Fußball-Weltmeisterschaft: Am Ende gewinnt immer die Fifa
Am Ende gewinnt immer die Fifa – Seite 1
Es gab eine Zeit, da war Sepp Blatter der beliebteste Ausländer in Südafrika, schließlich hatte er dem Land den Fußball-Weltcup beschert. " We love you! " himmelte ihn ein TV-Moderator an, und der Fifa-Chef war sichtlich gerührt. Die Romanze dauerte nicht lange. Unterdessen würden manche Südafrikaner Blatter am liebsten Einreiseverbot erteilen. Und seine Organisation wurde in den Sprachschatz der F-Wörter aufgenommen. F wie fuck . Oder wie Fifa.
Denn die Steuerzahler haben mittlerweile gemerkt, dass sie die gesamten Zeche für die WM-Party zahlen, während sich die Fifa schadlos hält. 33 Milliarden Rand kostet der Weltcup 2010, rund 3.3 Milliarden Euro, die für die Infrastruktur ausgegeben wurden, inklusive Stadien mit VIP-Logen für Blatter und seine Entourage. Noch mehr aber ärgert die Südafrikaner, dass von der erhofften WM-Dividende nicht viel in der Kaprepublik bleiben und am Ende nur der Weltfußballverband und das Big Business gewinnen wird.
Alle sollen profitieren, auch die kleinen Leute, hatte die Fifa versprochen. Das Gegenteil ist eingetreten. Das "totale Verbot des Straßenhandels" im Umfeld des Events, wie es in den Fifa-Regularien heißt, schadet vor allem dem informellen Sektor, also Zehntausenden von schwarzen und farbigen Townships-Bewohnern, die als traditionelle Kleinhändler ihre Familien ernähren. Sie versorgen die Schlachtenbummler mit Speis und Trank und Fanartikeln, seit am Kap Fußball gespielt wird. Nun fühlen sie sich belogen und betrogen. Tenor: Die Fifa will eine WM in Afrika – aber ohne die armen Afrikaner.
Der Weltverband aus Zürich schützt seine milliardenschweren Sponsoren, deshalb darf außer ihnen niemand die Symbole, Slogans und Logos des Weltcups verwenden. "Wir haben sogar unsere Nationalflagge an die Fifa verkauft", schimpft eine Kolumnistin. Eine Art "Markenpolizei" kontrolliert im geheimdienstlichen Stil, ob jemand das Vermarktungsmonopol verletzt. Die Handelskette Metcash musste sogar einen Lollipop aus den Regalen nehmen.
Es war ein kleiner Ball, auf dem 2010 stand. Ausländische Firmen verdienen dafür umso besser. Ein Großteil der Fähnlein, T-Shirts, Kappen, Bälle und all der anderen WM-Artikel wird billig in asiatischen sweatshops produziert und in Südafrika zu horrenden Preisen verkauft. Selbst Zakumi, der kleine grünhaarige Leopard, ist "Made in China". Die Gewerkschaften drohten, das WM-Maskottchen zu boykottieren, weil es dem Gastland keinen einzigen Arbeitsplatz gebracht hat.
Vetternwirtschaft am Kap
Großen Unmut lösen insbesondere die Geschäftspraktiken von Match Hospitality aus, eines Fifa-Partners, der die Unterbringung besserverdienender WM-Touristen und Unternehmen organisiert. Das Konsortium hatte rund ein Drittel der Übernachtungskapazitäten geblockt – und verscherbelte Hotelzimmer mit bis zu 1000 Prozent Aufschlag weiter. Während der Turniertage kostet zum Beispiel ein Safari-Zelt für vier Personen im Kruger Nationalpark umgerechnet rund 538 Euro; in normalen Zeiten ist es für 55 Euro zu haben.
Die Wucherei von Match löste im ganzen Land eine Preisexplosion aus, die weniger betuchte Fans aus aller Welt abschreckte. Als das Geschäft wider Erwarten schlecht lief, gab die Firma im März kurzerhand 441.695 Betten zurück. Den Kollateralschaden tragen die Hotels – sie klagen kurz vor dem Anpfiff über Buchungsraten von unter 40 Prozent.
Einer der vier Teilhaber von Match Hospitality ist übrigens die Infront Sports & Media AG aus Zug in der Schweiz. An deren Spitze steht Philippe Blatter – ein Neffe des Fifa-Chefs. Seit sich die Vetternwirtschaft am Kap herumgesprochen hat, reden alle von der WM-Mafia. Und ein Buch, in dem Andrew Jennings die dunklen Machenschaften der Fifa beschreibt, verkauft sich in diesen Tagen besonders gut. Sein Titel: Foul!
Wer gehofft hatte, die Fifa würde beim ersten Weltcup in Afrika einen Unterschied zwischen armen und reichen Gastländern machen, sieht sich bitter enttäuscht. Die Weltfußball-Herrscher präsentieren sich am Kap zwar gerne als öffentliche Wohltäter, in Wahrheit aber verfolgen sie nur ihre eigenen Macht- und Profitinteressen – und bürden dem Gastland sämtliche Risiken auf.
Es ist ein schwacher Trost für die Südafrikaner, dass die Fifa überall wie eine diktatorische Nebenregierung ihren Willen durchsetzt, das war auch in Deutschland 2006 so, wo sie mit einem Gewinn von 2.2 Milliarden Dollar wieder abzog. In Südafrika 2010 werden es voraussichtlich weit über drei Milliarden sein.