssteuern nicht sofort diese betreffenden Geldbeträge in derselben Höhe für wachstumsfördernden Konsum oder Investitionen ausgegeben, sondern werden angespart oder zur Schuldentilgung eingesetzt.<ref>Lawrence Mishel: [http://www.epi.org/analysis_and_opinion/entry/public_investment_far_better_than_tax_cuts/ ''Tax cut approach has already been tried and failed as stimulus'']</ref> Schneller und zu einem größeren Teil nachfragewirksam ([[Multiplikator (Volkswirtschaft)|Multiplikatorwirkung]]) sind Erhöhungen des verfügbaren Einkommens der einkommensschwachen Privathaushalte sowie schnell umsetzbare Infrastrukturinvestitionen.<ref>J. Bradford DeLong: [http://www.project-syndicate.org/commentary/delong99/German ''Sind Programme zur Konjunkturbelebung sinnlos?''] Project Syndicate, 2010.</ref> Ergänzt wird eine nachfrageorientierte Konjunkturpolitik durch eine antizyklische Geldpolitik. In einer Krise soll eine [[Niedrigzinspolitik]] (Politik des billigen Geldes) Investitionen und die Finanzierung staatlicher Budgetdefizite erleichtern.<ref name="juergen-paetzold/1_stab_Sysopse">[http://www.juergen-paetzold.de/stabpol/1_stab_Sysopse.htm ''Synopse stabilisierungspolitischer Konzeptionen.'']</ref>
Dem Einwand einer drohenden Staatsverschuldung wird entgegengewirkt, indem darauf hingewiesen wird, dass die durch die Schuldenaufnahme finanzierten Investitionen in die Infrastruktur als Basis für den wachsenden Wohlstand einer Volkswirtschaft ebenfalls von Bedeutung sind. Wenn man die Schuldenaufnahme auf die Größe des Bruttosozialprodukts bezieht, so wird durch die staatlichen Maßnahmen gleichzeitig die Größe des Nenners dieser Bruchzahl verändert. „Kreditfinanzierung heißt nicht, dass sich der Saldo aus Staatsausgaben und -einnahmen in gleicher Höhe verschlechtert."
==== Mögliche Maßnahmen ====
# Steuersenkung bzw. -anhebung, um damit die Konsumgüternachfrage zu beeinflussen
# Variation des Zinssatzes, um damit die Konsum- und Investitionsnachfrage zu beeinflussen
# Kompensation privater Nachfrage durch Staatsnachfrage
# Staatliche Investitionen
==== Evaluierung und Kritik ====
Aus neoklassischer Sicht genannte Kritikpunkte an nachfrageorientierter Wirtschaftspolitik / keynesianischer Konjunkturpolitik sind:<ref name="juergen-paetzold/Stabpol%20Strategien">Jürgen Pätzold: [http://www.juergen-paetzold.de/stabpol/BG+Infl/Stabpol%20Strategien.html ''Stabilisierungspolitik''.]</ref>
* Eine expansive Fiskalpolitik verursache zunehmende [[Staatsverschuldung]], da Demokratien nur selten die Keynessche Forderung einhalten, in der Krise aufgenommene Schulden während einer wirtschaftlich guten Phase wieder zu tilgen.
* Von dieser Entwicklung ginge auch der sogenannte [[Crowding-out]]-Effekt aus, nach dem eine expansive Neuverschuldung des Staates die Kreditmärkte austrockne, wodurch zu wenig Kredite für die Privatwirtschaft und den privaten Konsum zur Verfügung stünden, die gerade in einer Rezession wichtig wären.
* Eine einseitige Ausrichtung der Wirtschaftspolitik auf die Nachfrageseite vernachlässigt die Angebotsseite, was zu einer Verringerung der [[Investition]]stätigkeit und folglich zu einer Verlangsamung der Wachstumsdynamik führe
* In der Realität fiele der [[Multiplikator (Volkswirtschaft)|Multiplikatoreffekt]] von staatlichen Beschäftigungsprogrammen wesentlich geringer aus, als in keynesianischen Modellen angenommen. Vielfach treten nur kurzfristige „Strohfeuereffekte" auf, während langfristig sogar negative Effekte auf Produktions- und Beschäftigungsentwicklung zu verzeichnen sind.
* Staatliche Vollbeschäftigungspolitik verschärfe Verteilungskämpfe und Inflation, wodurch sich die Wachstumsdynamik verlangsame
* In keynesianischen Modellen würden die langfristigen Folgen der Inflation verharmlost
* Die „positiven Wirkungen von Reinigungskrisen" würden außer Kraft gesetzt – mit auf Dauer negativen Wirkungen für Wachstum und Beschäftigung.
* Kurzfristige Orientierung: Die Summe kurzfristig „richtiger" Maßnahmen könnte in der [[Mittlere Frist|mittleren und langen Frist]] zu Problemen führen. Es bestünde eine Tendenz zur [[Inflation]] durch eine immer wieder von neuem expansive Geldpolitik, die auf Dauer die [[Geldmenge]] zu stark ausweite
* Antizyklische Konjunkturpolitik kann mit langen time-lags verbunden sein. Dann wirkt sie nicht mehr antizyklisch, sondern prozyklisch.
* Ein Versagen der antizyklischen Politik könne zu zunehmendem [[Staatsinterventionismus]] führen, der die [[marktwirtschaft]]liche Ordnung untergrabe.
Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hat am 22. Januar 2009 in einem Papier die von 1967 bis 1982 in Deutschland betriebene [[Globalsteuerung]], also den Versuch einer Feinsteuerung der wirtschaftlichen Entwicklung auf ein reales Wirtschaftswachstum von 4 %, einer Arbeitslosenquote von unter 0,8 % und einer Inflationsrate von unter 1 %<ref name="bundestag">Claus-Martin Gaul: {{Webarchiv | url=http://www.bundestag.de/wissen/analysen/2009/konjunkturprogramme.pdf | wayback=20090306124735 | text=''Konjunkturprogramme in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Einordnung und Bewertung der Globalsteuerung 1967 bis 1982''.}} (PDF; 247 kB) Deutscher Bundestag, Wissenschaftlicher Dienst, 2008</ref> für insgesamt gescheitert erklärt.<ref name="bundestag" />
Ein Arbeitspapier von [[Daniel Leigh]] und [[Sven Jari Stehn]] kommt zum Ergebnis, dass die [[Geldpolitik]] in der Regel im Sinne einer erfolgreichen Konjunkturpolitik antizyklisch eingesetzt werden konnte, während das Bild für die [[Fiskalpolitik]] gemischt ausfällt. Während die Wirkung von fiskalischen Konjunkturprogrammen in kontinentaleuropäischen Ländern und Japan zumeist erst verspätet eintrat und folglich prozyklisch wirkte, trat die Wirkung der Fiskalpolitik in angelsächsischen Ländern rechtzeitig ein, so dass diese hier antizyklisch wirkte.<ref>Daniel Leigh, Sven Jari Stehn: [http://www.imf.org/external/pubs/ft/wp/2009/wp0950.pdf ''Fiscal and Monetary Policy During Downturns: Evidence from the G7''.] (PDF; 887 kB) IMF Working Paper WP/09/50</ref>
=== Angebotsorientierte Positionen ===
{{Hauptartikel|Angebotspolitik}}
Die [[Monetarismus|monetaristisch]]-[[Neoklassische Theorie|neoklassisch]] orientierte [[Angebotspolitik]] geht von der Stabilität des privaten Sektors aus. Abgesehen von [[Schock (Volkswirtschaftslehre)|exogenen Schocks]] beruhen Konjunkturschwankungen demnach im Wesentlichen auf Unvollkommenheiten des [[Markt (Wirtschaftswissenschaft)|Marktes]]. Zur Vermeidung von Konjunkturschwankungen gelte es also, die Marktunvollkommenheiten zu beseitigen.<ref>Wolfgang Cezanne: ''Allgemeine Volkswirtschaftslehre''. Oldenbourg, 2005, ISBN 978-3-486-57770-9, S. 490–494</ref> Aktive Konjunkturpolitik (diskretionäre [[Geldpolitik]] und [[Fiskalpolitik]]) wird grundsätzlich für schädlich gehalten. Der Monetarismus fordert eine regelgebundene Geldpolitik. Durch Anpassung der [[Geldmenge]] am [[Produktionspotenzial]] sollen gesamtwirtschaftliche Ungleichgewichte vermieden werden.<ref>Ulrich van Suntum: ''Die unsichtbare Hand'', S. 124</ref>
Angebotsorientierte Wirtschaftspolitik basiert auf der [[Saysches Theorem|Sayschen Theorie]], nach der jedes Angebot sich selbst eine Nachfrage schafft. Durch Stärkung der Leistungsanreize und Abbau von Leistungshemmnissen soll das Investitions- und Produktionsklima auf lange Sicht verbessert werden. Stetige Beseitigung von Angebotshemmnissen (Verstetigungspolitik).
==== Mögliche Maßnahmen ====
Die angebotsorientierte Wirtschaftspolitik hat ihre Aufgabe darin, Hemmnisse für die privatwirtschaftlichen Aktivitäten, besonders bei Investitionen, abzubauen, um so zu einer „Revitalisierung" der Wirtschaft zu gelangen.
* Geldwertstabilität durch potentialorientierte Geldpolitik
* Produktivitätsorientierte Lohnpolitik der Tarifpartner
* Marktpolitik (Unterbindung wettbewerbsbeschränkenden Verhaltens, Abbau einer „überhöhten" Sozialpolitik)
* Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für Investitionen der Unternehmen
* Senkung von Steuern und Abgaben für Unternehmen und private Haushalte.
* Weitgehender Verzicht des Staates auf Eingriffe in die Märkte.
* Grundsätzlich wird eine konjunkturneutrale Haushaltspolitik angestrebt, wobei konjunkturelle Abschwünge aber durch automatische Stabilisatoren und halbautomatischen Stabilisatoren abgemildert werden sollen. [[Automatischer Stabilisator|Automatische Stabilisatoren]] haben ohne Aktionen der Wirtschaftspolitik eine antizyklische Wirkung auf den Konjunkturverlauf (Bsp.: Arbeitslosenversicherung, Sozialhilfe, progressive Einkommensteuer). Bei schweren Wirtschaftskrisen sollen auch diskretionäre bzw. „halbautomatische" Stabilisatoren genutzt werden. Gemeint ist fallweise („diskretionäre") postkeynesianische (antizyklische) Fiskalpolitik.<ref name="juergen-paetzold/Stabpol%20Strategien" />
Der konjunkturneutrale Haushalt ist ein Budgetkonzept des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Erstmals hat der Sachverständigenrat 1967/68 den konjunkturneutralen Haushalt in seinen Jahresgutachten entwickelt und angewandt. Das Haushaltsvolumen ist in diesem Konzept konjunkturneutral, wenn es unmittelbar keine Abweichung der Auslastung des Produktionspotenzials von dem bewirkt, was mittelfristig als normal angesehen wird. Die Regeln des konjunkturneutralen Haushaltes sind:
* Konjunkturneutral sind die öffentlichen Ausgaben, wenn sie auf ein Basisjahr bezogen proportional zum Produktionspotenzial zu- oder abnehmen.
