Symmetrische Wahrscheinlichkeitsverteilung
Als symmetrische (Wahrscheinlichkeits-) Verteilungen bezeichnet man in der Stochastik spezielle Wahrscheinlichkeitsverteilungen auf den reellen Zahlen. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass (im einfachsten Fall) die Wahrscheinlichkeit, einen Wert kleiner als {\displaystyle -x} zu erhalten, immer gleich groß ist wie die Wahrscheinlichkeit, einen Wert größer als {\displaystyle x} zu erhalten. Besitzt eine Zufallsvariable eine symmetrische Verteilung, so nennt man sie auch eine symmetrische Zufallsvariable.
Definition
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Ein Wahrscheinlichkeitsmaß {\displaystyle P} auf {\displaystyle (\mathbb {R} ,{\mathcal {B}}(\mathbb {R} ))} heißt symmetrisch (um Null), wenn für alle {\displaystyle x\in \mathbb {R} } gilt:
- {\displaystyle P((-\infty ,-x])=P([x,+\infty ))}
Analog heißt eine reellwertige Zufallsvariable symmetrisch (um Null), wenn die Verteilung von {\displaystyle X} mit der Verteilung von {\displaystyle -X} übereinstimmt, es gilt also
- {\displaystyle P_{X}=P_{-X}} bzw. {\displaystyle X,円,円{\stackrel {\mathcal {D}}{=}},円-X}.
Allgemeiner heißt ein Wahrscheinlichkeitsmaß {\displaystyle P} auf {\displaystyle (\mathbb {R} ,{\mathcal {B}}(\mathbb {R} ))}symmetrisch um {\displaystyle a}, wenn
- {\displaystyle P((-\infty ,a-x])=P([a+x,+\infty ))}
für alle {\displaystyle x\in \mathbb {R} } gilt, ebenso wie eine reellwertige Zufallsvariable symmetrisch um {\displaystyle a} heißt, wenn
- {\displaystyle X-a,円,円{\stackrel {\mathcal {D}}{=}},円-(X-a)}
gilt.
Erste Beispiele
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- Die Gleichverteilung ist symmetrisch um ihren Erwartungswert.
- Die Normalverteilung {\displaystyle N(\mu ,\sigma )} ist symmetrisch um ihren Erwartungswert {\displaystyle \mu }.
- Nicht symmetrisch, also um keinen Punkt symmetrisch, sind zum Beispiel die Exponentialverteilung oder die Poisson-Verteilung.
Eigenschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Charakterisierung durch die Verteilungsfunktion
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Die Symmetrie einer Zufallsvariablen/Verteilung kann auch über ihre Verteilungsfunktion charakterisiert oder definiert werden. Bezeichnet man mit {\displaystyle F_{-}(x)} den linksseitigen Grenzwert an der Stelle {\displaystyle x}, so ist die Verteilung bzw. Zufallsvariable genau dann symmetrisch um Null, wenn
- {\displaystyle F(-x)+F_{-}(x)=1}
für alle {\displaystyle x\in \mathbb {R} } gilt und genau dann symmetrisch um {\displaystyle a}, wenn
- {\displaystyle F(a-x)+F_{-}(a+x)=1}.
Wahrscheinlichkeitsdichtefunktionen und Wahrscheinlichkeitsfunktionen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Die Symmetrie einer Wahrscheinlichkeitsverteilung lässt sich auch direkt über die Wahrscheinlichkeits(dichte)funktionen der Verteilung definieren:
- Ist {\displaystyle P} eine absolutstetige Verteilung, so ist {\displaystyle P} genau dann symmetrisch um {\displaystyle a}, wenn die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion achsensymmetrisch bzgl. der Achse {\displaystyle x=a} ist.
- Ist {\displaystyle P} eine diskrete Verteilung auf den reellen Zahlen, so ist {\displaystyle P} genau dann symmetrisch um {\displaystyle a}, wenn die Wahrscheinlichkeitsfunktion achsensymmetrisch bzgl. der Achse {\displaystyle x=a} ist.
Median und Momente
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Das Symmetriezentrum stimmt immer mit einem Median überein, ebenso der Erwartungswert falls dieser existiert. Dies muss aber bei symmetrischen Wahrscheinlichkeitsverteilungen nicht immer der Fall sein wie die Standard-Cauchy-Verteilung zeigt: Sie ist symmetrisch um Null, ihr Erwartungswert existiert aber nicht.
