[rohrpost] Mailinglisten

Tilman Baumgaertel on Mon, 6 Mar 2000 19:07:44 +0100 (CET)


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[rohrpost] Mailinglisten


Ein gewisses Grundrauschen Die neueste hei?e Internet-Anwendung ist die
トlteste: E-Mail! Mailinglisten werden zum
Gesch臟tsmodell
Tilman Baumg舐tel
Mehr als 42 Millionen Dollar sind kein Pappenstiel - selbst in der
Internetbranche nicht, in der astronomische Investitionen an der
Tagesordnung sind. Doch als Anfang des Jahres bekannt wurde, dass in die
amerikanische Firma eGroups gut 42 Millionen Dollar Risikokapital gesteckt
werden, war die Verbl?ffung in der Internetbranche gro?. 
Denn "eGroups" bieten keine "Killer-Application"-Software und kein
lukratives eCommerce-Gesch臟t, sondern eine relativ unscheinbare
Dienstleistung: Jeder Internetsurfer kann hier ohne gro?es technisches
Know-how eine eigene Mailingliste einrichten. 42 Millionen Dollar f?r ...
Mailinglisten? 
Bisher sind Mailinglisten eines des bestgeh?teten Geheimnisse des
Internets, das nur von einer kleinen Minderheit von Netz-Usern benutzt
wird. Sie funktionieren so: Online-Surfer, die an einer Liste teilnehmen
wollen, m?ssen sich bei einem E-Mail-Server anmelden. Dann k?nnen sie auf
der Liste selbst Beitr臠e einschicken ("posten"), die an alle anderen
Abonnenten verteilt werden. 
"Gruppenkommunikation per E-Mail" wird das im Fachjargon genannt; man
k?nnte aber auch von "Schwatzbuden, in denen ?ber alle m?glichen und
unm?glichen Themen diskutiert wird", sprechen. Berliner Nachtschw舐mer
verbreiten die Adressen von geheimen Untergrundclubs, ?sterreichische
Haider-Gegner die aktuellen Demo-Termine in Wien; Bauern tauschen sich auf
Mailinglisten ?ber die Schweinezucht aus, Cineasten ?ber die Filme Godards. 
Niemand wei? genau, wie viele Mailinglisten im Internet existieren. Doch
Sch舩zungen gehen von 150 000 bis 250 000 und einem Wachstum von f?nf bis
zehn Prozent pro Monat aus - was schneller ist als die Zunahme der
Web-Nutzung. Wegen des hohen Niveaus der Informationen auf vielen
Mailinglisten, gibt es inzwischen schon eigene Suchmaschinen, die deren
Archive durchsuchen. 
Samstags gemeinsames Fr?hst?ck 
"Der Vorteil von Mailinglisten ist, dass sie jeder benutzen kann", sagt
Jochen Wegner, Redakteur bei Focus, der seit 1994 "Jo-Net" betreibt. Im
"Jo-Net", einer Mailingliste f?r Journalisten, diskutieren bis zu 1 200
Kollegen ?ber die Fragen, die ihre Profession aufwirft. Hier haben sich
Freundschaften und Feindschaften entwickelt; einige der "Jo-Net"-Mitglieder
treffen sich inzwischen samstagmorgens zum Fr?hst?ck, besuchen sich gar im
Urlaub. 
Auch bei anderen Listen geht die Bedeutung ?ber einen zwanglosen Austausch
von Nachrichten hinaus. Sie schwei?en ihre Benutzer zu "virtuellen
Gemeinschaften" zusammen, die auch Bedeutung f?r das Privatleben der
Teilnehmer haben. Die Internettheorie-Liste "nettime" publizierte im
vergangenen Jahr gar ein 500-seitiges Buch mit einer Auswahl aus den
Essays, die auf der Liste gepostet worden waren. 
Ein Grund f?r die Popularit舩 der Mailingliste ist ihre leichte
Zug舅glichkeit: E-Mail ist nicht nur schnell und darum auch f?r User mit
langsamer Online-Verbindung leicht zu empfangen. Gleichzeitig ist die