* Basisjahr ist der Zeitraum, in dem die öffentlichen Ausgaben einen allokativen und distributiven Zielinhalt gemäß Quote aufweisen.
* Steuereinnahmen, die den gleichen prozentualen Zuwachs wie das Volkseinkommen haben.
* Wenn die öffentliche Verschuldung den gleichen Zuwachs aufweist wie der des Produktionspotenzials.
Mit dem Konzept des konjunkturgerechten Haushalts wird auf den konjunkturellen Impuls von öffentlichen Haushalten abgezielt. Die aufgrund des konjunkturneutralen Haushaltes ermittelten tatsächlichen expansiven oder kontraktiven Impulse werden mit denjenigen verglichen, die notwendig gewesen wären, wenn bei einer gegebenen Abweichung vom Gleichgewichtspfad der Haushaltspolitik ein Nachfragedefizit oder ein Nachfrageüberschuss ausgeglichen werden sollte. Es werden hier die quantitativen Effekte der jeweiligen Haushaltspläne aufgezeigt.
==== Evaluierung und Kritik ====
Kritisiert wird unter anderem:<ref name="juergen-paetzold/Stabpol%20Strategien" />
* Eine „Umverteilung von unten nach oben". Viele Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen werden von Bevölkerungsteilen als sozialpolitisch „ungerecht" und verteilungspolitisch schädlich empfunden.
* Angebotsorientierte Wirtschaftspolitik erziele bestenfalls langfristig Erfolge, Politiker benötigten aber oftmals kurzfristige Erfolge.
* Die (unerwünschten) Auswirkungen bestimmter angebotspolitischer Maßnahmen auf Nachfrageeffekte (und somit auf Wachstum und Beschäftigung) würden (zumindest) den Verzicht auf eine radikale Angebotspolitik nahelegen (z. B. keine radikale Austeritätspolitik und keine forcierte Lohnzurückhaltung).
* Zweifelhaftigkeit des [[Laffer-Kurve|Laffer-Effekts]]: die abrupten Steuersenkungen in den Vereinigten Staaten unter Präsident [[Ronald Reagan]] verursachten extreme [[Staatsverschuldung|Haushaltsdefizite]] und hierdurch bedingte extreme Defizite in der [[Leistungsbilanz]].
* Bei niedriger Kapazitätsauslastung werden die Unternehmen nur Rationalisierungsinvestitionen durchführen, wodurch die Beschäftigung weiter sinkt.
== Historische und aktuelle Beispiele ==
* Der [[New Deal]] von 1933 bis 1938 in den USA
* Arbeitsbeschaffungs-, Infrastruktur- und Aufrüstungsprojekte von 1933 bis 1936 im [[Deutsches Reich|Deutschen Reich]]<ref>Hans-Ulrich Thamer: [http://www.bpb.de/themen/C6TWMI,0,0,Wirtschaft_und_Gesellschaft_unterm_Hakenkreuz.html#art0 ''Wirtschaft und Gesellschaft unterm Hakenkreuz''..] In: ''Nationalsozialismus'' II, ''[[Informationen zur politischen Bildung]]'', Heft 266, 2004</ref>
* Der Bau der [[Interstate Highway]]s unter US-Präsident [[Dwight D. Eisenhower]] in den 1950er Jahren
* Die [[Globalsteuerung]] in Deutschland seit 1967 bis in die zweite Hälfte der 1970er Jahre
* Die potentialorientierte Stabilisierungspolitik in Deutschland in den 1980er und 1990er Jahren
Im Zuge der [[Finanzkrise ab 2007]] und der daraus resultierenden Probleme beschlossene Konjunkturprogramme:
* [[US-Konjunkturprogramm 2008|US-Konjunkturprogramme 2008]] und [[US-Konjunkturprogramm 2009|2009]]
* Konjunkturpaket I ([[Maßnahmenpaket „Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung"]]) und [[Konjunkturpaket II|II („Entschlossen in der Krise")]] in Deutschland
* Österreichische [[Konjunkturbelebungspakete I und II]] und [[Steuerreform 2009]]
* [[Verschrottungsprämie]]
* [[Wachstumsbeschleunigungsgesetz]] in Deutschland
* [[Green Recovery]] und [[European Green Deal]] zur Überwindung der [[Wirtschaftskrise 2020]]
== Literatur ==
== Literatur ==
* Gunther Tichy: [http://books.google.lu/books?id=uQqkcL-mDB8C ''Konjunkturpolitik: Quantitative Stabilisierungspolitik bei Unsicherheit.''] Springer 1999. ISBN 3540659102, 9783540659105
* Walter Assenmacher: ''Konjunkturtheorie''. 8. Auflage. Oldenbourg, 1998, ISBN 3-486-23998-8
* [[Werner Glastetter]]: ''Konjunkturpolitik: Ziele, Instrumente, Alternative Strategien''. Bund Verlag, 1987, ISBN 3-7663-3048-9
* [[Gustav Horn]]: ''Konjunkturprogramme helfen''. In [[Wirtschaftsdienst]] 2008/9.