Allgemein gilt: ist {\displaystyle X} eine um {\displaystyle a} symmetrische Zufallsvariable und existiert ihr {\displaystyle (2k+1)}-tes Moment, so ist
- {\displaystyle \operatorname {E} ((X-a)^{2k+1})=0}.
Charakteristische Funktionen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Die charakteristische Funktion einer Wahrscheinlichkeitsverteilung ist genau dann reellwertig, wenn die Verteilung symmetrisch um Null ist, und dann gilt
- {\displaystyle \varphi _{X}(t)=\operatorname {E} (\cos(tX))}.
Des Weiteren ermöglicht der Satz von Pólya die Konstruktion von Funktionen, die stets charakteristische Funktion einer um Null symmetrischen Verteilung sind.
Weitere symmetrische Verteilungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]Verteilung | für Parameterwahl | Symmetrisch um | Bemerkung |
---|---|---|---|
Diskrete Verteilungen | |||
Bernoulli-Verteilung | {\displaystyle p={\tfrac {1}{2}}} | {\displaystyle a={\tfrac {1}{2}}} | Für {\displaystyle p\in \{0,1\}} siehe Dirac-Verteilung auf 0 bzw. 1 |
Binomialverteilung {\displaystyle X\sim Bin(n,p)} | {\displaystyle p={\tfrac {1}{2}}} | {\displaystyle a={\frac {n}{2}}} | Geht für {\displaystyle p\in \{0,1\}} in die Dirac-Verteilung auf {\displaystyle 0} bzw. {\displaystyle n} über, Symmetrien siehe dort. |
Diskrete Gleichverteilung auf {\displaystyle \{r,r+1,\dots ,r+n\}} | {\displaystyle r\in \mathbb {R} ,,円k\in \mathbb {N} } | {\displaystyle a={\frac {2r+n}{2}}} | |
Rademacher-Verteilung | - | {\displaystyle a=0} | |
Zweipunktverteilung auf {\displaystyle \{c,d\}} | {\displaystyle c,d\in \mathbb {R} ,,円p={\tfrac {1}{2}}} | {\displaystyle a={\frac {c+d}{2}}} | Degenerierter Fall {\displaystyle p\in \{0,1\}} siehe Dirac-Verteilung. |
Absolutstetige Verteilungen | |||
Normalverteilung | {\displaystyle \mu \in \mathbb {R} ,,円\sigma ^{2}>0} | {\displaystyle a=\mu } | |
Stetige Gleichverteilung auf {\displaystyle [c,d]} | - | {\displaystyle a={\frac {c+d}{2}}} | |
Cauchy-Verteilung | {\displaystyle t\in \mathbb {R} ,,円s>0} | {\displaystyle a=t} | Typisches Beispiel einer symmetrischen Verteilung ohne Erwartungswert |
Studentsche t-Verteilung | {\displaystyle n\in \mathbb {N} } | {\displaystyle a=0} | |
Betaverteilung auf {\displaystyle (0,1)} | {\displaystyle p=q} | {\displaystyle a={\tfrac {1}{2}}} | |
Arcsin-Verteilung | - | {\displaystyle a={\tfrac {1}{2}}} | |
Logistische Verteilung | {\displaystyle \alpha \in \mathbb {R} ,,円\beta >0} | {\displaystyle a=\alpha } | |
Stetigsinguläre Verteilungen und degenerierte Verteilungen | |||
Cantor-Verteilung | - | {\displaystyle a={\tfrac {1}{2}}} | |
Dirac-Verteilung {\displaystyle \delta _{x}} | {\displaystyle x\in \mathbb {R} } | {\displaystyle a=x} |
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]- Claudia Czado, Thorsten Schmidt: Mathematische Statistik. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 2011, ISBN 978-3-642-17260-1, S. 38, doi:10.1007/978-3-642-17261-8 .
- Norbert Kusolitsch: Maß- und Wahrscheinlichkeitstheorie. Eine Einführung. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 2014, ISBN 978-3-642-45386-1, S. 244–245, doi:10.1007/978-3-642-45387-8 .
- Klaus D. Schmidt: Maß und Wahrscheinlichkeit. 2., durchgesehene Auflage. Springer-Verlag, Heidelberg / Dordrecht / London / New York 2011, ISBN 978-3-642-21025-9, doi:10.1007/978-3-642-21026-6 .