[フレーム]
Zum Inhalt springen
Lesezeichen

Afghanistan: Ein kleines Handicap

Nach dreißig Jahren ist der Golfclub von Kabul wieder geöffnet. Hier will Muhammad Afzal Abdul, Afghanistans einziger Profi, etwas für den Frieden tun. Noch fehlen ihm die Spieler – und das Wasser
Quelle: DIE ZEIT, 21.02.2008 Nr. 09

Abdul legt ein Stück Kunstrasen auf die staubige Erde und drückt das Tee hinein, einen winzigen Stift, auf den er seinen Golfball legt. Er schließt kurz die Augen, seine Lippen bewegen sich, als murmele er ein Gebet, dann schwingt er kraftvoll aus der Hüfte – und drischt den Ball in den stahlblauen Himmel Afghanistans .

Mohammad Afzal Abdul, der einzige afghanische Golfprofi, trägt weiße Pumphosen und eine ärmellose Armeeweste. Die Farbe seiner Augen wechselt, je nach Lichteinfall, zwischen Grün und Braun. Manchmal trifft er mit dem ersten Schlag ins Loch. Doch jetzt kratzt er sich ratlos am Stoppelbart: Sein Ball schießt knapp über die Köpfe einer Ziegenherde hinweg, die auf dem Golfplatz nach fressbaren Halmen sucht, und landet im sonnenverbrannten Gestrüpp. "Nicht gut", sagt Abdul und macht sich auf, den Ball zu suchen. "Gar nicht, gar nicht gut."

Während am Hindukusch Anarchie und Chaos herrschen, wird im Kabul Golf Club, zehn Kilometer westlich der afghanischen Hauptstadt, munter abgeschlagen. Golfen für Lebensmüde? Für Todessehnsüchtige? Abdul winkt ab. "Bei uns ist es sicher, der sicherste Ort in ganz Afghanistan." Er zeigt auf die Caddies. Teenager in zerschlissenen Hemden. "Sie patrouillieren regelmäßig", sagt Abdul und strahlt. Mit Kalaschnikows? "Mit Golfschlägern. Kein Problem, wirklich kein Problem."

Ein Highlight ist die ausgebombte Armeestellung nach dem ersten Loch

Der einzige Golfplatz in Afghanistan gehört einem ehemaligen Warlord, und Abdul ist hier alles in einem: Direktor, Platzwart, Greenkeeper, Golflehrer und bisweilen einziger Spieler. Zwar ist der beste Golfer Afghanistans nicht in internationalen Ranglisten notiert. Doch als der Club 1978 für fast 30 Jahre schließen musste, war er der letzte Profi des Landes. Mit einem Handicap von null.

Nach dem Fall der Taliban übernahm Abdul das Clubhaus, wo die Gotteskrieger gekochte Bohnen und verbrauchte Munition zurückgelassen hatten. Und Graffiti, die behaupteten: I love you. Abdul ließ Landminen räumen, drei sowjetische Panzer und einen Raketenwerfer wegschaffen. Ein Highlight des Platzes ist die ausgebombte Armeestellung nach dem ersten Loch. Fünf Sätze Schläger, mehr gibt es nicht. Zwei Runden kosten zehn, die Jahresmitgliedschaft sechzig Dollar. Was jetzt noch fehlt, ist Gras.

Das Green ist, wie sich herausstellt, gar nicht grün. Das Green ist braun. Es besteht aus Altöl und Sand. Überhaupt sind die neun Spielbahnen kaum von den staubigen afghanischen Berghängen zu unterscheiden. Das einzige echte Grün weit und breit ist hinter den zerschossenen Fassaden des Clubhauses zu finden. In Stapeln zerfledderter internationaler Golfmagazine, welche die schönsten Plätze der Welt zeigen. Hier hat Abdul auch Cypress Point entdeckt, sein sportliches Mekka – ausgerechnet im US-Staat Virginia. Abduls großer Wunsch ist es, eine, nur eine einzige Runde auf diesem Golfplatz zu spielen. "Du schaust dir diese Bilder an", sagt er und schließt die Augen, "und du kannst ihn förmlich riechen: Rasen – frischen, saftigen, duftenden Rasen!"

Merkliste

Hier können Sie interessante Artikel speichern, um sie später zu lesen und wiederzufinden.

Registrieren

Sie haben bereits ein Konto? Hier anmelden.

AltStyle によって変換されたページ (->オリジナル) /