* Michael Grömling: ''Fiskalpolitik kontrovers: Konjunkturpolitische Optionen für Deutschland.'' In: ''DIV'', 2005, Nr. 18, ISBN 3-602-24115-7
* Ullrich Heilemann, Stefan Wappler, Georg Quaas, Hagen Findeis: ''Qual der Wahl? - Finanzpolitik zwischen Konsolidierung und Konjunkturstabilisierung''. [[Wirtschaftsdienst]] 2008/9.
* Jürgen Heubes: ''Konjunktur und Wachstum''. Vahlen, 1991. ISBN 3-8006-1485-5
* [[Jean Pisani-Ferry]], [[André Sapir]], [[Jakob von Weizsäcker]]: [http://www.bruegel.org/Public/fileDownload.php?target=/Files/media/PDF/Publications/Policy%20Briefs/European-Recovery-Programme-17112008.pdf ''A European Recovery Programme.''] [[BRUEGEL]] Policy Brief Nov. 2008
* Michael Holstein: ''Moderne Konjunkturtheorie: Reale Schocks, multiple Gleichgewichte und die Rolle der Geldpolitik.'' Metropolis, 1998, ISBN 3-89518-197-8
* Daniel Lampart: [http://www.sgb.ch/d-download/Dossier_62.pdf ''Welche Konjunkturprogramme wirken?''], Nov. 2008
* Alfred Maußner: ''Konjunkturtheorie''. Springer, 1994, ISBN 3-540-57790-4
* [[Philippe Aghion]], Ioana Marinescu: [http://www.marinescu.eu/AghionMarinescu2007.pdf ''Cyclical Budgetary Policy and Economic Growth: What Do We Learn from OECD Panel Data?''] 2007
* Jürgen Pätzold: ''Stabilisierungspolitik: Grundlagen der nachfrage- und angebotsorientierten Wirtschaftspolitik.'' 2008, ISBN 978-3-8006-3492-7
* Ulrich Teichmann: ''Grundriß der Konjunkturpolitik: Wachstum in Stabilität als Ziel''. 5. Auflage. Vahlen, 1997, ISBN 3-8006-2191-6
* Gunther Tichy: ''Konjunkturpolitik: Quantitative Stabilisierungspolitik bei Unsicherheit''. 4. Auflage. Springer, 1999, ISBN 3-540-65910-2
* Helmut Wagner: ''Stabilitätspolitik: theoretische Grundlagen und institutionelle Alternativen.'' 2004, ISBN 3-486-20031-3
* Maximilian Walter: ''Stabilisierungspolitik''. 2004, ISBN 3-89673-199-8
== Weblinks ==
* Antonio Spilimbergo, Steve Symansky, [[Olivier Blanchard]], [[Carlo Cottarelli]]: [http://www.imf.org/external/pubs/ft/spn/2008/spn0801.pdf Fiscal Policy for the Crisis] (PDF; 810 kB) 29. Dezember 2008 (englisch)
* Claus-Martin Gaul: [http://www.bundestag.de/wissen/analysen/2009/konjunkturprogramme.pdf ''Konjunkturprogramme in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Einordnung und Bewertung der Globalsteuerung 1967 bis 1982''.] (PDF; 247 kB) Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, 2008
* Patrick Schreiner: [http://www.annotazioni.de/post/715 ''Kein Wachstum auf Pump? Wie Merkel & Co. entscheidende Fragen nicht stellen''.] 1. Juni 2012. Abgerufen am 7. Februar 2013.
Demgegenüber versteht man unter Konjunkturpolitik im engeren Sinne wirtschaftspolitische Maßnahmen, die darauf zielen, Konjunkturschwankungen in Grenzen zu halten und ein möglichst gleichmäßiges Wirtschaftswachstum zu erreichen.[2]
Ausgaben- und Einnahmenüberschüsse der einzelnen Sektoren[4]
Arithmetische Zusammenhänge zwischen Defiziten (Ausgabenüberschüsse) und (Einnahme-)Überschüssen unter den Sektoren werden durch die Sektoralen Salden ersichtlich und innerhalb der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ermittelt.
Probleme wie z. B. hohe Arbeitslosigkeit können aus unterschiedlichen Gründen auftreten. Man unterscheidet daher zwischen Fehlentwicklungen, die einerseits durch Wirtschaftsschwankungen und andererseits durch strukturelle Probleme hervorgerufen werden (z. B. strukturelle Arbeitslosigkeit, machtbedingte (Lohnkosten-)Inflation).
Die Zielsetzung der Konjunkturpolitik im engeren Sinne besteht darin, starke Konjunkturausschläge und konjunkturelle Arbeitslosigkeit möglichst zu vermeiden. Hierzu wird versucht, Abweichungen des Auslastungsgrades vom Normalauslastungsgrad (Rezessionen einerseits, konjunkturelle Überhitzung andererseits) gering zu halten.[1] Es wird also versucht durch einen rechtzeitigen Einsatz konjunkturpolitischer Mittel eine Überforderung des Produktionspotentials (die Gefahr eines starken Preisanstiegs und struktureller Fehlentwicklungen durch überzogene Wachstumsrate) sowie eine Unterauslastung des Produktionspotentials (die Gefahr eines Beschäftigungsrückganges und sich weiter verschlechternder Situation aufgrund pessimistischer Perspektiven) zu vermeiden.
