Die Abkupferer
Erst Alando, jetzt Jamba. Das Erfolgsrezept der Samwers ist simpel
"Na klar", sagt Oliver Samwer gleich, "ein bisschen Glück war auch dabei. Aber allein das war es nicht."
Samwer, 31, hat gerade seine Firma verkauft: "Jamba!" heißt sie. Mit Ausrufezeichen. Das wurde dieser Tage auch gern benutzt, um die Geschichte von Samwer und seinen beiden Brüdern zu erzählen. "Hurra, wir sind REICH!", schrieb etwa die Berliner Boulevardzeitung "B.Z." in dicken Lettern auf der Titelseite.
Oliver Samwer hat deshalb für sein Geschäft gerade nicht so viel Zeit. Alle wollen wissen, wie er und seine Brüder Alexander, 28, und Marc, 33, es geschafft haben, jetzt auf einmal so "reich" zu sein. War es wirklich so "simpel", wie etwa die "Bild" mutmaßte? 273 Millionen Dollar, umgerechnet 223 Millionen Euro, für eine einfache Geschäftsidee?
Nun, es war tatsächlich relativ simpel. Nach dem Vorbild von Ebay gründen die Brüder 1999 in Berlin das Auktionshaus Alando. Nach nur drei Monaten verscherbeln sie es für 43 Millionen Dollar - an Ebay. Das Geld stecken sie in eine neue Firma: Jamba. Von einer ehemaligen Getreidefabrik an der Spree aus verkaufen sie Klingeltöne für Handys. Die Idee haben sie aus Japan abgekupfert, wo der Mobilfunker NTT Docomo damit bereits gutes Geld verdient.
Das Geschäft brummt auch in Europa. In neun Länder verschafft sich Jamba über Netzbetreiber wie Vodafone, T-Mobile und KPN Zugang. Zehn Millionen Klingeltöne verkaufen die Berliner 2003. Zudem steuern Spiele und Hintergrundbilder ihren Teil zum Umsatz von 70 Millionen Euro bei.
Obwohl Jamba die Gewinnzone noch nicht erreicht hat, klingelt bei Samwers unablässig das Telefon: Etliche Unternehmen und Investoren bieten Joint Ventures an oder wollen das Berliner Start-up gleich ganz übernehmen. "Das wurde uns etwas zu chaotisch", sagt CEO Oliver Samwer. "Deshalb haben wir die Deutsche Bank in New York beauftragt, in den USA einen passenden Käufer zu finden, um Zugang zum amerikanischen Markt zu erhalten." Das Angebot der kalifornischen Firma Verisign, die Inhalte und Infrastruktur an Mobilfunkbetreiber wie AT&T und Cingular verkauft, passte "super geil", so Samwer. Für 273 Millionen Dollar war der Deal perfekt.
All das hört sich furchtbar einfach an: Zum zweiten Mal eine im Ausland funktionierende Geschäftsidee entdecken und nach Europa importieren. War es so simpel? "Es war nicht gerade die schwierigste Sache der Welt", sagt Samwer schmunzelnd.
Doch bevor er sein Erfolgsrezept erklärt, muss erst noch etwas klargestellt werden: Das mit den kolportierten 100 Millionen Euro, die die drei Brüder angeblich durch den Verkauf erhalten hätten, sei "absoluter Quatsch". Die Handelsketten Media Markt/Saturn und Electronic Partner, das Mobilfunkunternehmen Debitel und die Investmentgruppe Summit Partners würden wesentliche Anteile halten. Und außerdem, sagt Oliver Samwer, zähle in erster Linie die "Freude an der Sache". Nicht das Streben nach Reichtum, sondern vor allem die Motivation, "etwas gemeinsam" zu machen, habe ihn, Marc und Alexander zu erfolgreichen Unternehmern gemacht, sagt der 31-Jährige. "Schon als Schüler wollten wir zusammen ein Unternehmen gründen. Es hätte auch eine Spedition oder eine Bäckerei-Kette sein können."
Dann kam das Internet-Zeitalter. Und die Auktionshaus-Idee. "Zugegeben", sagt Samwer, "die war nicht neu." Aber das sei ihm auch ziemlich egal. "Wir sind keine Albert Einsteins oder Gewinner von ,Jugend forscht", die irgendetwas Tolles erfinden", sagt er. Viel wichtiger sei es, einen Trend zu erkennen und ein funktionierendes Geschäftsmodell zu haben. Außer ihnen jedenfalls habe damals "niemand daran geglaubt, dass die Deutschen jemals online Geld überweisen und Sachen kaufen, die sie vorher nicht gesehen haben".
Ähnlich lief es bei Jamba: Die Nachfrage nach dem simplen Produkt Klingelton war - entgegen der Einschätzung vieler Marktbeobachter - im Jahr 2000 vorhanden. Jene nach komplexen UMTS- Lösungen dagegen nicht. Wo die großen Mobilfunkbetreiber und etliche Start-ups Unsummen verbrannten, setzte Jamba von Beginn an Geld um. "Ich kann mir doch als Start-up nicht leisten", sagt Samwer, "eine Nachfrage zu schaffen, die noch gar nicht da ist. Denn bis es so weit ist, habe ich kein Geld mehr."
Und sonst? Auch das ist ziemlich simpel: Bescheidenheit, viel arbeiten und auf die Kosten achten. Die Einrichtung in den drei Loft-Etagen ist spartanisch, die Möbel von Ikea. "Nur die Computer sind gut", sagt Samwer. "Und die Stühle."
Das macht Sinn: Denn die Mitarbeiter arbeiten im Schnitt zehn Stunden am Tag, gern auch mal mehr. Und wer will schon Rückenschmerzen, wenn die Chefs säckeweise Geld haben?