Bedienung narrensicher: "Eine E-Mail verschicken kann inzwischen fast
jeder", sagt Jochen Wegner. 
Witze und Wal-Beobachtung 
Doch bisher war die Einrichtung von Mailinglisten denjenigen vorbehalten,
die ?ber einen Zugang zu einem Internetserver verf?gten. Angebote wie
"eGroups" oder Microsofts "Listbot" wollen das nun 舅dern. Bei ihnen soll
jeder Netznutzer sein eigener Listeninhaber werden k?nnen. In den USA hat
eCircle nach eigenen Angaben schon acht Millionen Mitglieder, ?ber die
Rechner des Unternehmens sollen t臠lich bis zu 27 Millionen Mails gehen -
vom j臧rlichen Rundbrief f?r kalifornische Wal-Beobachter bis zur
Witze-Liste. 
Ab April soll nun auch der deutschsprachige Markt aufgerollt werden.
eGroups-Europa-Manager Marcus Riecke baut in Hamburg ein B?ro auf;
Niederlassungen und Angebote in Paris und London sind bereits in Planung,
und die Konkurrenz schl臟t nicht: ebenfalls im April will auch eCircles mit
einem 臧nlichen Angebot an den Start gehen. 
F?r die neuen Anbieter sind Mailinglisten vor allem eine Methode, um
Werbung im Internet effektiver und zielsicherer an den Internetsurfer zu
bringen. Denn finanzieren sollen sich die Angebote, die f?r die User
umsonst sind, durch Werbebotschaften, die in den Mails verschickt werden -
am Ende jeder Nachricht, die ?ber die Liste gehen, soll ein Reklamespruch
untergebracht werden. 
"Targeting", "zielen", nennt man diese Reklamemethode im Marketing-Jargon,
denn die Werbung kann pr艘ise auf die Interessen der Empf舅ger
zugeschnitten werden: Musikfans werden ?ber neue MP-3-Angebote informiert,
Hundefreunde ?ber Hundefutter. 
Dauerberieselung mit Werbung 
"Bannerwerbung funktioniert nicht mehr", sagt Markus Riecke von eGroups
knapp - denn die kann kaum auf die individuellen Vorlieben ihrer Betrachter
zugeschnitten werden. Bei den Mailinglisten w?rde dagegen jede
Werbebotschaft ihre Zielgruppe finden. Darum f?rchtet Riecke auch nicht,
dass bei den eGroups-Kunden die Dauerberieselung mit Reklame auf Ablehnung
st??t: "Die Werbung bei uns soll nicht st?ren, sondern sich den Interessen
der Nutzer anpassen."
Mailinglisten-Fans der alten Schule sehen das anders. Auf gar keinen Fall
"mit Werbung bel舂mert werden" m?chte Klaus Arnhold, der die Mailingliste
"Networker" f?r Angestellte in der Internetbranche betreibt. Er will seine
Mailingliste darum auf jeden Fall weiter ?ber den Internetserver seines
Providers laufen lassen. 
Und auch Jochen Wegner vom "Jo-Net" fragt sich: "Was passiert, wenn eines
dieser Unternehmen Pleite geht und im schlimmsten Fall alle E-Mail-Adressen
l?scht? Dann w舐e das ganze Forum verschwunden - in vielen F舁len
wahrscheinlich f?r immer." 
 LEXIKON
 Mailinglisten
 Mailinglisten waren
die ersten Medien zur Gruppenkommunikation im Internet. 
 ieGroups 
 http://www.eGroups.com 
 Listbot 
 http://www.listbot.com 
 eCircles 
 http://www.eCircles.com 
 Artikel vom 6. M舐z
2000 
http://www.BerlinOnline.de/aktuelles/berliner_zeitung/multimedia/.html/1arti
k03.html
Ein Service von Berliner Zeitung, TIP BerlinMagazin, Berliner Kurier und
Berliner Abendblatt. ゥ G+J BerlinOnline GmbH, 06.03.2000 
Mediation is a lie told with the utmost conviction.
Cary Peppermint
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