Die Konjunkturtheorie untersucht und beschreibt die Ursachen und Auswirkungen der Konjunktur und des Konjunkturzyklus. Im Jahre 1937 wurde von Gottfried von Haberler, im Auftrag des damaligen Völkerbundes, eine Systematik sowie ein Überblick über die ersten Konjunkturtheorien erstellt. Gottfried von Haberler gilt als Pionier der Konjunkturtheorien. Seit seiner Aufstellung der oben genannten Theorien haben Vertreter dieser Theorien unterschiedliche Ursachen für Konjunkturzyklen in Betracht gezogen und weitere Theorien aufgestellt.[6] Die Konjunkturtheorien lassen sich wie folgt grob unterteilen:
Jede Rezession ist mit einem Rückgang der Nachfrage verbunden. Bei einem flexiblen Arbeitsmarkt gehen damit auch Senkungen des Reallohns einher.
Zu Salden-Interdependenz.
Es besteht daher die große Gefahr, dass die stagnierende Volkswirtschaft in eine Deflationsspirale gerät.[7] Paradebeispiel für dieses wirtschaftspolitische Dilemma einer stagnierenden Volkswirtschaft ist die japanische Krise Anfang der 1990er Jahre.
Mittels der Fiskalpolitik können im Fall einer Rezession die öffentlichen Ausgaben (z. B. öffentliche Investitionen) erhöht und/oder die öffentlichen Einnahmen (z. B. Steuern) gesenkt werden, um damit die Kaufkraft im privaten Sektor zu stärken. Infolgedessen wird ein negatives Budgetsaldo der öffentlichen Haushalte bewirkt, um die Gesamtnachfrage anzukurbeln (deficit spending) und in einer Konjunkturschwankung einen Budgetüberschuss zu erwirtschaften, um einer Überbeanspruchung des Produktionspotenzials entgegenzuwirken. Diese antizyklische Entwicklung des Budgetsaldos ergibt sich aufgrund der Ausgestaltung des deutschen Steuersystems, weil das Steueraufkommen in den Rezessionsphasen zurückgeht, während sich die meisten Staatsausgaben (z. B. Arbeitslosengeld) in der Rezession erhöhen. Somit hat der öffentliche Haushalt eine automatisch stabilisierende Wirkung auf die Konjunktur (automatische Stabilisierung). Voraussetzung für eine stabilisierende Wirkung des öffentlichen Budgets ist, dass in den Aufschwungphasen genügend Steuermittel stillgelegt wurden, damit diese in der Rezession für zusätzliche Ausgaben verwendet werden können. Der Staat betreibt dann Fiskalpolitik, wenn er fiskalpolitische Instrumente im Rahmen der Konjunkturpolitik einsetzt.[8]
Ein konjunkturelles Defizit entsteht bei öffentlichen Haushalten auch ohne aktive Fiskalpolitik bereits durch die konjunkturellen Auswirkungen auf die Steuereinnahmen und das Sozialsystem. Zum einen durch konjunkturbedingte Steuerausfälle, da die Menschen aus Unsicherheit vor einer etwaigen schlechten wirtschaftlichen Zukunft weniger konsumieren. Aber auch durch Mehrausgaben von staatlichen Einrichtungen, wie die Agentur für Arbeit in Form von Arbeitslosengeld 1 bzw. Arbeitslosengeld 2, da in der Abschwung- bzw. Rezessionsphase die Arbeitslosenzahl steigt.
Schaffung günstiger Arbeits- und Produktionsumgebung (z. B. flexiblere Tarifverträge)
Je nachdem, welche wirtschaftspolitischen Ziele verfolgt werden, können Instrumente unterschiedlich eingesetzt werden.[9]
Nach der Wirkungsweise lassen sich fiskalpolitische Maßnahmen wie folgt einteilen:
Expansive Fiskalpolitik: Instrumente werden zur Förderung des Wachstums eingesetzt, z. B. durch Erhöhung der Staatsausgaben, Auflösung der Konjunkturausgleichsrücklagen. Notfalls müssen Budgetdefizite in Kauf genommen werden, damit sich die öffentlichen Ausgaben erhöhen und somit die Konjunktur belebt wird (deficit spending).
Kontraktive Fiskalpolitik: Hier werden Instrumente zur Dämpfung der Konjunktur eingesetzt, z. B. durch Senkung der Staatsausgaben und Bildung von Konjunkturausgleichsrücklagen (surplus saving).[9]
Sind Zielkonflikte vorhanden, ist es unmöglich alle Ziele gleichzeitig zu erreichen. Somit muss der Staat Prioritäten zwischen den Zielen setzten.
Parlamentarische Hürden schränken die Handlungsfähigkeit des Staates ein. So können einmal gewährte Privilegien nur schwer rückgängig gemacht werden.
Indirekte Einflussnahme auf wirtschaftliche Größen macht es dem Staat schwer, diese direkt zu beeinflussen. Demnach hat der Staat nur durch die Staatsausgaben eine direkte Einflussnahme auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage.
Eine zeitliche Verzögerung der Maßnahmen aufgrund von indirekten Einflussnahmen, führt dazu, dass bestimmte Maßnahmen sich erst in Folgeperioden auswirken. Wenn sich die Wirtschaftsentwicklung bis dahin umkehrt, wirken staatliche Maßnahmen kontraproduktiv, da sie dann mitunter ungewünschte Entwicklungen verstärken.[8]
Der Begriff „Konjunkturimpuls", auch „fiskalischer Impuls" genannt, bezieht sich auf die erhöhten Staatsausgaben, die gezielt zur Bekämpfung des konjunkturellen Abschwungs beschlossen werden.[10] Im Hintergrund steht die Überlegung, dass die staatlichen Ausgaben den Nachfrage-Ausfall am Markt kurzfristig ersetzen sollen. Die Produktionslücke (die Differenz zwischen dem Sozialprodukt, das mit dem vorhandenen Potenzial produziert werden könnte, und dem, was tatsächlich aufgrund der zurückbleibenden Nachfrage produziert wird) soll möglichst geschlossen werden.
Die Wirtschaftshistorikerin und Regierungsberaterin Christina D. Romer zieht aus der Weltwirtschaftskrise von 1929 und einer Evaluation der damaligen Wirtschaftspolitik des New Deal folgende konjunkturpolitische Lehren: Der Stimulus muss gesamtwirtschaftlich ins Gewicht fallen und darf nicht vorschnell ausgesetzt werden. Die Bundesstaaten und die Kommunen dürfen nicht rigider Budgetregeln wegen zu prozyklischen Ausgabekürzungen gezwungen werden. Die Geldpolitik kann auch bei einem extrem niedrigen Zinsniveau unterstützend wirken, indem sie der Bildung deflationärer Erwartungen entgegenwirkt.[11]
Diese kann mit ihren Instrumenten die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nicht unmittelbar beeinflussen. Folglich kann die Geldpolitik aber über Zinssatz- und Geldmengenänderung indirekt auf die Ausgabendispositionen der privaten Haushalte und Unternehmen Einfluss nehmen. Hierbei ist die Stärke des Zusammenhangs zwischen monetärem und realem Bereich einer Wirtschaft ausschlaggebend für die Wirksamkeit einer konjunkturpolitisch orientierten Geldpolitik. Dabei betont die keynesianische Erklärung die Liquiditätskomponente geldpolitischer Maßnahmen. Demnach führt eine Erhöhung der Bankenliquidität zur Senkung der Zinssätze und auch der Kreditkosten und beeinflusst dadurch die realen Investitionen.
Die monetäre Erklärung betont hingegen die Vermögenskomponenten. D. h. Geldmengenerhöhungen setzen eine lange Kette von Substitutionsvorgängen frei. Folglich steigt zunächst die Nachfrage nach Wertpapieren und an Finanzaktiva, während deren Rendite sinkt und es am Ende der Kette zu steigender Geldnachfrage kommt. Zu beachten ist, dass reale Effekte der Geldpolitik nur vorübergehend sind und langfristig gesehen nur das Preisniveau steigt.[8]
Siehe auchKreditplafondierung, als rigide konjunkturdämpfende Maßnahme bei Überhitzungs-Tendenz.
Hier gilt der Grundsatz, dass eine anhaltende Arbeitslosigkeit immer und überall auf ein zu hohes Reallohnniveau zurückzuführen ist. Dies bedeutet, dass es bei einer Vollbeschäftigung zu Lohnerhöhungen kommt und über die Produktionsentwicklung hinweg zur Steigerung der Kosten und damit zur Inflation führt. Deshalb werden je nach Lage kostenniveauneutrale Lohnregeln (kostenniveauneutrale Lohnpolitik) bzw. vollbeschäftigungskonforme Richtlinien (vollbeschäftigungskonforme Lohnpolitik) empfohlen, wodurch die Einkommenspolitik zum Instrument der Konjunkturpolitik wird. Da der Marktmechanismus auch das Ziel der verteilenden Gerechtigkeit erfüllt, werden deshalb aktive Umverteilungsbemühungen abgelehnt, weil die Lohnregeln und -empfehlungen sowieso nur die stattfindende marktmäßige Entwicklung vorwegnehmen und beschleunigen. Dabei geht es nicht um die Lösung des Verteilungskonflikts, sondern darum, die Gegenseite (Arbeitnehmer, Gewerkschaften) davon zu überzeugen, dass sie ihre autonomen Verteilungspläne aufgeben.[8]
Ansätze keynesianischer Prägung
Auch hier wird laut keynesianischer und postkeynesianischer Annahme zugrunde gelegt, dass die traditionelle Konjunkturpolitik mit den Zielen Preisstabilität und Vollbeschäftigung teilweise aufgrund des Verteilungskonflikts zwischen den Gruppen versagt. Laut der Ansicht dieser Konjunkturmodelle dient Einkommens- bzw. Lohnpolitik nicht nur zur konjunkturpolitischen Absicherung, sondern hat auch einen Umverteilungscharakter, solange ungerechtfertigte Ungleichheiten vorliegen.[8]
Bei der nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik kommt dem Staat die Aufgabe zu, in konjunkturellen Rezessionen die Wirtschaft durch „Konjunkturimpulse" anzukurbeln, ggf. auch durch staatliche Schuldenaufnahme (Deficit spending). Hierzu können Steuern gesenkt, zeitlich begrenzte Investitionsanreize für Unternehmen gesetzt und/oder staatliche Investitionen in Infrastrukturprojekte getätigt werden. Nicht alle Arten von Ausgaben sind rasch oder in gleicher Höhe nachfragewirksam. So werden bei einer Senkung der Einkommensteuer oder der Unternehmenssteuern nicht sofort diese betreffenden Geldbeträge in derselben Höhe für wachstumsfördernden Konsum oder Investitionen ausgegeben, sondern werden angespart oder zur Schuldentilgung eingesetzt.[12] Schneller und zu einem größeren Teil nachfragewirksam (Multiplikatorwirkung) sind Erhöhungen des verfügbaren Einkommens der einkommensschwachen Privathaushalte sowie schnell umsetzbare Infrastrukturinvestitionen.[13] Ergänzt wird eine nachfrageorientierte Konjunkturpolitik durch eine antizyklische Geldpolitik. In einer Krise soll eine Niedrigzinspolitik (Politik des billigen Geldes) Investitionen und die Finanzierung staatlicher Budgetdefizite erleichtern.[14]
Dem Einwand einer drohenden Staatsverschuldung wird entgegengewirkt, indem darauf hingewiesen wird, dass die durch die Schuldenaufnahme finanzierten Investitionen in die Infrastruktur als Basis für den wachsenden Wohlstand einer Volkswirtschaft ebenfalls von Bedeutung sind. Wenn man die Schuldenaufnahme auf die Größe des Bruttosozialprodukts bezieht, so wird durch die staatlichen Maßnahmen gleichzeitig die Größe des Nenners dieser Bruchzahl verändert. „Kreditfinanzierung heißt nicht, dass sich der Saldo aus Staatsausgaben und -einnahmen in gleicher Höhe verschlechtert."
Aus neoklassischer Sicht genannte Kritikpunkte an nachfrageorientierter Wirtschaftspolitik / keynesianischer Konjunkturpolitik sind:[15]
Eine expansive Fiskalpolitik verursache zunehmende Staatsverschuldung, da Demokratien nur selten die Keynessche Forderung einhalten, in der Krise aufgenommene Schulden während einer wirtschaftlich guten Phase wieder zu tilgen.
Von dieser Entwicklung ginge auch der sogenannte Crowding-out-Effekt aus, nach dem eine expansive Neuverschuldung des Staates die Kreditmärkte austrockne, wodurch zu wenig Kredite für die Privatwirtschaft und den privaten Konsum zur Verfügung stünden, die gerade in einer Rezession wichtig wären.
Eine einseitige Ausrichtung der Wirtschaftspolitik auf die Nachfrageseite vernachlässigt die Angebotsseite, was zu einer Verringerung der Investitionstätigkeit und folglich zu einer Verlangsamung der Wachstumsdynamik führe
In der Realität fiele der Multiplikatoreffekt von staatlichen Beschäftigungsprogrammen wesentlich geringer aus, als in keynesianischen Modellen angenommen. Vielfach treten nur kurzfristige „Strohfeuereffekte" auf, während langfristig sogar negative Effekte auf Produktions- und Beschäftigungsentwicklung zu verzeichnen sind.
Staatliche Vollbeschäftigungspolitik verschärfe Verteilungskämpfe und Inflation, wodurch sich die Wachstumsdynamik verlangsame
In keynesianischen Modellen würden die langfristigen Folgen der Inflation verharmlost
Die „positiven Wirkungen von Reinigungskrisen" würden außer Kraft gesetzt – mit auf Dauer negativen Wirkungen für Wachstum und Beschäftigung.
Kurzfristige Orientierung: Die Summe kurzfristig „richtiger" Maßnahmen könnte in der mittleren und langen Frist zu Problemen führen. Es bestünde eine Tendenz zur Inflation durch eine immer wieder von neuem expansive Geldpolitik, die auf Dauer die Geldmenge zu stark ausweite
Antizyklische Konjunkturpolitik kann mit langen time-lags verbunden sein. Dann wirkt sie nicht mehr antizyklisch, sondern prozyklisch.
Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hat am 22. Januar 2009 in einem Papier die von 1967 bis 1982 in Deutschland betriebene Globalsteuerung, also den Versuch einer Feinsteuerung der wirtschaftlichen Entwicklung auf ein reales Wirtschaftswachstum von 4 %, einer Arbeitslosenquote von unter 0,8 % und einer Inflationsrate von unter 1 %[16] für insgesamt gescheitert erklärt.[16]
Ein Arbeitspapier von Daniel Leigh und Sven Jari Stehn kommt zum Ergebnis, dass die Geldpolitik in der Regel im Sinne einer erfolgreichen Konjunkturpolitik antizyklisch eingesetzt werden konnte, während das Bild für die Fiskalpolitik gemischt ausfällt. Während die Wirkung von fiskalischen Konjunkturprogrammen in kontinentaleuropäischen Ländern und Japan zumeist erst verspätet eintrat und folglich prozyklisch wirkte, trat die Wirkung der Fiskalpolitik in angelsächsischen Ländern rechtzeitig ein, so dass diese hier antizyklisch wirkte.[17]
Die monetaristisch-neoklassisch orientierte Angebotspolitik geht von der Stabilität des privaten Sektors aus. Abgesehen von exogenen Schocks beruhen Konjunkturschwankungen demnach im Wesentlichen auf Unvollkommenheiten des Marktes. Zur Vermeidung von Konjunkturschwankungen gelte es also, die Marktunvollkommenheiten zu beseitigen.[18] Aktive Konjunkturpolitik (diskretionäre Geldpolitik und Fiskalpolitik) wird grundsätzlich für schädlich gehalten. Der Monetarismus fordert eine regelgebundene Geldpolitik. Durch Anpassung der Geldmenge am Produktionspotenzial sollen gesamtwirtschaftliche Ungleichgewichte vermieden werden.[19]
Angebotsorientierte Wirtschaftspolitik basiert auf der Sayschen Theorie, nach der jedes Angebot sich selbst eine Nachfrage schafft. Durch Stärkung der Leistungsanreize und Abbau von Leistungshemmnissen soll das Investitions- und Produktionsklima auf lange Sicht verbessert werden. Stetige Beseitigung von Angebotshemmnissen (Verstetigungspolitik).
Die angebotsorientierte Wirtschaftspolitik hat ihre Aufgabe darin, Hemmnisse für die privatwirtschaftlichen Aktivitäten, besonders bei Investitionen, abzubauen, um so zu einer „Revitalisierung" der Wirtschaft zu gelangen.
Geldwertstabilität durch potentialorientierte Geldpolitik
Produktivitätsorientierte Lohnpolitik der Tarifpartner
Marktpolitik (Unterbindung wettbewerbsbeschränkenden Verhaltens, Abbau einer „überhöhten" Sozialpolitik)
Deregulierung z. B. arbeitsrechtlicher Regelungen
Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für Investitionen der Unternehmen
Senkung von Steuern und Abgaben für Unternehmen und private Haushalte.
Weitgehender Verzicht des Staates auf Eingriffe in die Märkte.
Grundsätzlich wird eine konjunkturneutrale Haushaltspolitik angestrebt, wobei konjunkturelle Abschwünge aber durch automatische Stabilisatoren und halbautomatischen Stabilisatoren abgemildert werden sollen. Automatische Stabilisatoren haben ohne Aktionen der Wirtschaftspolitik eine antizyklische Wirkung auf den Konjunkturverlauf (Bsp.: Arbeitslosenversicherung, Sozialhilfe, progressive Einkommensteuer). Bei schweren Wirtschaftskrisen sollen auch diskretionäre bzw. „halbautomatische" Stabilisatoren genutzt werden. Gemeint ist fallweise („diskretionäre") postkeynesianische (antizyklische) Fiskalpolitik.[15]
Der konjunkturneutrale Haushalt ist ein Budgetkonzept des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Erstmals hat der Sachverständigenrat 1967/68 den konjunkturneutralen Haushalt in seinen Jahresgutachten entwickelt und angewandt. Das Haushaltsvolumen ist in diesem Konzept konjunkturneutral, wenn es unmittelbar keine Abweichung der Auslastung des Produktionspotenzials von dem bewirkt, was mittelfristig als normal angesehen wird. Die Regeln des konjunkturneutralen Haushaltes sind:
Konjunkturneutral sind die öffentlichen Ausgaben, wenn sie auf ein Basisjahr bezogen proportional zum Produktionspotenzial zu- oder abnehmen.
Basisjahr ist der Zeitraum, in dem die öffentlichen Ausgaben einen allokativen und distributiven Zielinhalt gemäß Quote aufweisen.
Steuereinnahmen, die den gleichen prozentualen Zuwachs wie das Volkseinkommen haben.
Wenn die öffentliche Verschuldung den gleichen Zuwachs aufweist wie der des Produktionspotenzials.
Mit dem Konzept des konjunkturgerechten Haushalts wird auf den konjunkturellen Impuls von öffentlichen Haushalten abgezielt. Die aufgrund des konjunkturneutralen Haushaltes ermittelten tatsächlichen expansiven oder kontraktiven Impulse werden mit denjenigen verglichen, die notwendig gewesen wären, wenn bei einer gegebenen Abweichung vom Gleichgewichtspfad der Haushaltspolitik ein Nachfragedefizit oder ein Nachfrageüberschuss ausgeglichen werden sollte. Es werden hier die quantitativen Effekte der jeweiligen Haushaltspläne aufgezeigt.
Eine „Umverteilung von unten nach oben". Viele Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen werden von Bevölkerungsteilen als sozialpolitisch „ungerecht" und verteilungspolitisch schädlich empfunden.
Angebotsorientierte Wirtschaftspolitik erziele bestenfalls langfristig Erfolge, Politiker benötigten aber oftmals kurzfristige Erfolge.
Die (unerwünschten) Auswirkungen bestimmter angebotspolitischer Maßnahmen auf Nachfrageeffekte (und somit auf Wachstum und Beschäftigung) würden (zumindest) den Verzicht auf eine radikale Angebotspolitik nahelegen (z. B. keine radikale Austeritätspolitik und keine forcierte Lohnzurückhaltung).
Michael Grömling: Fiskalpolitik kontrovers: Konjunkturpolitische Optionen für Deutschland. In: DIV, 2005, Nr. 18, ISBN 3-602-24115-7
Jürgen Heubes: Konjunktur und Wachstum. Vahlen, 1991. ISBN 3-8006-1485-5
Michael Holstein: Moderne Konjunkturtheorie: Reale Schocks, multiple Gleichgewichte und die Rolle der Geldpolitik. Metropolis, 1998, ISBN 3-89518-197-8
↑Werner Vomfelde: Einführung in die Konjunkturpolitik. Duncker & Humblot, 1977, ISBN 3-428-03990-4, S. 53 ff
↑Ewald Nowotny: Gründe und Grenzen der öffentlichen Verschuldung. In: Ökonomie in Theorie und Praxis. Berlin / Heidelberg 2002, S. 261, books.google.at (siehe auch Tabelle Übersicht 3: Sektorale Finanzierungssalden auf S. 262):
„Wichtigster Ansatz dafür ist die Gesamtwirtschaftliche Finanzierungsrechnung, die die Einnahmen- und Ausgabenüberschüsse (Finanzierungssalden) der einzelnen Sektoren der Volkswirtschaft erfasst. Dabei gilt, dass die Summe der Finanzierungssalden der einzelnen Sektoren (Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben) Null ergeben muss."
↑Walter Assenmacher: Konjunkturtheorie. 8. Auflage. Oldenbourg Verlag, München/Wien, ISBN 3-486-23998-8
↑Alfred Maußner: Konjunkturtheorie. Springer Verlag, Berlin/Heidelberg 1994, ISBN 3-540-57790-4. S. 25 ff.